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Schäden in der Waschanlage

29.05.2015 06:00 Uhr

Grundsätzlich sind Waschanlagen "betriebssicher" und das teure Fahrzeug kommt sauber und - vor allem - unbeschädigt wieder heraus. Immer? Nicht immer! Wann muss der Betreiber zahlen, wann nicht?

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_ Natürlich kann immer etwas kaputtgehen. Es besteht durchaus die Gefahr, dass sich abgerissene Wischerblätter oder Zierleisten in den Bürsten verfangen und Schäden anrichten. Aber wer zahlt den Schaden? Der Bundesgerichtshof (BGH) hat schon 2004 Aussagen zu den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Waschanlagenbetreiber getroffen. Trotzdem ist die Rechtsprechung unübersichtlich.

Rechtlich handelt es sich bei dem Vertrag über eine Autowäsche um einen Werkvertrag. Bezahlt der Kunde eine Autowäsche, hat der Anlagenbetreiber auch die Pflicht, dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug durch die Reinigung nicht beschädigt wird.

Größter Streitpunkt sind seit jeher die Haftungsbeschränkungsklauseln der Betreiber, die dem geschädigten Kunden zur Abwehr von Schadensersatzansprüchen entgegengehalten wurden.

Unwirksame Klauseln

Bereits 2004 hat der für das Werkvertragsrecht zuständige Senat des BGH (Urteil des X. Senats vom 30.11.2004, Az. X ZR 133/03) Klauseln in den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Betreibers einer Autowaschanlage für unwirksam erklärt. Es ging um solche, mit denen der Betreiber seine Haftung für außen an der Karosserie angebrachte Teile auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränken und sich auch für sämtliche Folgeschäden - unabhängig von der Art des unmittelbaren Schadens - von leichter Fahrlässigkeit freizeichnen wollte.

Es ging dabei um folgende Ausschlüsse: "Eine Haftung für die Beschädigung der außen an der Karosserie angebrachten Teile, wie zum Beispiel Zierleisten, Spiegel, Antennen sowie dadurch verursachte Lack- und Schrammschäden, bleibt ausgeschlossen, es sei denn, dass den Waschanlagenunternehmer eine Haftung aus grobem Verschulden trifft."

Und: "Folgeschäden werden nicht ersetzt, es sei denn, dass den Waschanlagenunternehmer eine Haftung aus grobem Verschulden trifft."

Derartige Klauseln verstoßen nach Ansicht des BGH gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und benachteiligen den Kunden unangemessen (§ 9 Abs. 1 AGBG, jetzt § 307 Abs. 1 BGB). Sie sind deshalb unwirksam.

Auch den Einlassungen des Betreibers wollte der BGH nicht folgen. Dieser hatte vorgetragen, für seine Haftung spreche kein Anschein dafür, dass die Waschanlage einen Defekt aufgewiesen habe, dessen unterlassene Beseitigung als grob fahrlässig eingestuft werden müsse. Es sei nicht ersichtlich, dass auch bei anderen Fahrzeugen Schäden ähnlicher Art aufgetreten seien. Schäden könnten immer eintreten, wie der normale Kunde unschwer erkennen könne, und genau dieses Risiko gehe er bei Benutzung der Waschanlage ein. Er könne sich hiergegen durch eine Vollkaskoversicherung absichern.

Dazu die Richter des BGH: "Ein vom Betreiber einer Autowaschanlage vorgenommener allgemeiner Haftungsausschluss für durch einfache Fahrlässigkeit herbeigeführte Beschädigungen des Fahrzeugs ist unangemessen, auch wenn er gegenständlich auf Außenteile beschränkt ist. Denn ein solcher Haftungsausschluss widerspricht dem berechtigten Vertrauen des Kunden darauf, dass sein Fahrzeug, so, wie es ist, also mitsamt den außen angebrachten Teilen, unbeschädigt aus dem Waschvorgang hervorgehen wird, und seiner korrespondierenden Erwartung, dass er Schadensersatz erhalten wird, sollte doch einmal ein Schaden auftreten und dieser vom Waschanlagenbetreiber verschuldet sein. Dabei erwartet der Kunde Schadensersatz immer dann, wenn der Betreiber die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat, also auch bei einfacher Fahrlässigkeit. Diese Erwartung ist insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Risikobeherrschung gerechtfertigt, der für die Beurteilung der Angemessenheit einer Haftungsbeschränkung wichtig ist.

Die Frage, ob und in welchem Maße die Verwirklichung des Risikos besser durch den Kunden oder besser durch den Verwender durch zumutbares eigenes Handeln verhindert werden kann, ist im vorliegenden Fall zu Lasten des Anlagenbetreibers zu beantworten, da nur er Schadenprävention betreiben kann, zum Beispiel durch ständige Wartung, Kontrolle und Überwachung der Anlage und durch sorgfältige Auswahl des Bedienungspersonals, während der Kunde sein Fahrzeug der Obhut des Betreibers überantwortet, ohne die weiteren Vorgänge selbst beeinflussen zu können. Der Betreiber hat es auch in der Hand, bestimmte Fahrzeugmodelle, die er für schadensanfällig hält, von der Benutzung seiner Anlage auszuschließen und dadurch sein Risiko zu verringern."

Unwirksam ist auch die in den AGB einzelner Betreiber häufig zu findende Klausel, wonach mit dem Verlassen des Betriebsgrundstückes jegliche Ersatzmöglichkeiten ausgeschlossen sein sollen. Die Ansprüche mögen dann aus beweistechnischen Gründen schwerer durchsetzbar sein, ausgeschlossen sind sie damit aber keinesfalls.

Haftungsverlagerung auf den Betreiber

Tendenzen in der Rechtsprechung verlagern zunehmend die Haftung für Schäden auf den Betreiber - selbstverständlich nur bei weisungsgemäßer Nutzung des Kunden.

Weist der Benutzer einer Waschanlage nach, dass der Schaden an seinem Fahrzeug in der Waschanlage entstanden ist, muss der Betreiber der Anlage nachweisen, dass ihn an dem entstandenen Schaden kein Verschulden trifft.

Auch die Behauptung, es handele sich um einen Vorschaden, muss der Betreiber beweisen. Es reicht dabei aus, wenn der Benutzer substantiiert darlegt, dass sein Fahrzeug unversehrt in die Waschanlage gefahren wurde und beschädigt wieder herausgekommen ist. Aus dem Schaden kann auf die Pflichtverletzung des Betreibers geschlossen werden, da die Ursache des Schadens allein aus dem Verantwortungsbereich des Betreibers herrühren kann.

Auch dann, wenn dem Betreiber eine Selbstentlastung nicht möglich ist, es sich letztlich also nicht aufklären lässt, worauf ein Versagen der Waschanlage zurückzuführen ist, haftet er für Fahrzeugschäden, die bei der Benutzung seiner Waschanlage entstanden sind. Er haftet dann nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung.

Der Betreiber haftet nicht nur für die Sicherheit seiner Waschanlage, sondern auch für das Verhalten seiner Mitarbeiter. Wird das Einfahren des Fahrzeugs in die Waschanlage von einem Mitarbeiter des Betreibers kontrolliert, dann obliegt es dem Betreiber, für einen ordnungsgemäßen Stand des Fahrzeugs zu sorgen. Kommt es dann infolge fehlerhafter Einweisung des Mitarbeiters (was zugegebenermaßen eine ausgesprochen schwierige Beweisfrage sein kann) zu einer Beschädigung am Wagen, haftet der Betreiber, da dieser sich das Verschulden seines Mitarbeiters zurechnen lassen muss.

Auch muss der Betreiber die Waschanlage je nach Umfang ihrer Automatisierung während es Waschvorganges überwachen und gegebenenfalls den Kunden hinreichend in die Bedienung einweisen. Selbst dann, wenn der Kunde sein Fahrzeug nicht korrekt in die Waschanlage eingefahren beziehungsweise abgestellt haben sollte, liegt im Ergebnis nach Ansicht von Teilen der Rechtsprechung eine Pflichtverletzung des Betreibers mangels Überwachung und Einweisung vor. Immer dann, wenn das Fahrzeug des Kunden während eines Waschvorgangs beschädigt wird, spricht dies zunächst für eine Pflichtverletzung des Betreibers.

Bei bestimmten Fahrzeugteilen, die "risikohaft" sind, etwa weil sie mit Heckspoilern versehen sind, besteht die Pflicht zur Warnung oder Ablehnung durch das Betreiberpersonal trotz Hinweis auf einen (hier zulässigen) Haftungsausschluss durch die AGB.

Schild allein genügt nicht

So ist zum Beispiel das Schild einer Waschanlage "Antenne einschieben oder abnehmen" kein geeigneter Hinweis auf die mögliche Beschädigung einer Dachantenne. Der Betreiber ist verpflichtet, denjenigen Kunden, der mit einer nur umlegbaren Dachantenne in die Waschstraße einfahren möchte, durch einen weiteren geeigneten Hinweis auf die Risiken aufmerksam zu machen oder sogar von der Benutzung der Waschstraße abzuraten. Das Schild allein genügt nach der Rechtsprechung nicht.

Die Kasuistik der Rechtsprechung der letzten Jahre ist schier unübersichtlich. Zahlreiche amtsgerichtliche Entscheidungen weisen jeweils den Betreibern und Kunden anhand von Einzelfallentscheidungen die Verantwortlichkeiten zu - für den Laien kaum noch zu überschauen.

Praxistipps

Was also soll der Kunde einer Waschanlage tun, wie verhält er sich richtig? Wichtig ist, das Fahrzeug gleich nach der Wäsche zu kontrollieren. Wer Kratzer oder Ähnliches entdeckt, sollte sofort einen Mitarbeiter der Anlage bitten, den Schaden zu dokumentieren.

Je später der Kunde den Schaden reklamiert, umso schwieriger lässt sich nachweisen, dass die Kratzer wirklich beim Waschen durch die Anlage entstanden sind.

Und wenn die Mitarbeiter der Waschanlage sich weigern, den Fall zu dokumentieren? Dann muss der Betroffene selbst aktiv werden, Fotos machen und den Schaden am besten auch Dritten zeigen, die später als Zeugen aussagen können.

Es gibt für den Waschanlagenbenutzer Beweiserleichterungen. Kann der Kunde beispielsweise durch Zeugenaussagen glaubhaft machen, dass der Schaden erst in der Waschanlage entstanden ist und das Auto vorher schadenfrei war, dann spricht der erste Anschein für ein Verschulden des Betreibers. Der kann die Vorwürfe allerdings entkräften, etwa wenn er nachweist, dass die Anlage regelmäßig gewartet wurde und keine Fehlfunktionen hatte.

Diese Grundsätze gelten jedoch nur bei sogenannten Portalwaschanlagen, bei denen der Autofahrer den Wagen verlässt und damit keinen Einfluss auf den Waschvorgang nehmen kann. Gänzlich anders verhält es sich bei Waschstraßen, in denen das Fahrzeug von einem Förderband gezogen wird und der Fahrer unter Umständen auch noch im Fahrzeug sitzen bleibt. Hier ist nicht auszuschließen, dass der Fahrer den Schaden selbst verursacht hat, etwa durch Lenken oder Bremsen. Der Streit ist damit vorprogrammiert.

Also nur noch mit Rechtsanwalt in die Waschstraße? Nein, aber danach bei der Schadenregulierung im Streitfall und im Zweifel unbedingt anwaltlichen Rat einholen.

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