Nur der Weg mit Auto zählt

29.08.2008 12:02 Uhr

Nur der Weg mit Auto zählt

Der Bundesfinanzhof hat entschieden: Nur der tatsächlich mit dem Auto zurückgelegte Weg zur Arbeitsstätte erhöht den geldwerten Vorteil und nicht etwa die Weiterfahrt mit der Bahn.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 4. April 2008 (VI R 68/05) zu einem Sachverhalt entschieden, der speziell für Nutzer reiner Incentive-Fahrzeuge interessant ist. Es ging um einen Arbeitnehmer, der Fernpendler war und ein typisches Incentive-Fahrzeug hatte, das er für betriebliche und geschäftliche Zwecke – soweit ersichtlich – so gut wie gar nicht einsetzte. Demzufolge legte er den Weg ins Büro kombiniert zurück: Der Wagen wurde nur für die kurze Entfernung zwischen Wohnung und nächstgelegenem Bahnhof genutzt, von wo die Fahrt zum Büro mit der Bahn fortgesetzt wurde.

Der Arbeitgeber hatte den geldwerten Vorteil nach der Ein-Prozent- Methode ermittelt und als Arbeitslohn versteuert. Allerdings hatte er bei der Berechnung des 0,03-Prozent-Zuschlags für die Nutzung des Dienstwagens zum Arbeitsplatz nur die kurze Entfernung zwischen Wohnung und Bahnhof zugrunde gelegt. Das Finanzamt war aber der Meinung, dass es sich hierbei um eine Pauschale handelt, die auf Besonderheiten des Einzelfalles keine Rücksicht nehmen kann, und hat den Arbeitgeber wegen der Lohnsteuer für den nicht versteuerten Weg Bahnhof–Arbeit in die Haftung genommen.

Dem hat der BFH widersprochen und klargestellt, dass der Zuschlag für die Entfernung zwischen Büro und Arbeitsplatz nach der tatsächlich gefahrenen Entfernung zu berechnen ist, und zwar in doppelter Hinsicht, nämlich nach der Entfernung und nach der Anzahl der tatsächlichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz.

Kein Fahrtenbuch erforderlich

Äußerst erfreulich ist die Feststellung des BFH, wonach es im entschiedenen Fall nicht erforderlich war, mittels eines (ordnungsmäßigen!) Fahrtenbuches zu beweisen, dass der Dienstwagen nur für die Fahrt bis zum Bahnhof eingesetzt wurde, weil nämlich die Besteuerung der Nutzungsmöglichkeit nach der Ein-Prozent-Regelung vorgenommen wurde und es lediglich um die zutreffende Anwendung des Zuschlags ging. Hierfür genügte die Vorlage einer Jahresbahnfahrkarte.

In diesem Zusammenhang ist nun auch klargestellt, dass das Fahrtenbuch nur notwendig ist, um die tatsächlichen Kosten für den Wert der Privatnutzung insgesamt zu ermitteln, ansonsten der Aufwand, es zu führen, aber unzumutbar hoch ist.

Geblieben ist allerdings die Logik des "Anscheinsbeweises". Das heißt, die Tatsache allein, dass der Arbeitnehmer ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt bekommt, das er privat nutzen darf, reicht als erster Beweis dafür aus, dass die Privatnutzung tatsächlich erfolgt, und zwar einschließlich der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz. Diesem Anscheinsbeweis muss etwas entgegengesetzt werden, wobei ein vertragliches Nutzungsverbot allein unbeachtlich ist.

Zwar führt der BFH aus, dass Anzahl und Länge der zwischen Wohnung und Arbeitsplatz zurückgelegten Strecken leicht anhand der Angaben in dem amtlichen Formular für die Entfernungspauschale festgestellt werden können, dennoch verweist er andererseits darauf, dass der Anscheinsbeweis durch substanziierte Einwände zu entkräften ist, aus denen sich die ernstliche Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs (= keine Nutzung auf der vollen Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsplatz an durchschnittlich mindestens 15 Arbeitstagen im Monat) ergibt.

Nachweisführung bei Fahr-gemeinschaften unklar

Für Arbeitnehmer mit reinen Incentive-Fahrzeugen wird es in vielen Fällen attraktiv sein, den Dienstwagen nicht den ganzen Tag auf dem Büroparkplatz stehen zu lassen, sondern diesen während der Woche beispielsweise der Ehefrau oder Familie zur Verfügung zu stellen und damit die Kosten für einen Zweitwagen zu sparen. Wie nun in anderen Fällen als der Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln gegen Rechnung und Quittung der Anscheinsbeweis zerstört werden kann, ist konkret nicht geklärt – zumal für diese Fälle im amtlichen Formular keine gesonderten Angaben vorgesehen sind, weil die Entfernungspauschale unabhängig von der Nutzung des Verkehrsmittels gewährt wird.

Hans-Günther Barth

Das Urteil in Kürze

Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom

4. April 2008 klargestellt, dass der Zuschlag für die Fahrten mit dem Dienstwagen zwischen Wohnung und Arbeitsplatz nach der tatsächlich mit dem Auto gefahrenen Entfernung zu berechnen ist. Dies gilt in doppelter Hinsicht: nämlich bei der Entfernung und auch bei der Anzahl der tatsächlichen Fahrten.

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