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Die Rechtsprechung verschärft sich

31.03.2015 06:00 Uhr

Nach § 31a Straßenzulassungsverordnung (StVZO) kann einem Halter die Führung eines Fahrtenbuchs angeordnet werden. In jüngster Zeit häufen sich Urteile, die solche Auflagen bestätigen.

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_ Die Verwaltungsbehörde kann gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn es nicht möglich war, den Fahrzeugführer nach einer Zuwiderhandlung gegen eine Verkehrsvorschrift zu ermitteln. Tatbestandsvoraussetzung dieser Vorschrift ist danach unter anderem, dass ein Verstoß gegen Verkehrsvorschriften von einigem Gewicht vorlag. In jüngster Zeit häufen sich die Urteile, in denen angeordnete Fahrtenbuchauflagen bestätigt und die Hürden zu der Anordnung gesenkt werden.

Aktuelle Urteile

Folgende gerichtlichen Entscheidungen haben die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage für zulässig erklärt:

- Verwaltungsgericht (VG) Neustadt, Urteil vom 22.01.2015, Az. 3 L 22/15. NW: Eine Fahrtenbuchauflage für 31 Firmenfahrzeuge für die Dauer von zwölf Monaten bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 41 km/h auf der Autobahn ist rechtmäßig. Wenn der Adressat einer Fahrtenbuchauflage gleichzeitig Halter mehrerer Fahrzeuge ist, so dürfen diese im Rahmen der ordnungsgemäßen Ermessensausübung der Behörde mit in die Fahrtenbuchauflage einbezogen werden, wenn aufgrund der Nutzungsgepflogenheiten des Halters auch mit anderen Fahrzeugen einschlägige Zuwiderhandlungen naheliegend und zu erwarten sind.

- VG Koblenz, Urteil vom 13.01.2015, Az.4 K 215/14. KO: Beruft sich der Halter im Ordnungswidrigkeitenverfahren auf ein Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrecht, steht dies der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage nicht entgegen. Es ist "allerdings höchstrichterlich geklärt, dass mit der Auferlegung der Führung eines Fahrtenbuches das Recht des Betroffenen gewahrt bleibt, sich auf ein etwa bestehendes Zeugnisverweigerungsrecht berufen zu dürfen. Das mit der Ausübung dieses Rechts verbundene Risiko, dass auch zukünftige Verkehrsverstöße ungeahndet bleiben, muss die Rechtsordnung von Verfassung wegen allerdings nicht hinnehmen, weil sie sich damit für einen nicht unbeträchtlichen Teilbereich von vornherein der Möglichkeit begäbe, durch die Androhung von Sanktionen Verkehrsverstößen und den damit verbundenen Gefahren, namentlich für die anderen Verkehrsteilnehmer, im allgemeinen Interesse vorzubeugen."

- VG Augsburg,Urteilvom06.12.2014, Az. Au 3 K 14.1144: Eine Fahrtenbuchauflage setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass die Polizei beziehungsweise die sonst zur Verfolgung der Verkehrsordnungswidrigkeit berufene Behörde alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um den Verantwortlichen zu ermitteln. Angemessen sind die Maßnahmen dann, wenn die Verfolgungsbehörde in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen durchgeführt hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden. Aus § 31a StVZO kann hingegen nicht geschlossen werden, die Polizei sei verpflichtet, bestimmte Ermittlungsmethoden - etwa eine Internetrecherche - anzuwenden. Lehnt der Halter erkennbar die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab oder erklärt er, dazu nicht im Stande zu sein, so ist die Polizei regelmäßig nicht verpflichtet, quasi "ins Blaue hinein" zu ermitteln.

- VG Berlin, Urteil vom 04.12.2014, Az. VG 14 K 151.14: Es ist der Halterin eines Firmenfahrzeugs generell verwehrt, sich auf "Erinnerungsprobleme" infolge einer verspäteten Anhörung zu berufen. Vielmehr fällt es bei solchen Fahrzeugen in die Sphäre der Geschäftsleitung, organisatorische Vorkehrungen (nicht notwendigerweise durch ein Fahrtenbuch oder eine ähnliche Dokumentation) dafür zu treffen, dass im Falle einer Verkehrsordnungswidrigkeit oder -straftat ohne Rücksicht auf das Erinnerungsvermögen Einzelner festgestellt werden kann, welche Person zu dem fraglichen Zeitpunkt ein bestimmtes Geschäftsfahrzeug benutzt hat. Zumindest muss stets der Mitarbeiter benannt werden können, dem das betreffende Fahrzeug betriebsintern zugeordnet ist

Zustellung des Zeugenfragebogens

Aber: Der Zeugenfragebogen muss dem Fahrzeughalter auch zugegangen sein. So hat das VG Hamburg mit Beschluss vom 20.10.2014 (Az. 15 E 4571/14) die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage unter Hinweis auf folgenden Leitsatz als unzulässig erachtet: "Nur mit einfacher Post ohne Absendevermerk zugestellte Ladungen oder Zeugenfragebögen gelten bei Bestreiten des Zugangs nicht als zugegangen und stellen deshalb keine zureichenden Maßnahmen zur Ermittlung des Täters dar."

Bei einer Gesamtbetrachtung des Ablaufs und der Erfolglosigkeit der hier durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen ist es zwar angesichts der Lebenswirklichkeit nicht fernliegend, dass die Antragstellerin sich bis zum Ablauf der maßgeblichen Verjährungsfrist absichtlich in Schweigen hüllte, um den Fahrzeugführer - wohl ein naher Verwandter oder Verschwägerter - nicht benennen zu müssen. Die Anordnung eines Fahrtenbuches, die erheblich in die allgemeine Handlungsfreiheit des Betroffenen eingreift, der zudem den anlassgebenden Verkehrsverstoß häufig nicht begangen hat, kann indes nicht allein auf Wahrscheinlichkeiten und Vermutungen - die im jeweiligen Einzelfall nicht greifen müssen - gestützt werden, sondern erfordert ein rechtsstaatliches Verfahren, das auch in derartigen Massenverfahren möglich und zumutbar ist.

Praxishinweis

Soweit sich der Halter auf eine Nichterkennbarkeit des Fahrers auf dem Messfoto beruft, ist dies ohne rechtliche Bedeutung. Denn das Foto dient in erster Linie dem Nachweis, dass mit einem bestimmten Kraftfahrzeug eine konkrete Geschwindigkeitsüberschreitung begangen wurde. Ist aufgrund der schlechten Bildqualität oder aus anderen Gründen eine Personenidentifizierung nicht möglich, so sind aus diesem Grunde weitere angemessene und zumutbare Ermittlungen durchzuführen, bei denen es dann erst recht auf eine kooperative Mitwirkung des Halters als der für das Fahrzeug verantwortlichen Person ankommt (VG Koblenz, siehe oben)

Sollte eine Auflage rechtskräftig angeordnet worden sein, ist für diese Dauer das Fahrtenbuch zu führen. Seit der Punktereform gibt es für den Verstoß dagegen keine Punkteeintragung mehr, es gilt jedoch eine Regelgeldbuße von 100 Euro (Nr. 190 Bußgeldkatalog-Verordnung, BKatV).

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