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"Die Transparenz nimmt zu"

31.08.2015 06:00 Uhr

Michael Velte, Vorsitzender des Vorstands des Verbandes markenunabhängiger Fuhrparkmanagementgesellschaften (VMF), über Chancen und Risiken von Telematik im Fuhrpark.

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_ Der VMF hat vor Kurzem mit dem Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS) die Möglichkeiten der Telematik im Fuhrpark analysiert. Was sind die Kernergebnisse?

Es sind vier Megatrends erkennbar: Fahrersicherheit, Live-Services, Wirtschaftlichkeit und innovative Fuhrparkservices. Konkret heißt das, dass Telematik-Systeme die Sicherheit des Fahrers erhöhen. Zum Beispiel durch Systeme zum automatischen Einhalten des Abstands, autonomes Fahren oder einer Zustandsanalyse des Fahrzeugs. Dazu kommen Notfallmanagementsysteme. Trend zwei sind immer ausgefeiltere Fahrerservices für die Navigation, Mobilität oder individuellen Interessen und Bedürfnisse. Durch bessere Daten werden Analysen noch aussagekräftiger. Das führt zu einer höheren Wirtschaftlichkeit. Zum anderen können mittels vorausschauender Wartungsprognosen oder Auslastungsanalysen Kosten gesenkt werden. Schließlich ergeben sich neue Fuhrparkservices dank der Verbindung von Automobil-, Mobilfunk- und Enter- beziehungsweise Infotainment-Anbietern.

_ Welchen Stellenwert besitzen Telematikanwendungen heute in den Fuhrparks?

Noch eine untergeordnete. Bisher verwenden nur weniger als zehn Prozent der Fahrzeuge Telematik-Vorrichtungen. Bis 2020 sollen es bereits 90 Prozent sein, so der Plan der Automobilhersteller, Telekommunikations- und Internetanbieter.

_ Welche Vorteile bieten Telematikanwendungen aus Ihrer Sicht für Fuhrparks?

Zu einem gewissen Grad eine zusätzliche Sicherheit für die Fahrer sowie für die Kommunikation des Fahrers mit seiner Zentrale. Für Fahrer, die viel unterwegs sind, auch die Kommunikation mit Freunden oder Bekannten, also Motivationsaspekte, die durch individuelle Services verstärkt werden. Für den Fuhrpark selbst können sich durch Telematik die Prozesse noch wirtschaftlicher gestalten lassen. Auch das Controlling auf den verschiedensten Ebenen wird gesteigert. Die Transparenz im Fuhrpark nimmt schlichtweg zu. Ob das immer für jeden Teilnehmer gleich gut ist, bleibt jedem selbst überlassen, dieses für sich zu bewerten.

_ Wie können Fullserviceleasinggesellschaften die Betreuung der Kundenfuhrparks mittels Telematik weiter verbessern?

Professionelle herstellerunabhängige Fullserviceleasing- oder Fuhrparkmanagementgesellschaften werden noch stärker eine beratende Funktion für den Kunden haben. Die Beratungsnotwendigkeit im Fuhrpark hat in den letzten Jahren sehr zugenommen und wird mit Telematik weiter zunehmen. Unter anderem ist zu klären, welche Daten müssen, welche können und welche sollten auf keinen Fall erhoben und genutzt werden.

Telematik hilft Risiken weiter zu minimieren, denn der technische Zustand des Fahrzeugs kann laufend analysiert werden. Aber auch die Klärung, was in den letzten Minuten vor einem Unfall passiert ist, ist möglich.

_ Welche Argumente sprechen gegen den Einsatz von Telematik im Fuhrpark?

Betrachtet man nur die Technik, spricht wenig dagegen. Der kritischste Punkt ist in meinen Augen die immer stärkere Transparenz über das Verhalten des Fahrers. Darum ist gerade der Datenschutz so wichtig. Es sind sehr viele Unternehmen in diesen Datenerhebungs- und -verwendungsprozess eingebunden. Wird nicht eindeutig geregelt, wer bis wohin welche Daten verwenden darf, ist schnell ein Missbrauch möglich, der nicht gleich offen zu Tage treten muss. Hier ist neben den gesetzlichen Regelungen sehr viel Fingerspitzen- und Verantwortungsgefühl der Datenerheber und -verwender gefragt.

_ Die Begriffe Telematik und Datenschutz sind unmittelbar miteinander verknüpft. Welche Risiken bestehen hier für Fuhrparks?

Der Fahrer und sein Fahrzeug werden zunehmend gläsern, sobald diese Daten das Auto verlassen. Die Automobilhersteller beteuern, die Daten zu verschlüsseln, anonymisiert auszuwerten und nicht fahrer-, sondern lediglich fahrzeugbezogen zu speichern. Als mögliche Eigentümer der Daten kommen Pkw-Eigentümer, -Halter, -Fahrer, Fahrzeughersteller oder das jeweilige Unternehmen in Frage, mit dessen Technologie die Daten anfallen. Das hängt wiederum davon ab, ob und in welchem Umfang vordefinierte Zugriffsberechtigungen möglich sind. Es kommen in Verbindung mit dem vernetzten Auto das Informations-, das Datenschutz- sowie das Haftungsrecht zum Tragen, und diese Themen sind bisher nicht eindeutig geklärt. Juristen vertreten die Meinung, dass Eigentumsrechte nur an Sachen, nicht aber an Daten bestehen können. Hier stellt sich die Frage, ob die Daten dann von jedem, der dafür bezahlt, auch frei nutzbar würden.

_ Wie können die Fuhrparkmanager diesen Risiken gegensteuern?

Es geht vor allem um Transparenz und klare Absprachen von Anfang an. Fuhrparkmanager wie Fahrer sollten sich informieren, welche Daten das Fahrzeug sammelt und wozu diese verwendet werden, bevor sie "ok" drücken. Dafür müssen dann auch die entsprechenden technischen Voraussetzungen geschaffen werden, dass zum Beispiel selektiv ausgewählt werden kann, was verwendet werden darf und was nicht. Aktuell ist das bei Apps und Ähnlichem nicht machbar. Es muss vor allem klar sein, wer konkret Zugriff auf die Daten hat und wie sie wofür weiterverarbeitet werden. Also muss eindeutig geregelt sein, welche Daten zum Beispiel zur Wegstreckenoptimierung ab wann im Fahrzeug erhoben werden und wie sie genutzt werden dürfen. Und sehr vieles mehr.

_ Herr Velte, vielen Dank für das Gespräch.

Interview: Christian Frederik Merten

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