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Reparaturkosten nach einem Unfall

26.02.2015 11:30 Uhr

Bei der Schadenregulierung gibt es oft Streit, was die"erforderlichen" Kosten sind und wer dafür die Beweislast trägt. Nach der fiktiven Abrechnung betriff t dies immer öfter die konkrete Abrechnung.

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_ Die Rechtslage über die Höhe der Schadensersatzkosten nach einem Verkehrsunfall könnte so einfach sein, denn zu erstatten sind bei einem Fahrzeugschaden die erforderlichen Reparaturkosten. Doch genau hier ist der Knackpunkt. Es stellt sich immer die Frage, was die "erforderlichen" Kosten sind und wer hierfür die Beweislast trägt. Dies beschäftigt die Gerichte bei fiktiver Abrechnung bereits seit Jahren, doch nun greift es auch auf die konkrete Abrechnung über.

Es häufen sich Zuschriften, dass selbst bei Einreichen von Reparaturrechnungen und damit bei konkreter Abrechnung Beträge gekürzt werden. Das Argument lautet wie folgt: Einige der von der Werkstatt durchgeführten Reparaturmaßnahmen seien aus technischer Sicht nicht notwendig gewesen.

Der Fall

So erging es auch einem nach einem Verkehrsunfall Geschädigten, der bei dem Kfz-Versicherer des Unfallverursachers eine Reparaturrechnung einreichte und statt der tatsächlich angefallenen 5.730,83 Euro nur 4.796,20 Euro erstattet bekam. Das heißt, der Versicherer hat knapp 1.000 Euro mit der Begründung gekürzt, diese seien "zur Schadenbeseitigung aus technischer Sicht nicht notwendig". Es stellte sich wohl dem Geschädigten die gleiche Frage wie der Autorin, nämlich wie er dies als technischer Laie hätte erkennen können. Schließlich sind die Aufwendungen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zu erstatten, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Er tat das einzig Richtige und zog vor Gericht.

Die Entscheidung des AG Düsseldorf

Der Fall wurde von dem Amtsgericht (AG) Düsseldorf mit Urteil vom 21. November 2014 (Az. 37 C 11789/11) mit einer bemerkenswerten Begründung - die jeder für seinen Fuhrpark kennen sollte - entschieden. Das Gericht sprach dem Geschädigten die gesamten restlichen Reparaturkosten zu, sodass der Versicherer diese in voller Höhe erstatten musste. Das Gericht arbeitete dogmatisch treffend heraus, dass die Frage der Notwendigkeit der vom Versicherer gerügten Reparaturmaßnahmen sogar dahinstehen kann. Dem Geschädigten sind nämlich auch Mehrkosten zu ersetzen, die ohne seine Schuld durch unsachgemäße Maßnahmen der Reparaturwerkstatt entstehen. Hier die Hauptargumentation des Gerichtes zum Zitieren:

"Der Schädiger trägt das sog. Werkstatt- und Prognoserisiko, falls den Geschädigten nicht ausnahmsweise hinsichtlich der gewählten Fachwerkstatt ein Auswahlverschulden trifft (...). Die Reparaturwerkstatt ist nicht Erfüllungsgehilfe i. S. v. § 278 BGB des Geschädigten. Da der Schädiger gemäß § 249 Abs. 1 BGB grundsätzlich zur Naturalrestitution verpflichtet ist und § 249 Abs. 2 S. 1 BGB dem Geschädigten lediglich eine Ersetzungsbefugnis zuerkennt, vollzieht sich die Reparatur vielmehr in der Verantwortungssphäre des Schädigers. Würde der Schädiger die Naturalrestitution gemäß § 249 Abs. 1 BGB selbst vornehmen, so träfe ihn gleichfalls das Werkstattrisiko. Allein die Ausübung der Ersetzungsbefugnis durch den Geschädigten gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann daher nicht zu einer anderen Risikoverteilung führen. Hierbei sind auch die begrenzten Kenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten des Geschädigten in den Blick zu nehmen: Sobald der Geschädigte das verunfallte Fahrzeug der Reparaturwerkstatt zwecks Reparatur übergeben hat, hat er letztlich keinen Einfluss mehr darauf, ob und inwieweit sodann unnötige oder überteuerte Maßnahmen vorgenommen werden. Dies darf nicht zulasten des Geschädigten gehen, welcher ansonsten einen Teil seiner aufgewendeten Kosten nicht ersetzt bekommen würde (...).

Zu den in den Verantwortungsbereich des Schädigers fallenden Mehrkosten gehören auch Kosten für unnötige Zusatzarbeiten, welche durch die Werkstatt ausgeführt wurden (...). Die Ersatzfähigkeit von unnötigen Mehraufwendungen ist nur ausnahmsweise dann ausgeschlossen, wenn dem Dritten ein äußerst grobes Verschulden zur Last fällt, sodass die Mehraufwendungen dem Schädiger nicht mehr zuzurechnen sind."

Fazit

Das Gericht hat nicht darüber entschieden, ob die Werkstatt tatsächlich überflüssige Arbeiten durchgeführt hat. Es hat vielmehr gesagt, dass es schadenrechtlich ohne Bedeutung wäre, wenn Überflüssiges gemacht worden wäre. Sollte die Werkstatt tatsächlich unnötige Arbeiten gemacht haben, die nicht mit dem Schadensereignis im Zusammenhang stehen, hat der Versicherer das Recht, sich die Ansprüche des Geschädigten gegen die Werkstatt abtreten zu lassen, und stände damit nicht schutzlos da.

Inka Pichler-Gieser Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verkehrsrecht, Partnerin der Kanzlei Kasten & Pichler in Wiesbaden

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