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Mehr Sicherheit, weniger Kosten?

31.08.2015 06:00 Uhr

Fahrerassistenz- und Steuerungssysteme in Flotten senken Schadenzahlen. Dennoch halten sich die Flottenversicherer mit Beitragsmodellen auf Basis der daraus gewonnenen Daten zurück

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_ Flottenversicherungen und Schadenmanagement im Jahr 2020. Der Vertriebsmitarbeiter eines mittelständischen Unternehmens legt rund 40.000 Kilometer jährlich mit seinem Firmenwagen zurück. Die Routen werden ihm vor Fahrtantritt über das Tourenplanungssystem auf das Navigationsgerät übermittelt. Während seiner Reisen messen die Fahrerassistenzsysteme (FAS) dann etwa anhand des Beschleunigungs- und Bremsverhaltens, ob er verschleißschonend und risikoarm fährt oder sein Fahrstil ein erhöhtes Unfallrisiko birgt. Fährt er risikofreudig, weisen ihn die FAS darauf hin.

Daneben werden die Daten sowohl an den Fuhrparkbetreiber als auch an den Versicherer gemeldet. Während Ersterer nach einem bestimmten Zeitraum das Gespräch mit dem Nutzer sucht und Maßnahmen wie Fahrertrainings oder Schulungen zur Verbesserung des Fahrverhaltens implementiert, lassen Letztere ihre Erkenntnisse in die Datenauswertungen für den Flottenmanager sowie in die Kalkulation der Beiträge einfließen. Nach dem Prinzip: Je niedriger die Risiken auf Basis der gemessenen Werte, desto besser die Prämien. Je höher die Risiken, desto höher die Beiträge und Auflagen für den Schutz von Nutzer und Fahrzeug.

Ob ein solches Szenario in fünf Jahren zum Alltag in den Fuhrparks gehört? Es ist denkbar. Denn nicht nur die fortschreitende Digitalisierung der Fahrzeuge, sondern auch jüngste Erkenntnisse aus verschiedenen Studien stärken Bestrebungen in diese Richtung.

Eine stammt vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), auf die der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) hinweist. Darin wurden Unfälle und die Potenziale von Assistenzsystemen untersucht.

Demnach entfalten beispielsweise Notbremsassistenzsysteme eine positive Wirkkraft von 46,5 Prozent, Adaptive Cruise Control von zwölf Prozent bei Unfällen mit Verletzten und Getöteten respektive 19 Prozent bei Unfällen ohne Personenschaden und Einparkhilfen bei Parkunfällen von 31 Prozent. Die technischen Helfer sind damit effektive Werkzeuge, um Schäden zu mildern respektive vorzubeugen und Kosten zu reduzieren. Fuhrparkleiter optimieren so ihr Sicherheitsmanagement und die Erfüllung ihrer Halterpflichten.

Im Urteil der Prüforganisationen

Wie beurteilen die Prüforganisationen den Status quo? Manche wagen keine Aussagen zu den FAS und Telematiksystemen. Begründung: Entweder es fehlen valide Daten oder es könnten aus zeitlichen Gründen keine seriösen Antworten oder nur "Halbgares" geliefert werden.

GTÜ, TÜV Rheinland und TÜV Süd beziehen dagegen Stellung. Für sie ist klar: Der Einsatz von Telematik- und Fahrerassistenzsystemen in Flotten, vor allem auch bei Pkw und Transportern bis 3,5 Tonnen, verbessert erfahrungsgemäß die Schadensituation und Aufwendungen. Dazu klassifiziert etwa die Fleet Company als Tochtergesellschaft des TÜV Süd die Telematik- und Fahrerassistenzsysteme grundsätzlich in zwei Themenbereiche: Erstens Telematiksysteme für Ortungszwecke und Routenplanung und zweitens zur Aufzeichnung von zum Beispiel CO2-Ausstoß, Kraftstoffverbrauch und Fahrverhalten. Hier reiche jedoch die Datenaufzeichnung nicht aus, sondern müsse mit Nutzersensibilisierung, Fahrertrainings et cetera verbunden werden.

Reduktion der Schadensaufwendungen

FAS wiederum wirkten aktiv auf"das Fahren" ein und verhinderten Gefahrensituationen oder machten den Fahrer zumindest darauf aufmerksam. Markus Stumpp, Mitglied der Geschäftsleitung der Fleet Company, resümiert: "Aus unseren gemachten Erfahrungen führt der korrekte, aber auch konsequente Einsatz der Systeme und letztlich deren Nachhaltung zu einer Reduktion der Schadensaufwendungen von zirka 15 bis 20 Prozent."

Für die Flottenbetreiber sowie -versicherer sinken aber nicht nur die direkten Kosten. Auch die indirekten, oft nicht gemessenen Aufwendungen wie für die Ersatzbeschaffung von Fahrzeugen und Zeit für die Schadensabwicklung beziehungsweise Verwaltung fallen weg und führen zu Einsparungen.

Im Privatsektor laufen sich die Kfz-Versicherer daher schon mit entsprechenden Produkten warm. Sowohl die HUK Coburg als auch Allianz haben Telematik-Tarife angekündigt, bei denen das Brems- und Beschleunigungsverhalten von Autofahrern ermittelt wird, um diese für die Versicherungskosten entsprechend zu berücksichtigen. Auch die VHV arbeitet nach eigenen Angaben an der Einführung eines solchen Modells mit eigener Hardware in Form einer Telematik-Box. Ab diesem Herbst soll es über Vermittler mit Vertragsbeginn am 01. Januar 2016 abschließbar sein. Grundsätzlich sei später auch eine Erweiterung für Gewerbekunden denkbar. Generell vermessen die meisten großen Flottenversicherer in diesem Bereich noch das Geschäftsfeld. Lediglich die Zurich hat mit Zurich Fleet Intelligence (ZFI) ein Angebot lanciert, in dem technische Helfer in den Fahrzeugen auch die Grundlage für die Kalkulation von Risiken und Beiträgen bilden.

Nichtsdestotrotz beschäftigen sich die Flottenversicherer mit dem Für und Wider. So stellen sich beispielsweise die Experten bei der Allianz im Zuge der Digitalisierung die Frage, was der Einsatz von Telematik für die Firmenkunden bedeutet. Allerdings ist für dieses und nächstes Jahr noch mit keinen neuen Produkten zu rechnen (siehe Interview mit Allianz-Flottenexperten, S. 58/59).

Die HDI-Gerling verkündet beim Thema Telematik einen ganzheitlichen Ansatz. Denn eine reine Gegenfinanzierung über reduzierte Versicherungsbeiträge wird nach Erachten des Unternehmens nicht funktionieren. Zudem könne man bei Vorliegen der üblichen Risikoinformationen zur Tarifierung einer Flotte wie zum Beispiel Größe, detaillierte Schadenhistorie über mehrere Jahre oder Einsatzzweck heute schon die notwendige Risikoprämie genau bestimmen. Infolgedessen müsse es im Flottenbereich um mehr gehen. Der Ansatz des Versicherers: die Gesamtkosten im Fuhrpark zu reduzieren, was dann auch aufgrund des Einsatzes von telematikbasierten Funktionen und Technik weniger Schäden beinhalten kann. Ein solches Szenario respektive einen solchen Ansatz könne man als Flottenversicherer sehr wohl bereits mit berücksichtigen.

Schadenprävention im Fokus

Die meisten Flottenversicherer kennen Fuhrparkleiter, die Telematiksysteme und FAS gezielt zur Schadenprävention und -minimierung nutzen. Axa verdeutlicht das am Beispiel der Einparkhilfen, wenn es um die Unterstützung des Fahrers geht. Da unter anderem die Fahrzeuge immer größer und unübersichtlicher geworden sind, ohne dass der Verkehrsraum mitgewachsen ist, entstehen nach Erkenntnissen des Versicherers zirka 45 Prozent der KH-Schäden beim Ein- oder Ausparken und beim Rangieren. Bei entsprechender Akzeptanz und Kenntnis der Systeme durch den Fahrer würden die Schäden daher erheblich reduziert.

Die R+V sieht vielschichtige Gründe für die Nutzung von Telematik in Flotten. Neben der Reduzierung von Kosten sind das etwa die Ermittlung von Positionsdaten, Optimierung der Routen sowie die Vereinfachung des Controlling. Die Erfahrungen hätten jedoch gezeigt, dass alleine der Einsatz der Technik keine wesentliche Veränderung im Schadenverhalten bewirkt. Entscheidend sei hier der Faktor Mensch respektive die Frage, wie er mit der eingesetzten Technik umgeht. Der Versicherer konstatiert daher: "Letztendlich hat die Fahrweise immer noch den größten Einfluss auf die effektive Nutzung des Fahrzeuges und die Entwicklung der Schadenverläufe."

Die VHV beobachtet wiederum, dass Kunden, die ihre Fahrzeuge mit Telematik- respektive Fahrerassistenzsystemen ausrüsten, einen besonderen Schwerpunkt auf Sicherheit legen. Bei Mittel- und Oberklasse-Pkw werde diese Ausstattung außerdem zunehmend zur Standardausführung.

Für die Zurich werden Telematiksysteme in erster Linie angeschafft, um Fuhrpark- und Fahrzeugbetriebskosten zu senken. Als Nebenprodukt würden hierbei die Daten über das Fahrverhalten wie Lenkverhalten, Beschleunigen, Leerlaufzeiten anfallen. Diese könnten in Absprache mit der Arbeitnehmervertretung dazu dienen, das Fahrverhalten zu charakterisieren. ZFI würde etwa diese Daten nutzen, um die Risikopotenziale aktiv zu senken. Den Rückgang der Schadensereignisse beziffert der Versicherer auf bis zu 20 Prozent.

Chancen und Grenzen im Blick

Ungeachtet der Potenziale zur Veränderung der Schadenverläufe und -prävention durch Telematik stellt die R+V fest, dass die technischen Möglichkeiten vor allem viele Unternehmen im Klein- und Mittelstand überfordern. Dies beginne schon bei der Anschaffung und Auswahl der Systeme. Außerdem gebe es Nachholbedarf beim Thema "Analyse der Fahrweise" und die daraus abzuleitenden Maßnahmen. Aber auch die Branche stehe bei der Entwicklung telematikbasierter Tarifkonzepte noch am Anfang.

Der Erfolg steht und fällt laut Axa jedoch mit dem konsequenten Einsatz der technischen Helfer. Gleichzeitig müssen dabei die Datenschutzvorgaben unbedingt berücksichtigt werden und Assistenzsysteme aus rechtlichen Gründen vom Fahrer abschaltbar sein.

Preisnachlässe ließen sich wegen der daraus entstehenden Unwägbarkeiten im Vorfeld nicht umsetzen. Schließlich stoßen die Spezialisten bei den Flottenversicherungen als individuelles Zeichnungsgeschäft schnell an die Grenzen der Steuerung und Kontrolle rein über die Telematik. Übergreifende Riskmanagement-Konzepte, die auf den jeweiligen Bedarf ausgerichtet werden, bleiben daher das A und O für die Risiko- und Beitragskalkulation.

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