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Lars-Cassio Wesner, VW Pkw: "Den Blick nach vorne richten"

21.10.2016 13:30 Uhr
Lars-Cassio Wesner, VW Pkw: "Den Blick nach vorne richten"
Großkunden-Vertriebsleiter Lars-Cassio Wesner: "Aus unserer Sicht sind die Restwerte stabil."
© Foto: Volkswagen

Lars-Cassio Wesner, Leiter Vertrieb an Groß- und Direktkunden der Marke Volkswagen Pkw, über die Auswirkungen und Herausforderungen des Abgasskandals und über neue Volkswagen-Produkte.

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_ Herr Wesner, in den ersten acht Monaten des Jahres liegt der Flottenmarkt mit 6,7 Prozent Wachstum insgesamt im Plus, die Marke Volkswagen muss anders als die Konzern-Schwestermarken allerdings Federn lassen: 4,6 Prozent beträgt das Minus im Vergleich zum Vorjahr. Spürt ausschließlich die Marke Volkswagen die Folgen der Abgasaffäre?

Lars-Cassio Wesner: Die Marke Volkswagen hat in den letzten Monaten nicht vollständig am Marktwachstum partizipieren können. In diesem Zusammenhang möchte ich nicht ausschließen, dass die Kunden die Abgasproblematik hauptsächlich mit der Marke Volkswagen verbinden. Unstrittig ist, dass das größte Volumen innerhalb der Konzernmarken auf die Marke Volkswagen entfällt. Infolge dessen wäre ein entsprechender Effekt nicht ungewöhnlich. Aber ich möchte betonen: Mit der Entwicklung vieler Modelle sind wir zufrieden, zum Beispiel mit dem Passat als auch mit dem neuen Tiguan. Da verzeichnen wir erfreuliche Zahlen. In Summe liegen wir gemessen am Gesamtmarkt kumulativ unter dem Vorjahr, aber die Performance erfüllt unsere Erwartungen.

_ Ihr Ziel wird es aber sein, die Entwicklung wieder ins Plus zu drehen. Wie wollen Sie das erreichen?

L.-C. Wesner: Natürlich. Das Allerwichtigste ist, die Rückrufaktion für unsere Fahrzeuge so schnell, reibungslos und kundenfreundlich wie möglich durchzuführen. Unabhängig davon ist die überwiegende Zahl unserer Kunden weiterhin loyal. Natürlich haben einige zunächst mit Zurückhaltung reagiert oder stellen Bestellaufträge in Einzelfällen zurück. Die Kundenrückmeldungen bestätigen in der Zwischenzeit, dass der Rückruf nahezu reibungslos verläuft. Ein optimaler Rückrufprozess sorgt dafür, in Teilen verloren gegangenes Kundenvertrauen wieder zurückzugewinnen. Darüber hinaus ist es für uns eine permanente Aufgabe, unsere Fahrzeuge sowie Ausstattungs- und Service-Pakete für unsere Flottenkunden optimal zu gestalten, damit Volkswagen Pkw ein wettbewerbsfähiger und attraktiver Partner für sie ist. Wir zeigen unseren Kunden auch in herausfordernden Zeiten, dass wir nach wie vor tolle Produkte und Dienstleistungen für sie haben. Aktuell bieten wir unseren Großkunden mit den "Flottenmodellen" Golf Limousine, Passat und Passat Variant sowie noch attraktiveren Leasingraten ein ganz besonderes Angebot.

_ Wie viele Fahrzeuge haben Sie aktuell bereits umgerüstet?

L.-C. Wesner: Wir haben alle flottenrelevanten Modellreihen wie den Passat oder den Golf in der Umrüstung. Die Umsetzung der technischen Lösungen läuft gut an. Viele hunderttausend Kunden haben bereits die Gelegenheit genutzt, das Software-Update durchzuführen.

_ Gab es negative Kundenreaktionen nach der Umrüstung zum Beispiel mit Blick auf das Leistungs- oder Verbrauchsverhalten?

L.-C. Wesner: Im Grunde nicht, denn mir sind in der Tat nur sehr, sehr wenige Kundenbeanstandungen bekannt. In diesen Einzelfällen setzten wir uns selbstverständlich individuell mit dem Kunden zusammen und analysieren die Gründe. In nahezu allen Fällen konnten wir die Beanstandungen am Ende klären.

_ Was haben Sie den vom Abgasskandal betroffenen Kunden bei Bekanntwerden des Skandals gesagt?

L.-C. Wesner: Wir haben unsere Kunden informiert, was passiert ist. Und dann den Blick nach vorne gerichtet. Ungeschehen konnten wir die Geschehnisse leider nicht mehr machen. Wir haben unseren Kunden gesagt, dass wir verstanden haben und die Sache wieder in Ordnung bringen werden. Diese Ehrlichkeit in den Gesprächen hat uns, glaube ich, sehr geholfen.

_ Die Kunden werden von Ihnen verlangt haben, dass ein solcher Vorfall nicht erneut vorkommt. Wie haben Sie darauf reagiert?

L.-C. Wesner: Die Volkswagen AG hat verschiedene Maßnahmen ergriffen und auch organisatorische Veränderungen vorgenommen. So gibt es seit Anfang des Jahres einen völlig neuen Vorstandsbereich zum Thema Integrität. Außerdem gibt es angepasste Kontrollmechanismen, die dafür Sorge tragen, dass so etwas nicht mehr passiert. Seien Sie gewiss: Jeder hier im Unternehmen hat verstanden, dass so etwas nicht geht. Jeder weiß, dass wir die Sache in Ordnung bringen müssen und dass so etwas nie wieder passieren darf.

_ Wie entwickeln sich aus Ihrer Beobachtung die VW-Restwerte nach dem Abgasskandal?

L.-C. Wesner: Weder unsere Kollegen der Volkswagen Financial Services noch unabhängige Institute wie Schwacke oder DAT können bei diesen Fahrzeugen momentan einen Restwertverfall feststellen. Aus unserer Sicht sind die Restwerte stabil.

_ Für das restliche 2016 haben Sie weitere Ausstattungs- oder Servicepakete angekündigt. Was kann der Kunde genau erwarten?

L.-C. Wesner: Details können wir aktuell leider noch nicht kommunizieren. Lassen Sie sich einfach überraschen.

_ Sie sind seit etwas mehr als einem Jahr verantwortlich für das Flottengeschäft der Marke Volkswagen. Was ist - den Abgasskandal jetzt einmal ausgenommen - Ihr Resümee? Und was sind Ihre Ziele?

L.-C. Wesner: Zuerst muss ich sagen: Ich habe hier ein richtig gut bestelltes Feld und ein erstklassiges Team vorgefunden. Ein tolles Team nicht nur bei Volkswagen, sondern auch im Handel. Im Großkundengeschäft ist die Marke Volkswagen Pkw sehr nah am Kunden und macht einen wirklich guten Job. Wenn Sie mich nach der Zukunft fragen: Wir machen uns natürlich gerade Gedanken über Themen wie die Digitalisierung, die Connectivity oder die Telematik. Da überlegen wir, wie wir diese Techniken für Flottenkunden vernünftig einsetzen können. Gerade im Bereich Telematik ist ja viel in Bewegung. In Zukunft wird es ja eine viel stärkere Vernetzung etwa zwischen dem Fahrzeug und Verkehrsfunktionen wie Ampelsystemen geben. Diese intelligente Vernetzung kann gerade auch für Flottenbetreiber mehr Effizienz bedeuten, Fuhrparkleiter werden ihre Autos effizienter steuern können. Gerade auch in Verbindung mit den Möglichkeiten des autonomen Fahrens - schließlich sind diese Entwicklungen nicht getrennt voneinander zu sehen. Mit den heute gängigen Fahrerassistenzsystemen haben wir das teilautonome Fahren ja schon fast erreicht. Und auch dies beeinflusst die Effizienz des Fuhrparks: In Zukunft werde ich im Stau mit gutem Gewissen E-Mails schreiben. Der Fahrspaß muss und wird darunter nicht leiden, aber die technischen Möglichkeiten eröffnen völlig neue Mobilitätspotenziale.

_ Welche Zeitschiene verfolgen Sie diesbezüglich?

L.-C. Wesner: Unsere Konzernschwester Audi steht bekanntlich mit Fahrzeugen in den Startblöcken, die autonomes Fahren ermöglichen. Wann die Marke Volkswagen folgt, hängt auch von der Resonanz auf dieses Angebot ab. Und natürlich von der Gesetzeslage. Denn der rechtliche Rahmen und viele weitere Details sind noch nicht geklärt.

_ Der weiteren Verbreitung der Telematik stehen doch zumindest in Deutschland aber weiterhin Datenschutzbedenken entgegen, oder sehen Sie da mittlerweile einen anderen Trend?

L.-C. Wesner: Andere Märkte sind da sicherlich weniger sensibel, richtig. Aber ich glaube, die Vorteile des autonomen Fahrens werden auch den Flottenkunden dazu bringen, zukünftig Telematik zu nutzen. Wenn ich zum Beispiel Fahrten zum und vom Service autonom steuern und damit Kosten sparen kann, wird das auch bei Fuhrparks ein starkes Argument sein. Letztlich werden Telematik-Dienste ein TCO-Faktor werden. Mit diesem Kundenvorteil werden wir überzeugen.

_ Kommen wir zu den Autos. Wie zufrieden sind Sie mit dem Start des Tiguan?

L.-C. Wesner: Absolut zufrieden. Der Tiguan kommt sehr gut an, zunehmend auch bei User-Choosern und Flottenmanagern. Wir können sagen, er hat unsere Erwartungen übererfüllt.

_ Wird es die ja hauptsächlich für China vorgesehene Langversion des Tiguan auch nach Europa schaffen?

L.-C. Wesner: Dazu gibt es noch keine endgültige Entscheidung.

_ Welche Neuheiten haben Sie darüber hinaus für die nächste Zeit im Köcher?

L.-C. Wesner: Es geht weiter mit der Produktaufwertung des Up, und Anfang 2017 bekommt auch unser Brot-und-Butter-Auto, der Golf, eine Produktaufwertung. Optisch werden sich zahlreiche Details ändern, in erster Linie haben wir uns auf die inneren Werte konzentriert - ein Beispiel: das neue Navigationssystem mit innovativer Gestensteuerung und größerem Display.

_ Wird auch motorenseitig etwas passieren?

L.-C. Wesner: Ja, ein großes Thema wird auch der E-Golf, der zukünftig bis zu 300 Kilometer Reichweite haben und damit wirklich alltagstauglich sein wird.

_ Welches Elektro-Gesamtpaket können Sie Flottenkunden denn über das reine Fahrzeug hinaus bieten?

L.-C. Wesner: Es gibt keine Kooperationen, in deren Rahmen wir den Kunden zum Beispiel noch die Ladeinfrastruktur anbieten können. Wir fokussieren uns zunächst noch auf unsere Kernkompetenz, den Vertrieb von wettbewerbsfähigen und attraktiven Fahrzeugen. Da wird sich in Zukunft weiterhin eine Menge tun. Denn wir registrieren bereits heute, dass unsere Hybride Golf GTE und Passat GTE zunehmend auch von Flottenkunden nachgefragt werden. Die lassen sich rein elektrisch fahren, und wenn die Batterie leer ist, springt der Verbrennungsmotor an.

_ Planen Sie eine Ausweitung des GTE- Angebots auf weitere Modellreihen?

L.-C. Wesner: Auf Grundlage des sogenannten MEB, dem Modularen Elektrifizierungsbaukasten, also einer völlig neuen Plattform, wird Volkswagen Pkw zukünftige E-Fahrzeuge entwickeln. Bereits in Sichtweite, ab 2020, wird es komplett neue Modelle geben. Die Technik ermöglicht zukünftig ganz neue Fahrzeugformate. Um eine Idee zu geben: Weil der E-Antrieb die Möglichkeit bietet, in den Fahrzeugboden integriert zu werden, kann der heutige Motorraum komplett wegfallen oder in der Fahrzeugarchitektur anders genutzt werden.

_ Aber bis dahin wird es weitere GTE- Modelle geben?

L.-C. Wesner: Das ist in Prüfung. Dort, wo es Sinn macht und es entsprechende Kundennachfrage gibt, sicherlich.

_ Spielt die Brennstoffzelle für Sie auch weiter eine Rolle?

L.-C. Wesner: Ja. Das Thema Brennstoffzelle schauen wir uns weiter an. Unser Schwerpunkt ist dennoch eindeutig die E-Mobilität, aber wir verschließen den Blick selbstverständlich nicht vor weiteren alternativen Antriebstechniken.

_ Herr Wesner, herzlichen Dank für das Gespräch.

Interview: Christian F. Merten

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