Alternative Alternativen?
Der Logistikdienstleister Chemion hat analysiert, ob sich in den Chemieparks Leverkusen, Dormagen undKrefeld-Uerdingen alternative Kraftstoffe wie Erdgas und Biodiesel für die 600 Pkw und 300 Nutzfahrzeugegroße Flotte rechnen. Ein Bericht darüber, welche Überlegungen die Bayer-Tochter dazu angestellt hat.
Wie wichtig ein gutes Diplomarbeitsthema und der richtige Zeitpunkt sein können, zeigt die Karriere von Knut Meierjürgen bei der Chemion Logistik GmbH. Mit seiner Analyse aus dem Jahr 2006, ob sich die 600 Pkw und 300 Nutzfahrzeuge große Flotte auf alternative Kraftstoffe umstellen lässt, hat sich der heute 31-Jährige für den Job als Teamleiter Fahrzeugpool bei der Bayer-Tochter qualifiziert.
Intensive Diskussion
Denn vor dem Hintergrund der aktuellen Klimadebatte wird bei Chemion das Thema Ökologie und somit der Einsatz alternativer Kraftstoffe intensiv diskutiert. Zumal in puncto Nachhaltigkeit Erd- und Biogas laut Knut Meierjürgen den anderen Kraftstoffen den Rang ablaufen. "Grundsätzlich sind in unserer Flotte aufgrund des Fahrzeugmix alle alternativen Kraftstoffe denkbar", erklärt der Leiter des Fahrzeugpools.
Hier die Dieselfahrzeuge mit Spritalternativen wie Biodiesel, Pflanzenöl und Gas-Hybrid, dort die "Heilsbringer" Erdgas, Autogas und Ethanol für Benziner. Zu den Überlegungen passsen auch die vom Verband der Chemischen Industrie (VCI) für die Branche identifizierten Einsparpotenziale, was die Minderung von Treibhausgasen gerade beim Transport anbelangt.
Zurück zur Ausgangslage: Im Zuge konzernweiter Effizienzprogramme stellte sich 2006 bei Chemion die Frage nach Alternativen zu fossilen Kraftstoffen. Doch der Fuhrpark, für den zu 60 Prozent die Leasinggeber Daimler Fleet Management und GE Auto Service Leasing verantwortlich zeichnen und dem die Marken Ford, Mercedes-Benz, Renault und Volkswagen angehören, fährt auch heute noch mit dem bewährten Diesel respektive Benzin. Trotz der existierenden Preiskapriolen an der Zapfsäule. Warum?
Kurze Wege für die Benziner
In erster Linie aus ökonomischen Gründen. Denn bei den drei Chemieparks in Leverkusen, Dormagen und Krefeld-Uerdingen, an denen Chemion seine Logistikdienstleistungen anbietet, handelt es sich um abgeschlossene Areale, die die Dienstwagen nur selten verlassen – auch nicht zum Tanken. Die Folge: kurze Wege, geringe Laufleistungen. Da lassen sich mit nachträglich auf alternativ getrimmten Benzinern – nahezu der komplette Pkw-Bestand von Chemion Logistik verfügt momentan über einen Ottomotor – nur schwer Einsparungen erzielen.
Vor allem aber fiel eine Vorgabe von Chemion ins Gewicht: der Wunsch nach internen Tankstellen für die drei Chemieparks. "Unsere Kalkulationen haben ergeben, dass wir die Infrastruktur alleine ohne Beteiligung weiterer Bayer-Teilkonzerne nicht hätten bezahlen können", sagt Knut Meierjürgen. Zumal es für eine Tankstelle ohne öffentlichen Zugang nur geringe Fördermittel gebe. Kosten zwischen 5.000 Euro für eine Biodiesel- und mehr als 150.000 Euro für eine Erdgas-Tankstelle errechnete 2006 der Teamleiter Fahrzeugpool.
Deutlich bessere Leasingangebote
Darüber hinaus boten vor zwei Jahren laut Knut Meierjürgen zu wenige Autobauer in allen Klassen Fahrzeuge mit alternativen Antrieben an. Ein Zustand, der sich mittlerweile deutlich verbessert habe und den Diplom-Ingenieur optimistisch stimmt. Zudem sei die Risikobereitschaft der angefragten Leasinggeber heute viel größer. "Die Leasingangebote sind deutlich besser als im Jahr 2006", erklärt Knut Meierjürgen. Auch beim Erdgas, dem der studierte Diplomingenieur mittelfristig die größte Zukunft prophezeit. "Die Restwerte sind hier heute schon 100 Prozent besser als 2006, die Leasingangebote auf dem Niveau eines Benziners."
Die Dienstleister haben also ihre Hausaufgaben gemacht und die Attraktivität des alternativen Sprits erhöht – aus ökonomischer Sicht. Mehr noch: Natürlich beschäftigt auch das Thema ökologische Nachhaltigkeit, das derzeit in aller Munde ist, einen Global Player wie die Bayer AG. Somit könnten die Chancen auf betriebseigene Erdgas-Tankstellen steigen – und bald aus einer Diplomarbeit eine neue Fuhrparkstrategie werden.
Patrick Neumann
- Ausgabe 5/2008 Seite 85 (510.2 KB, PDF)