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Fahren ohne Versicherungsschutz

31.08.2015 06:00 Uhr

Kommt es zu Differenzen oder Zahlungsverzug, kann der Versicherer den Schutz kündigen. Manchmal werden bei Dienstwagen dann auch die Fahrer strafrechtlich belangt. Was man hierzu wissen sollte.

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_ Kaum bekannt und auch nicht im Strafgesetzbuch geregelt: Manchmal werden Mitarbeiter strafrechtlich belangt, weil für das von ihnen benutzte Kraftfahrzeug zum Zeitpunkt der Fahrt keine Haftpflichtversicherung bestand. Dies geschieht nicht so selten wie man glaubt - meistens dann, wenn mit der Versicherung Differenzen bestehen und diese dem Versicherungsnehmer (VN) die Versicherung kündigt. Oder wenn der VN seine Kfz-Haftpflichtprämie nicht oder nicht vollständig bezahlt hat und deshalb das Fahrzeug von der Zulassungsstelle gemäß § 29d StVZO stillgelegt wird.

§ 6 PflVG bestraft denjenigen, der auf öffentlichen Wegen und Plätzen ein Fahrzeug nutzt oder den Gebrauch gestattet, obwohl dafür der nach § 1 PflVG erforderliche Haftpflichtversicherungsvertrag nicht oder nicht mehr besteht (siehe Kasten rechts oben). Zweck dieser Vorschrift ist der wirtschaftliche Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer, damit diese nicht wegen wirtschaftlicher Zahlungsunfähigkeit des Schädigers ohne Versicherungsschutz bleiben.

Prozedere der Kündigung

Regelfall der Vertragsbeendigung ist die Kündigung gemäß § 39 Abs. 3 VVG. Zahlt der VN eine Folgeprämie nicht rechtzeitig, kann der Versicherer die Kündigung des Versicherungsvertrages aussprechen, wenn er zuvor eine Mahnung mit einer Zahlungsfrist von mindestens zwei Wochen und einer Kündigungsandrohung ausgesprochen und den VN dadurch in Verzug gesetzt hat.

Danach zeigt der Haftpflichtversicherer dies der Zulassungsstelle gemäß § 25 Abs. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) an und teilt dieser mit, dass für das Fahrzeug ab einem bestimmten Zeitpunkt keine Versicherung mehr besteht. Daraufhin ordnet die Zulassungsstelle gegenüber dem Versicherungsnehmer an, innerhalb einer kurzen Frist eine neue Versicherungskarte vorzulegen oder anderenfalls die Kfz-Kennzeichen zur Entstempelung sowie Kfz-Brief und Kfz-Schein vorzulegen. Sehr oft reagiert der Versicherungsnehmer darauf nicht, sodass die Polizei von der Zulassungsstelle beauftragt wird, die Entstempelung der Kennzeichen und die Einziehung des Fahrzeugscheins vorzunehmen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird dann ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Verdachts eines Verstoßes gegen § 6 PflVG eingeleitet.

An dieser Stelle können sich jedoch Probleme ergeben, wenn die Zulassungsstelle die Stilllegung des Fahrzeugs anordnet. Die Stellungsanordnung ist ein Verwaltungsakt, der aufgrund der Mitteilung des Versicherers, dass kein Versicherungsvertrag mehr besteht, ergeht. Damit ist aber nicht bewiesen, dass dem Versicherungsnehmer die Kündigung zuvor auch tatsächlich zugegangen ist. Bei unsicherem Zugangsnachweis genügt dies dann auch nicht einmal für den Nachweis eines fahrlässigen Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz. Wenn nicht einmal der Nachweis über eine wirksame Beendigung des Versicherungsvertrages gelingt, wird man dem Halter (oder Fahrer) auch keinen fahrlässigen Verstoß gegen § 6 PflVG nachweisen können.

Ende der Haftung

Die Haftung des Versicherers endet erst einen Monat nach der Anzeige des Nicht(mehr)bestehens des Versicherungsverhältnisses gegenüber der Zulassungsstelle. Für die Strafbarkeit ist dieser Umstand jedoch ohne Belang.

Versicherungsrechtliche Obliegenheitsverletzungen des Versicherungsnehmers führen dabei nicht zum Verlust des Versicherungsschutzes gegenüber einem etwa durch einen Verkehrsunfall geschädigten Dritten.

In diesem Sinne hat die Rechtsprechung für die Benutzung eines mit einem roten Kennzeichen versehenen Fahrzeugs zu einer "Einkaufsfahrt" entschieden. Der Missbrauch eines roten Kennzeichens zu anderen als den zulässigen Fahrten (Probe- oder Überführungsfahrten) stellt nur eine Obliegenheitsverletzung im Innenverhältnis zwischen Versicherung und Versicherungsnehmer dar und berührt nicht den Bestand der Haftpflichtversicherung. Daher kann auch in diesen Fällen keine Strafbarkeit wegen Fahrens ohne Haftpflichtversicherungsschutz begründet werden. Entsprechendes gilt für eine Fahrt mit einem Saisonkennzeichen außerhalb der versicherten Saison.

Wesentliche Voraussetzung für eine Strafbarkeit nach § 6 PflVG ist die Nutzung eines Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr und damit auch die Gebrauchsgestattung. Strafbar ist daher ebenfalls, wer als Fahrzeughalter den Gebrauch eines nicht versicherten Fahrzeuges gestattet.

Erkundungspflicht für den Nutzer

Auch die Benutzung des Fahrzeugs durch einen Dritten, etwa den Mitarbeiter, der den Firmen wagen nutzt, ist geregelt. Für den "Nicht-Halter" besteht eine Erkundungspflicht über den Bestand eines Haftpflichtvertrages. Bei Nichtbeachtung durch den "Nicht-Halter" droht diesem zumindest der Vorwurf eines fahrlässigen Verstoßes gegen § 6 PflVG.

Aber, und dies ist für den Mitarbeiter bei der Nutzung eines Firmenwagens wichtig: Wird das ordnungsgemäß mit einem Kennzeichen versehene Fahrzeug von einem "Nicht-Halter" benutzt, darf dieser sich jedoch, soweit keine anderen Anhaltspunkte vorliegen, auf das Bestehen eines ausreichenden Versicherungsschutzes des Fahrzeugs verlassen.

Weitergehende, erhöhte Anforderungen können jedoch in diesem Zusammenhang an Personen gestellt werden, die das Fahrzeug öfter über einen längeren Zeitraum in eigener Benutzung haben - zum Beispiel Mitarbeiter mit Dienstwagen zur dauernden Überlassung.

Liegt eine dauerhafte Benutzung durch Dritte vor, so können diese nämlich durchaus in eine eigene Verantwortlichkeit für die Haftpflichtversicherung geraten. Doch auch hier hält sich das Risiko einer Strafbarkeit in Grenzen, soweit keine besonderen Anhaltspunkte für den Nutzer bestehen.

Die Versicherungspflicht knüpft an die Haltereigenschaft an, das heißt, wer Halter des Fahrzeugs ist, ist auch für ausreichenden Haftpflichtversicherungsschutz verantwortlich. Grund hierfür ist, dass den Halter die Gefährdungshaftung des § 7 StVG trifft, weshalb er zum ausreichenden Versicherungsschutz verpflichtet ist.

Vorsätzlicher versus fahrlässiger Verstoß

Der Täter muss, um vorsätzlich zu handeln und so gegen das gegen PflVG zu verstoßen, positiv wissen, dass das Fahrzeug nicht versichert ist, obwohl es der Versicherungspflicht unterliegt. Bedingter Vorsatz, beispielsweise bei Diebstahl oder bei Nichtzahlung der Folgeprämie und Beginn einer längeren Reise, reicht allerdings aus.

Fahrlässigkeit kann darin liegen, dass der Täter den Versicherungsvertrag für wirksam bestehend hält oder nicht an die Notwendigkeit des Versicherungsschutzes denkt oder diese in Erwägung zieht, aber verneint.

Grundsätzlich kann der Versicherungsnehmer jedoch solange auf die Wirksamkeit des Versicherungsvertrages vertrauen, bis ihm ein Kündigungsschreiben des Versicherers zugeht.

Nicht ohne Weiteres auf Rechtswirksamkeit schließen

Der Tatrichter darf auch allein aus der Mitteilung der Kfz-Zulassungsstelle, dass der nach § 1 PflVG erforderliche Haftpflichtversicherungsvertrag zur Tatzeit nicht mehr bestand, nicht ohne Weiteres auf die Rechtswirksamkeit der mitgeteilten Vertragsauflösung schließen und eine Strafbarkeit gemäß § 6 PflVG annehmen.

Gesetzestext

§ 6 PflVG

(1) Wer ein Fahrzeug auf öffentlichen Wegen oder Plätzen gebraucht oder den Gebrauch gestattet, obwohl für das Fahrzeug der nach § 1 erforderliche Haftpflichtversicherungsvertrag nicht oder nicht mehr besteht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.(2) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen. (3) Ist die Tat vorsätzlich begangen worden, so kann das Fahrzeug eingezogen werden, wenn es dem Täter oder Teilnehmer zur Zeit der Entscheidung gehört.

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