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Anspruch auf Nachbesichtigung?

31.12.2013 12:02 Uhr

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Anspruch auf Nachbesichtigung?

Dauerbrenner-Thema | Immer häufiger fordern die eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherer nach einem Verkehrsunfall eine Nachbesichtigung. Sind sie dazu berechtigt? Dazu hat das Amtsgericht Mitte entschieden.

— Ihre Forderung formulieren eintrittspflichtige Versicherungen nach einem Unfall zumeist wie folgt: „In dieser Sache haben wir die Firma XY mit der Nachbesichtigung des Fahrzeuges beauftragt. Bitte setzen Sie sich zwecks der Terminvereinbarung mit der Firma XY in Verbindung.“

Aber Vorsicht: Der Schädiger und deren Versicherer haben keinen Anspruch auf eine pauschale Nachbesichtigung. Auch darf die Regulierung nicht davon abhängig gemacht werden. Oftmals weisen die Versicherer die geltend gemachten Ansprüche als unbegründet zurück, wenn der Geschädigte sie verweigert. Zu lesen sind dann Sätze wie: „Gestatten Sie uns den Hinweis, dass unser Wunsch nach Nachbesichtigung in Übereinstimmung mit der ständigen oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung steht. Das OLG Düsseldorf spricht in einem Fall sogar von Beweisvereitelung. Ohne Nachbesichtigung sehen wir uns nicht in der Lage, in die Regulierung einzutreten.“

Geschädigte sollten sich durch solche Sätze nicht verunsichern lassen. Versicherer begründen die Zurückweisung der Ansprüche meist mit dem Zurückbehaltungsrecht bei Verweigerung der Nachbesichtigung. Diese Ansicht geht jedoch fehl.

Ergänzende Stellungnahme möglich | Der Geschädigte darf sich vielmehr auf die Richtigkeit des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens verlassen. Der Versicherer hat konkrete Gründe, die eine Nachbesichtigung rechtfertigen (zum Beispiel Nennung genauer Positionen, die überprüft werden sollen). Aber auch dann hat der Versicherer nicht das Recht, die Nachbesichtigung vorzunehmen. Der Geschädigte darf hingegen die aufgeworfenen Fragen hinsichtlich einzelner Positionen an seinen Sachverständigen mit der Bitte um ergänzende Stellungnahme weiterleiten.

Solch einen Fall, dass der Versicherer aufgrund mangelnder Nachbesichtigung die Ansprüche als unbegründet zurückgewiesen und sein Zurückbehaltungsrecht durchgeführt hat, hatte aktuell das Amtsgericht Mitte zu entscheiden (Urteil vom 22.10.2013, Aktenzeichen 107 C 3186/12).

Der verhandelte Fall | Eine Autovermietung war in einen unverschuldeten Verkehrsunfall verwickelt. Der Schaden wurde zunächst außergerichtlich geltend gemacht. Aufgrund „erheblicher Zweifel“ des Gegners an dem Schaden forderte der Versicherer sodann eine Nachbesichtigung. Da diese jedoch nicht ermöglicht wurde, hat der Versicherer die Ansprüche als unbegründet abgewiesen.

Schließlich wurde Klage vor dem Amtsgericht Mitte erhoben. Dieses ordnete an, ein Sachverständigengutachten einzuholen, das den klägerischen Vortrag bestätigte. Die Beklagte erkannte die Forderung an und beantragte, die Kosten des Verfahrens der Klägerin aufzuerlegen mit der Begründung, dass diese eine Nachbesichtigung verweigert habe. Das Amtsgericht Mitte verkündete jedoch ein Anerkenntnisurteil mit klarer Kostenauferlegung zu Lasten der Beklagten.

Das Urteil | Das Gericht stellte klar, dass die beklagte Versicherung nicht nur die gesamten Kosten des Schadens zu tragen hat, sondern auch die des Rechtsstreites, da sie durch ihr Regulierungsverhalten die Veranlassung zur Klageerhebung gegeben habe.

Es schloss sich dem klägerischen Vortrag an, dass der Beklagten ein generelles Nachbesichtigungsrecht sowie ein Zurückbehaltungsrecht bei Verweigerung der Nachbesichtigung nicht zustehe.

Dies steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung (LG Berlin mit Urteil vom 13.07.2011, Az. 42 O 22/10; OLG Naumburg, Urteil vom 19.02.2004, Az. 4 U 1476/03; LG München I, Az. 19 S 11609/90, zfs 1991, 123; LG Kleve, Az. 3 O 317/98, zfs 1999, 239 in Anlehnung an BGH, zfs 1999, 239; AG Solingen, Az. 11 C 236/05 vom 14.12.2007; AG Wiesbaden, Az. 91 C 1735/98; AG Heilbronn, Az. 9 C 1648/07; AG München, Urteil vom 26.10.2010, Az. 345 C 13793/10 u. a.).

Praxishinweis | Sollte ein Versicherer die Nachbesichtigung fordern, dann sollte zunächst darauf bestanden werden, dass dieser konkret nennt, welche Positionen aus dem Gutachten angezweifelt und nachbesichtigt werden sollen.

Daraufhin sollte der Sachverständige, der das zugrundeliegende Gutachten erstellt hat, gebeten werden, hierzu ergänzend Stellung zu nehmen. Wenn die Versicherung dann weiterhin nicht oder nur teilweise in die Regulierung eintritt, sollten die Erfolgsaussichten eines Klageverfahrens geprüft werden.

Termin mit eigenem Sachverständigen | Wer mit der Nachbesichtigung durch den Versicherer einverstanden ist, sollte auf je-den Fall veranlassen, dass der eigene Sachverständige bei dem Besichtigungstermin ebenfalls anwesend ist. | Inka Pichler

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