Kleiner Kratzer, große Folgen
Auch wenn der Parkrempler noch so klein ist: Wer ein anderes Auto beschädigt und dann weiterfährt, begeht Fahrerflucht und muss mit ernsthaften juristischen Konsequenzen rechnen. Das gilt auch, wenn der Unfallverursacher eine Visitenkarte, Telefonnummern oder auch ein Schuldanerkenntnis an der Windschutzscheibe hinterlässt.
Es ist ärgerlich, aber bestimmt vielen Mitarbeitern schon passiert: Man kommt morgens zu seinem Fahrzeug und muss feststellen, dass der Außenspiegel abgerissen, die Stoßstange verbeult oder der Lack zerschrammt ist. Vom Unfallverursacher fehlt jede Spur, da Fahrerflucht nach wie vor häufig als Kavaliersdelikt betrachtet wird. Die Folge für den Fuhrpark ist, dass er für die Kosten der Instandsetzung selbst aufkommen muss oder der Schadenverlauf in der Kaskoversicherung einen weiteren Unfall zu verzeichnen hat.
Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort
Unfallflucht begeht, wer als Unfallbeteiligter die Feststellung seiner Personalien nicht ermöglicht oder sogar bewusst verhindert. Dieses "unerlaubte Entfernen vom Unfallort" – so der juristische Fachbegriff – stellt eine Straftat dar, die gesetzlich (§ 142 StGB) mit Geldstrafe, im schlimmsten Fall sogar mit Freiheitsstrafe bestraft wird.
Darüber hinaus droht dem jeweiligen Fahrer der Verlust des Führerscheins. Selbst wenn es zu keiner Verurteilung nach dem Strafgesetzbuch kommt, so bleibt die Unfallflucht eine Ordnungswidrigkeit, die nunmehr durch die Bußgeldbehörde gesondert verfolgt werden kann. In diesem Fall ist mit empfindlichen Geldbußen und Punkten im Flensburger Verkehrszentralregister zu rechnen.
Ein großer Irrtum
Wer geschäftlich unterwegs ist oder als Außendienstmitarbeiter Kunden besucht, steht unter Zeitdruck. Zeit ist Geld und daher wurde eine Visitenkarte zurückgelassen? Das ist nicht ausreichend, sagen die Gerichte. Es ist nach wie vor ein weit verbreiteter Irrtum, dass man seiner Pflicht schon durch Zurücklassen eines Zettels mit Namen und Anschrift am beschädigten Fahrzeug nachkommt.
Mehrere Gerichte haben ausdrücklich entschieden, dass ein solcher Zettel nicht ausreichend ist. Straffrei bleibt nur, wer einen völlig belanglosen Schaden verursacht hat, wobei die Gerichte die Wertgrenze bei höchstens 25 Euro sehen. Aber wie wir wissen, können selbst kleine Kratzer heutzutage bereits mehrere Hundert Euro kosten. Auf keinen Fall genügt es daher, Visitenkarten, Telefonnummern oder auch ein Schuldanerkenntnis an der Windschutzscheibe zu hinterlassen.
Rechtlich korrektes Verhalten
Kommt es zu einem Unfall beispielsweise mit einem abgestellten Fahrzeug, so trifft den Verursacher eine angemessene Wartepflicht, ob der Geschädigte zu seinem Fahrzeug zurückkehrt. Andernfalls kann man eine böse Überraschung erleben: Anzeige wegen Fahrerflucht und ein Ermittlungsverfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort können folgen. Vorsicht: Das viel zitierte Argument, man sei in Eile gewesen, zieht nicht.
Die Bemessung der Wartefrist ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen und richtet sich nach konkreten Umständen wie Tageszeit, Umfang des verursachten Schadens oder Belebtheit des Ortes. Nach Ablauf der Wartefrist bleibt zusätzlich die Verpflichtung, die Feststellung der notwendigen Daten unverzüglich zu ermöglichen, beispielsweise durch eine Mitteilung an die Polizei.
Wird ein Bagatellschaden außerhalb des fließenden Verkehrs verursacht – die Wertgrenze wird hier bei 1.300 Euro gesehen – und der Verursacher entfernt sich, so ist die nachträgliche Feststellung innerhalb von 24 Stunden nachzuholen. Der Verursacher bleibt dann zwar auch nicht straffrei, allerdings kann ein Gericht die Strafe dann mildern. Insgesamt empfiehlt es sich im Zweifel dringend, die nächste Polizeidienststelle über den Unfall zu informieren. Nur so ist gewährleistet, dass man seinen Verpflichtungen als Unfallverursacher ausreichend nachkommt.
Versicherungsrechtliche
Konsequenzen
Wie so oft hat das Handeln überdies versicherungsrechtliche Konsequenzen. Eine Verurteilung wegen Unfallflucht kann zu einer Regressforderung des Kfz-Versicherers führen. Zwar zahlt der Versicherer zunächst den gegnerischen Schaden, holt sich dann aber im Zweifel das Geld teilweise zurück.
Probleme gibt es im Übrigen oftmals auch, wenn das Verfahren wegen Unfallflucht eingestellt wurde. Hier sollte man eine mögliche Regressforderung nicht ungeprüft akzeptieren. Der Regress ist ebenso in der Kasko-Versicherung möglich, wenn es um den Schaden am eigenen Fahrzeug geht; Stichwort "grobe Fahrlässigkeit".
Hier sieht man wieder, wie wichtig individuelle Bausteine zur Absicherung gegen derartige Gefahren im Flottenversicherungsvertrag sind.
Inka Pichler