"In dubio pro reo" heißt es auch bei unscharfen Radarfotos. Zumindest muss das Gericht sobald es Blitzerfotos von schlechter Qualität zulässt, auf diesen Mangel ausdrücklich hinweisen. Dies betont die Deutsche Anwaltshotline mit dem Verweis auf das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf (Aktenzeichen IV-4 RBs 29/11).
Darin wird gefordert: Ist das Radarfoto eines Verkehrssünders von ausgesprochen schlechter Qualität, muss der Richter in der Verhandlung bei Bezugnahme auf die in den Akten zur Identifizierung befindlichen Lichtbilder auf diese Mängel ausdrücklich hinweisen. Unterlässt er das, ist das von ihm gefällte Urteil aufzuheben. In dem zugrundeliegendem Rechtsstreit war ein Fahrer auf der Autobahn mit 177 km/h in einer 120 km/h-Zone geblitzt worden. Die gemessene Geschwindigkeit stand außer Zweifel.
Der Fahrer ist auf dem Foto kaum zu erkennen
Auf dem Radarfoto sind jedoch die Gesichtszüge des Fahrers nur unscharf zu sehen, keine klare Konturen von Nase, Mund und Augen erkennbar und die Stirnpartie sowie der Haaransatz durch den Rückspiegel vollständig verdeckt, heißt es in der Mitteilung der Deutschen Anwaltshotline. Trotzdem verurteile ihn der Amtsrichter zu einer Geldbuße von 480 Euro und ein Fahrverbot von einem Monat.
Nun monierte das OLG, dass der Bußgeldrichter konkret hätte darlegen müssen, warum es ihm gleichwohl möglich gewesen ist, den Mann als Fahrzeugführer zu identifizieren. Hierzu hätte er Ausführungen zur Bildqualität machen sollen sowie die – auf dem Foto erkennbaren – charakteristischen Merkmale der abgelichteten Person, die für seine Überzeugungsbildung bestimmend waren, benennen und beschreiben müssen. Weil er das nicht tat, wurde das Urteil aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das Amtsgericht zurückverwiesen. (red)
Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 28. Februar 2011, Aktenzeichen: IV-4 RBs 29/11