Heimfahrten
Pauschale Steuer – ja, aber ...
Das Finanzgericht Köln hat entschieden, dass die Steuerpauschale für die Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte nicht immer gerechtfertigt ist. Stattdessen sollen bei deutlicher Unterschreitung der vom Gesetzgeber zugrunde gelegten 15 Heimfahrten pro Monat die tatsächliche Anzahl angesetzt werden.
Der geldwerte Vorteil aus der privaten Dienstwagennutzung wird pauschal durch Anwendung von drei Prozentsätzen versteuert, die sich jeweils auf den Bruttolistenpreis des Fahrzeugs einschließlich Sonderausstattungen und Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Erstzulassung beziehen. Dies sind ein Prozent pro Monat, 0,03 Prozent pro Monat für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und im Fall der doppelten Haushaltsführung 0,002 Prozent je Entfernungskilometer zwischen Familienwohnsitz und Beschäftigungsort bei Familienheimfahrten.
Hierbei handelt es sich nicht um drei, sondern nur zwei Pauschalierungen: Die Pauschale in Höhe von einem Prozent pro Monat dafür, dass der Dienstwagen grundsätzlich für die Privatnutzung zur Verfügung steht. Diese Pauschale kommt unabhängig davon zum Ansatz, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer von seinem Recht zur privaten Nutzung tatsächlich Gebrauch macht.
Ergänzt wird diese Pauschale um eine nutzungs- und anlassbezogene Pauschale, deren Anwendung davon abhängt, ob der Dienstwagen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und/oder für Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung verwendet wird. Diese Pauschale von 0,002 Prozent bezieht sich auf den Entfernungskilometer und wird für jede Familienheimfahrt fällig. Zu 0,03 Prozent gelangt man durch Multiplikation mit 15. Dies kommt von der Unterstellung des Gesetzgebers, dass im Jahresdurchschnitt 15 Fahrten pro Monat zwischen Wohnung und Büro anfallen. Der Zuschlag von 0,03 Prozent pro Monat enthält also eine doppelte Pauschalierung, die denjenigen Arbeitnehmern zugute kommt, die öfter als 180 Mal pro Jahr den Weg zur Arbeit zurücklegen, und umgekehrt diejenigen benachteiligt, die weniger oft zur Arbeit fahren. Einen derartigen Fall hat das Finanzgericht Köln mit Urteil vom 22. Oktober 2009 (Aktenzeichen 10 K 1476/09) zugunsten des Arbeitnehmers entschieden.
Abrücken von der Pauschale
Dieser Arbeitnehmer kam unter Berücksichtigung von Dienstreisen und Urlaub auf lediglich 100 Fahrten zwischen Wohnung und Büro. Bei einer so hohen Abweichung von knapp 50 Prozent (im Sinne einer Unterschreitung des gesetzlich unterstellten Nutzungsumfangs) hielt das Gericht die Anwendung der Pauschale für nicht gerechtfertigt. Dies außerdem deshalb, weil nach Überzeugung des Finanzgerichts der Zuschlag von 0,03 Prozent einen Gegenposten zum Werbungskostenabzug, jetzt Entfernungspauschale, darstellt.
Mit seinem Spruch schließt sich das Finanzgericht Köln den Urteilen des Bundesfinanzhofs vom 4. April 2008 (Aktenzeichen VI R 85/04 und VI R 68/05) an, und zwar auch hinsichtlich dessen rechtlicher Begründung.
Dies ist insofern von Bedeutung, als das Bundesfinanzministerium dem Urteil des Bundesfinanzhofs einen Nichtanwendungserlass entgegengesetzt hatte und damit die Finanzämter letztlich zur Anwendung des 0,03-Prozent-Zuschlags in jedem Fall gezwungen werden, auch wenn der Arbeitnehmer seinen Dienstwagen für deutlich weniger als 180 Arbeitswege einsetzt. Erfreulich, dass sich die Rechtsprechung nicht beirren lässt und ihren Standpunkt verteidigt. Bedauerlich allerdings, dass über den Trick des Nichtanwendungserlasses jeder betroffene Arbeitnehmer faktisch gezwungen wird, auf eigenes Risiko und eigene Kosten zu testen, ob die Rechtsauffassung des Bundesfinanzhofs auch in seinem „Einzelfall“ greift.
Den Arbeitgebern kann man nicht verübeln, wenn sie sich weigern, die Reduzierung des Zuschlags von 15 mal Entfernungskilometer mal 0,002 Prozent auf die tatsächliche Anzahl der Fahrten mal Entfernungskilometer mal 0,002 Prozent bereits in der Gehaltsabrechnung vorzunehmen. Schließlich sind sie über die Haftung für Lohnsteuer und Sozialabgaben im Risiko für Angaben, deren Richtigkeit sie nur schwer nachprüfen können. Vom Verwaltungsaufwand ganz abgesehen.
Bleibt zu hoffen, dass die Finanzverwaltung von der Nichtanwendung der Ergebnisse der Rechtsprechung abrückt und den Steuerpflichtigen die Unzumutbarkeit der Einzelklagen erspart.
Hans-Günther Barth