DL Fleet mit Spitzenergebnis
Im abgelaufenen Geschäftsjahr konnte die Deutsche Leasing Fleet (DL Fleet) ihren Vertragsbestand um fast fünf Prozent steigern. Geschäftsführer Michael Velte über die Impulse für dieses Wachstum und die zukünftigen Erwartungen.
Af: Die Deutsche Leasing hat für das Leasing-Neugeschäft mit Straßenfahrzeugen ein Volumen von rund 2,731 Milliarden Euro für das Geschäftsjahr 2010/2011 gemeldet, das am 30. September endete. Wie viel kommt davon aus dem gewerblichen Segment?
Velte: Mit den 2,731 Milliarden Euro haben wir eine Steigerung im Neugeschäft von etwa elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr erreicht und damit ein erfolgreiches Geschäftsjahr hinter uns. Das Volumen rekrutiert sich – bis auf einige Leasingfahrzeuge der DL-Mitarbeiter – zu fast 100 Prozent aus dem Geschäft mit gewerblichen Kunden.
Af: Rund 130.000 Verträge hat die DL Fleet am Ende des Geschäftsjahres 2009/2010 gezählt. Wie viele Verträge hatten Sie nun im Bestand, als die Bücher dieses Jahr geschlossen wurden?
Velte: Wir haben unseren Bestand um rund 6.000 Verträge auf insgesamt 136.000 steigern können. Der Zuwachs summiert sich folglich auf knapp fünf Prozent. Von diesen 136.000 Verträgen machen die Nutzfahrzeuge weniger als zehn Prozent aus, wobei wir die Transporter mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 3,5 Tonnen bei den Pkw einordnen. Aber auch der Transporter-Anteil ist relativ gering. Er bewegt sich gemessen an den geführten Pkw-Bestandszahlen bei etwa 15 Prozent. Pkw und Kombis stellen mit weit über 100.000 Verträgen den Löwenanteil.
Af: In welchem Zusammenhang steht das Verhältnis zwischen dem Vertragsbestand und dem viel stärkeren Wachstum im Neugeschäftsvolumen?
Velte: Die Differenz erklärt sich daraus, dass die Fahrzeugpreise im Durchschnitt wieder gestiegen sind. Das gilt zumindest für die Modelle, die DL Fleet auf die Straße gesetzt hat. Mengentreiber sind vor allem die klassischen Pkw der Mittelklasse wie der A4, der 3er, der Passat sowie darüber liegende Fahrzeugkategorien gewesen. Fahrzeuge unterhalb der Mittelklasse sind im Bestand der DL Fleet dagegen relativ dünn gesät. Zum Abschluss des Geschäftsjahres haben sich die Verträge nach Fahrzeugkategorien daher vorwiegend mit 43 Prozent auf die Mittelklasse und mit 38 Prozent darüber verteilt.
Af: Bei welchen Kunden haben Sie gewonnen und bei welchen verloren?
Velte: Zum einen haben wir generell am Wachstum des Gesamtmarktes partizipiert. Deshalb sind wir sowohl mit unseren Bestandskunden gewachsen, deren Treue und Loyalität sehr hoch ist, als auch mit Neukunden aus unterschiedlichen Branchen, die wir aus der mittelständischen Unternehmerschaft als unserer Kernzielgruppe gewonnen haben. Große Flotten mit über 1.000 Einheiten haben dagegen nicht vordergründig im Fokus gestanden und werden auch nur sehr selektiv gezeichnet. Zum anderen sind wir mit unserem Preis-Leistungs-Verhältnis, einer guten Vertriebsstruktur der DL Fleet plus der Filialen unserer Anteilseigner gut aufgestellt und haben durch die Finanzkrise unser Ansehen als solides Finanzunternehmen stärken können. Das macht sich auch in diesen Zeiten in der Nachfrage bemerkbar, wo es an den Märkten wieder unruhiger wird. Denn nicht nur die Wechselbereitschaft der Flottenkunden sinkt dann deutlich, sondern sie suchen bei Bedarf auch nach einem Leasingpartner, der ein solider Anbieter ist. Viele haben in der Krise erlebt, wie schnell bei anderen Partnern die Konditionen explodieren können. Diese leidvolle Erfahrung wollen die Flottenverantwortlichen nicht noch einmal machen. Und die ersten Anzeichen von gestiegenen Finanzierungskosten gibt es bereits bei dem einen oder anderen.
Af: Haben Downsizing, CO2-Debatte und alternative Antriebe keine Rolle gespielt?
Velte: Es hat ja bereits in den letzten Jahren ein Downgrading in den Flotten gegeben. Das hat aber nicht unbedingt in der Fahrzeugklasse stattgefunden, sondern in Form von kleineren Motorisierungen oder weniger Ausstattung zum Erhalt der Kostenstabilität. CO2-Emissionen und alternative Antriebe hatten dagegen nur eine geringe Bedeutung in der Praxis.
Af: Macht sich das Downgrading der vergangenen Jahre auch bei der Aufteilung der Fahrzeuge nach Anteilen der deutschen Hersteller und Importeure bemerkbar?
Velte: Der Anteil deutscher Marken liegt bei der DL Fleet konstant bei über 85 Prozent. Nichtsdestotrotz sind die Importeure hier proportional mitgewachsen. Die Steigerung im Verhältnis zu den deutschen Herstellern ist jedoch nur marginal und im Volumen bedingt spürbar. Das Image und die Marke haben bei den Dienstwagenfahrern einen hohen emotionalen Stellenwert. Mittelfristig kann sich das durchaus ändern, wenn die Studien über die abnehmende Bedeutung des Images in den Folgegenerationen zutreffen. Dann dürften auch die Chancen für Importeure weiter steigen.
Af: Der Wettbewerb zwischen den herstellergebundenen und freien Leasinggesellschaften ist nach wie vor hart. Wie haben Sie sich in diesem Umfeld positioniert?
Velte: Neben der gezielten Akquise setzen wir unter anderem darauf, den direkten Vertriebsweg zu wählen und den über sogenannte Fuhrpark-Provider stringent zu vermeiden. Nur in seltenen Ausnahmen und bei großem Interesse seitens der DL Fleet an der Geschäftsbeziehung mit dem Kunden gehen wir diesen Weg mit. Deshalb zählen wir auch weniger als eine Handvoll Kunden, wo noch ein Fuhrpark-Provider dazwischengeschaltet ist.
Was wir komplett ausschließen, ist allerdings die Teilnahme an Multi-Bidding-Verfahren, bei denen die Flottenbetreiber jedes einzelne Fahrzeug bei bis zu zehn Leasinggesellschaften abfragen. Denn jeder Anbieter, der hier den Zuschlag erhält, hat zu 99 Prozent nicht zu marktkonformen Preisen geboten und daher Geld verloren. Diese Negativauslese in reinster Form kann auch nicht Fundament einer soliden Partnerschaft sein.
Af: Wie ertragreich war das abgelaufene Geschäftsjahr?
Velte: Wir haben noch keinen Bilanzabschluss, aber es zeichnet sich ein erfolgreiches Geschäftsjahr ab. Dabei haben wir ein sehr auskömmliches Ergebnis erzielt, das über dem des Vorjahres liegt.
Af: Woraus generieren Sie den Ertrag?
Velte: Der Ertrag fließt aus den bereits genannten Säulen unserer Geschäftsstrategie sowie dem Remarketing. Die Gebrauchtwagenmärkte haben sich insbesondere in der ersten Jahreshälfte 2011 gut erholt. Im zweiten Halbjahr sind sie aber wieder deutlich nach unten gegangen. Hier sprechen wir im Vergleich zu den ersten Monaten über einen durchschnittlichen Einbruch bei allen Marktteilnehmern von 500 bis 900 Euro pro Fahrzeug. Trotzdem bleibt die DL Fleet bei einem positiven Ergebnisbeitrag mittels Verwertung und fährt keine Verluste ein.
Af: Worauf führen Sie das Stocken im Remarketing zurück und womit rechnen Sie in den nächsten Monaten?
Velte: Im ersten Halbjahr hat die starke Inlandsnachfrage die verschlossenen Exportmärkte vor allem im Osten und in Spanien kompensiert. Im zweiten Halbjahr hat die Nachfrage nachgelassen. Außerdem ist das Geld an den Finanzmärkten wieder knapper geworden.
Das Thema Liquidität vor Rentabilität gewinnt damit wieder an Bedeutung, sodass die Gebrauchtwagen vermehrt in den Markt gedrückt werden, um die Standzeiten zu verkürzen. Dadurch gehen auch die Preise wieder sehr schnell nach unten. Ich gehe davon aus, dass dieser Prozess noch nicht beendet ist und die Gebrauchtwagenpreise bis März 2012 erneut um zirka drei Prozentpunkte zurückgehen. Dann hätten wir wieder das Niveau von März 2010 erreicht. Eine längerfristigere Prognose ist aufgrund der wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen derzeit nicht möglich.
Af: Die Restwerte rücken also wieder stärker in den Mittelpunkt?
Velte: Restwerte spielen nach wie vor ‚die Rolle‘, aber nicht mehr mit so großen Auswirkungen wie in der Krisenzeit Ende 2008 und Anfang 2009. Schließlich haben die meisten Leasinggesellschaften im Zuge dessen ihre Restwerte deutlich abgesenkt. Die ersten Rückläufer aus diesen Geschäften kommen Mitte 2012 zurück. Aufgrund der Anpassungen dürfte das Szenario wie 2009 nun dort nicht mehr eintreten, wo die Fahrzeuge jetzt schon zu realistischen Werten in den Büchern stehen.
Af: Was bedeutet der Einbruch an den Gebrauchtwagenmärkten für DL Fleet?
Velte: Wir würden nach verschiedenen Stressszenarien weniger Ertrag erwirtschaften, aber keine Verluste einfahren. Hintergrund ist, dass wir noch zu einem großen Teil mit den Herstellern als Drittgaranten arbeiten. Der Anteil beläuft sich auf gut ein Drittel aller Fahrzeuge. Wir sind die einzige Leasinggesellschaft in dieser Größenordnung, die das weiter in so starkem Maße tut. Alle anderen tragen die Restwerte oft zu mehr als 95 Prozent im eigenen Risiko. Wir sind also nach wie vor vorsichtig, bleiben aber weiterhin optimistisch.
Af: Eine Veränderung gibt es auch auf europäischer Ebene. ING Car Lease ist bisher Kooperationspartner der DL Fleet bei der Betreuung von Flotten in anderen europäischen Ländern gewesen. Wie wirkt sich hier die erfolgte Übernahme der ING durch Alphabet aus?
Velte: Da der Anteil des internationalen Geschäftes bei der DL Fleet mit einem schwachen einstelligen Prozentsatz gemessen am Vertragsbestand sehr gering ist, spüren wir die Übernahme nur bedingt. Denn wenn einer unserer Kunden eine Lösung braucht, können wir auch auf ein Kooperationsnetz in den jeweiligen Ländern mit regionalen Anbietern zurückgreifen. Da die DL mit eigenen Niederlassungen international überall präsent ist, haben wir sehr gute Verbindungen und können entsprechend agieren. Wir werden so unsere Flottenkunden sukzessive überführen.
Af: Welche Ziele haben Sie sich für das laufende Geschäftsjahr gesetzt?
Velte: Wir gehen im kommenden Jahr von einem Gesamtwachstum im relevanten Flottenmarkt von höchstens drei Prozent aus. Diese Steigerung wollen auch wir im Neugeschäftsvolumen erreichen. Darüber hinaus wollen wir noch stärker in die Prozesse gehen und die Effizienz mit dem Online-System VMF Service Plus erhöhen. Wir sind eine der ersten Leasinggesellschaften des Verbandes, die das System schon anwendet und dort alles vollelektronisch inklusive Zahlungsvorgang abwickelt. Das ist eine ausgesprochene Erleichterung im Management, da die Parameter wie Arbeitswerte, Ersatzteil- und Ölpreise hinterlegt sind. Nachverhandlungen und Diskussionen am Telefon erübrigen sich. Dadurch fallen Reklamationen weg, die bei rund 30 Prozent der Rechnungen bisher stattgefunden haben. Die Prozesse beschleunigen sich damit auch im Sinne der Flottenbetreiber.
Af: Herr Velte, vielen Dank für das informative Gespräch!
Interview: A. Schneider