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Arval und GE Auto Service Leasing: "Kein Anlass zur Eile"

14.01.2016 11:15 Uhr
Marcus Schulz und Andreas Lackner
Marcus Schulz (l.), Arval, und Andreas Lackner, GE Auto Service Leasing, operieren zunächst weiter rechtlich unabhängig voneinander, werden die Unternehmen aber zu einem verschmelzen.
© Foto: Christian Frederik Merten/Autoflotte

Marcus Schulz, Director Arval Germany, und Andreas Lackner, Geschäftsführer GE Auto Service Leasing, erläutern ihre Strategie, um mit dem Besten aus zwei Unternehmen zu einem zu verschmelzen.

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_ Seit 5. November ist der Zusammenschluss von Arval und GE Capital Fleet Services offiziell. Wie ist organisatorisch der aktuelle Stand?

Andreas Lackner: Also um genau zu sein: seit 3. November. Organisatorischer Stand ist folgender, dass wir nach wie vor zwei rechtlich unabhängige Unternehmen sind, aber dass wir den Auftrag haben, schnellstmöglich aus den zwei Unternehmen ein Unternehmen zu machen. Momentan sind wir in einer Art Stabilisationsphase, wir wollen das "business as usual" weitermachen, der Kunde soll gar nichts merken. Aber im Hintergrund wird natürlich immer mehr dieses Thema Integration hochgefahren. Da will man auch verstehen, wo Arval Deutschland seine Stärken hat und wo hat GE Auto Service Leasing seine Stärken. Das ist ein Prozess, der sicherlich längere Zeit in Anspruch nehmen wird.

Marcus Schulz: Wir haben in der Phase, in der wir uns jetzt befinden - wir bezeichnen es tatsächlich als Stabilisierungsphase -, zwei ganz besondere Interessengruppen, die wir sehr sorgfältig mitnehmen auf unsere Reise. Das eine sind - wie Andreas Lackner schon gesagt hat - unsere Kunden. Das, was wir auf keinen Fall wollen, ist, dass unsere Kunden irritiert sind, unsere Dienstleistungsqualität nachlässt oder wir uns zu früh, zu schnell für was auch immer entscheiden.

Und das Zweite, das möchte ich noch ergänzen, sind unsere Mitarbeiter. Wir haben zusammen eine Verantwortung für 400 Mitarbeiter, die zu Recht auch ganz viele Fragen haben und hatten. Und es liegt uns beiden daran, dass wir mindestens die Hälfte unserer Zeit für unsere Kunden verwenden, aber ich darf Ihnen versichern, die andere Hälfte gilt unseren Mitarbeitern.

_ Wie haben Ihre Kunden bislang reagiert? M. Schulz: Ziemlich entspannt. Zum einen, weil wir zu vielen Kunden auf beiden Seiten langjährige gute, stabile Geschäftsbeziehungen haben.

Wir haben eine ganze Reihe gemeinsamer Kunden und erfahrene Fuhrparkmanager kommen natürlich sofort mit vielen spannenden Fragen, und das, was ich aus den Gesprächen mitnehme, ist, dass sie es schon ganz spannend finden, dass hier jetzt eine ganz neue Größe am Markt entsteht. Wir werden bei den herstellerunabhängigen Full-Service-Leasing-Gesellschaften jetzt Nummer eins in Deutschland. Wir sind Nummer eins in Europa. Und mit Element ( der strategische Partner von Arval in Nordamerika, Anm. der Redaktion) sind wir Nummer eins weltweit. Da haben wir jetzt drei Millionen Fahrzeuge. Und das wird schon mit großer Aufmerksamkeit verfolgt.

_ Zur Marktführerschaft in Deutschland: Arval hat doch 27.000 Verträge in Deutschland? Und GE ist ja in Deutschland der größere Partner mit rund 46.000 Verträgen. Es gibt doch Non-Captives, die bei weit über 100.000 sind, wie Deutsche Leasing Fleet oder ALD?

Marcus Schulz: Wenn Sie die echten Full-Service-Leasing-Flotten nehmen, also nicht rein finanzierte Flotten, dann gehen wir davon aus, dass wir die größten sind.

_ Sie erwähnten gerade Fragen, mit denen Fuhrparkmanager auf Sie zukommen. Welche sind das und was sind Ihre Antworten?

M. Schulz: Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Thema Logistikkonzepte. Beide Unternehmen haben Dienstleistungen und Bereiche, in denen sie möglicherweise einen Vorsprung haben gegenüber unseren Kollegen heute. Damit haben wir uns noch vor einigen Monaten am Markt gejagt und heute haben wir zum Beispiel vor, das sehr fortschrittliche Logistikkonzept von ASL zu übernehmen und möglicherweise auch schon für Auslieferungen von Arval-Fahrzeugen zu adaptieren. Das heißt, ich habe konkret schon einen Kunden, der sagt: "Ich werde von euch beiden bedient und ich muss euch gleich sagen, dass mir das Logistikkonzept von ASL deutlich besser gefällt." Jetzt prüfen wir im Auftrag dieses Kunden, wann der richtige Zeitpunkt ist, was wir überhaupt dürfen und was wir da machen können, um die Dienstleistung zu übertragen.

Dann haben Sie in anderer Richtung Kunden, die beispielsweise von Arval die Online-Reporting-Möglichkeiten sehr schätzen. Die gibt es auch bei ASL, aber da heißt es bei uns: "Mensch, aber ich habe mich jetzt wirklich an die Apps gewöhnt. Wann kann ich das denn auch haben für die Flotte der ASL?" Da geht es dann um IT-Plattformen. Da vertrösten wir, denn das ist noch ein anderes, sehr sensibles Thema.

Und dann, um offen zu sein, gibt es natürlich auch die Kunden, die sagen: "Wunderbar. Bei euch habe ich 490, bei den Kollegen habe ich 500 Euro Leasingrate. Wann habe ich denn für beide 490 Euro?" Es wäre ja absurd, wenn diese Frage nicht käme. Worauf wir dann immer gerne hinweisen: Bitte, wir operieren mit zwei unabhängigen Gesellschaften und jeder hat seinen eigenen Modus Operandi. Das heißt, wir negieren die Antwort dieser Frage nicht, aber wir verweisen schon darauf, dass wir in der Woche drei sind und jetzt ein bisschen atmen müssen.

_ Sie hatten vorhin gesagt, Sie müssten die Stärken der beiden Unternehmen in Einklang bringen. Wo sind denn darüber hinaus noch die Stärken, die zusammengeführt werden?

A. Lackner: Ich glaube, dass ASL dafür steht, dass wir sehr kundennah agieren und dass wir durchaus in der Lage sind, sehr flexible Dienstleistungen anzubieten. Zum Beispiel haben wir sehr viel in Rechnungsschnittstellen investiert. Und die elektronische Rechnungszusammenführung ist natürlich auch ein Thema, wo wir selber in Deutschland relativ weit vorne sind. Wir müssen versuchen, uns jetzt hier auszutauschen und das zu harmonisieren. Und wir müssen jetzt für uns entscheiden: Macht es für uns als gemeinsames Unternehmen Sinn, genau dort weiterzumachen? Oder eben nicht? Wir sind momentan in ganz vielen solchen Entscheidungen, wo wir wirklich erst mal ergebnisoffen diskutieren müssen. Und dann müssen wir wirklich versuchen, ohne Eitelkeiten zu sagen: Das ist das Beste für das gesamte Unternehmen.

M. Schulz: Wenn Sie die Situation in Deutschland betrachten, dann ist sie natürlich anders als in anderen elf Ländern, in denen wir in Summe die 160.000 Fahrzeuge bei Arval begrüßen. In Deutschland, Sie haben es gerade gesagt, ist die Situation komplett andersherum. In Deutschland ist derjenige, der gekauft hat, der kleinere Partner. Das heißt, wir sind wirklich gut beraten, als Arval genau zuzuhören. Deswegen erleben Sie uns auch so entspannt, weil wir vor allem neugierig sind. Wir wollen erst mal als Arval zuhören, was machen denn die Kollegen heute gut und richtig, vielleicht sogar besser als wir - in manchen Bereichen sogar gewiss besser als wir. Und jetzt mit dem Blick auf Arval: Die große Stärke von Arval ist zum Beispiel die Integration in die BNP. Als Banktochter sind unsere Außendienstmitarbeiter in die BNP Paribas Houses integriert. Das heißt, wir haben erhebliche Synergien aus dem Portfolio der Bank, bei denen wir aus Sicht einer Bank möglicherweise Zugang finden zu ganz anderen Entscheidern, die uns als reiner Leasinganbieter möglicherweise schwerfallen oder sogar verwehrt sind.

Der zweite Punkt ist: Da Arval eine größere internationale Präsenz und eine größere Flotte hat, können wir jetzt dem deutschen Kunden der ASL die Möglichkeit für Expansion in Länder bieten, die bisher nicht oder bisher nicht so betreut waren wie heute.

_ Das klingt alles so sehr zeitintensiv. Mit welchem Zeithorizont rechnen Sie denn, bis ein Unternehmen mit einem einheitlichen Produktportfolio entsteht?

M. Schulz: Wir haben bereits jetzt schon einen sehr detaillierten Integrationsfahrplan mit den dazu notwendigen Projekten, Gremien, Teilprojekten. Das Ziel ist jetzt, zunächst mal die nächsten drei Monate zu stabilisieren. Wir lösen ja ein sehr großes erfolgreiches Unternehmen aus einem Weltkonzern heraus. Das ist schon mal ein ziemliches Brett. Nach dieser Phase kommt die Integrationsphase und da sehen wir einen Zeithorizont von mindestens zwei Jahren.

Das hängt damit zusammen, dass es nicht nur darum geht, Produkte und Dienstleistungen zu harmonisieren. Es gibt Fragen hinsichtlich des Standortes. Es gibt Fragen hinsichtlich der EDV. Und da ist Hast möglicherweise schädlich. Wir sehen auch keinen Anlass zur Eile, denn wir sind zwei kerngesunde Unternehmen, sehr ertragsstark, und sehen überhaupt keine Notwendigkeit, jetzt Synergien zu suchen, weil sonst unsere Ertragslage kollabiert. Also, wir wollen uns bewusst die Zeit geben und es kann diese zwei Jahre dauern, bis wir damit durch sind.

_ Wenn zwei Unternehmen zusammenwachsen, gibt es ja automatisch Doppelfunktionen. Da muss man sich ja praktisch auch personell neu aufstellen ...

M. Schulz: Also aktuell suchen wir Mitarbeiter, was wir nicht täten, wenn wir andere Pläne als Wachstumspläne hätten. Und zum Thema Leitungsebene: Es betrifft, wenn überhaupt, einen sehr kleinen Kreis von Managern. O.k., gibt es zwei Finanzer? Ich weiß es nicht. Gibt es in Zukunft zwei Geschäftsführer? Ich weiß es auch nicht. Sind wir deswegen tieftraurig? Nein. Ich glaube, Sie erleben uns anders, denn es ist ja nicht so, dass wir gekauft haben oder GE uns - wir haben vom Gesellschafter viel Geld bekommen und der erwartet zu Recht, dass wir daraus was richtig Gutes bauen. Und das ist unser Auftrag, das ist unser Anspruch.

_ Wenn man auf die letzten zehn Jahre zurückblickt: Da hat ja auch Arval schon mal die Commerz Real übernommen. Sie, Herr Lackner, damals noch bei ASL, wurden von GE geschluckt. Jetzt werden Sie weiterverkauft. Die Deutsche Leasing hat ING Car Lease und Hannover Leasing Automotive übernommen. Wie wird es weitergehen bei den Non-Captives? Wird man nur noch durch Zukäufe signifikant wachsen können und muss man eine kritische Mindestgröße haben, um weiterhin am Markt bestehen zu können?

M. Schulz: Ja, wir glauben an eine gewisse Mindestgröße, die sie brauchen, um relevant zu sein. Damit ihre Produkte den Markt erreichen. Arval mit ehemals unter drei Prozent Marktanteil - da kann man jetzt streiten, ob man schon relevant war, wenn man neue Produkte wie Telematik ausrollen möchte. Jetzt haben wir zusammen über sieben Prozent. Das geht schon mal in die richtige Richtung. Aber vor allen Dingen, und darum ist die Größe so wichtig: Größe gestattet es uns, jetzt europaweit in Produkte zu investieren, die kleinere Unternehmen schon aufgrund der notwendigen Investitionen gar nicht schultern können.

Und zum Markt: Wir glauben, dass es weiterhin einen Transfer geben wird vom reinen Financial Leasing zu Operational Leasing. Möglicherweise noch nicht zu Full Operational, aber zu Operational Leasing. Und wir glauben, dass der Markt der Kauffuhrparks immer eine Relevanz haben wird, aber auch er wird auf absehbare Zeit zurückgehen.

_ Und wo sehen Sie die kritische Mindestgröße? Wie viele Fahrzeuge muss man haben, um relevant zu sein?

M. Schulz: Ich glaube in Deutschland - aus dem Bauch heraus - 100.000 Fahrzeuge. Das ist auch gewiss Bestandteil unserer Ziele.

A. Lackner: Mit Augenmaß. Genau. Wir werden nicht jedes Geschäft machen wollen, aber wenn es wirtschaftlich sinnvoll ist, dann machen wir das.

_ Herr Schulz, Herr Lackner, vielen Dank für das Gespräch.

Interview: Christian Frederik Merten, Mireille Pruvost

Die ungekürzte Version des Interviews finden Sie im E-Paper der Autoflotte unter digital.autoflotte.de

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