Ergänzende Stellungnahme
Teil 6: Gutachterkosten | Gegnerische Versicherungen kürzen Schadensersatzpositionen häufig, selbst wenn ein Gutachten vorliegt. Der Geschädigte darf dann erneut die Expertise eines Sachverständigen einholen.
— Die Zeiten, in denen ein Gutachten an den Versicherer geschickt und die darin bezifferten Positionen reguliert wurden, sind lange vorbei. Nicht immer reicht die reine Nachforderung mit rechtlichen Argumenten, um gegen die „Prüfberichte“ anzukämpfen. Wenn kalkulierte Schadenbeträge von Reparaturkosten bis Wertminderung zusammengestrichen werden, hat der Geschädigte das Recht, den zuvor beauftragten Gutachter mit der Überprüfung der sogenannten „Kürzungsberichte“ erneut zu beauftragen.
Die Kosten für diese ergänzende Stellungnahme können ebenfalls über den Schadensersatz gemäß § 249 Bürgerliches Gesetzbuch vom Schädiger beziehungsweise von dem dahinter stehenden Kfz-Haftpflichtversicherer verlangt werden. Schließlich wurde sie erst durch die Kürzungen des Versicherers notwendig.
Zugunsten der Erstattungsfähigkeit der Kosten für eine ergänzende Stellungnahme haben beispielsweise im Laufe der Zeit folgende Gerichte entschieden:
Amtsgericht Wetter, Urteil vom 22.02.1987 (Az. 3 C 575/85)
Amtsgericht Dortmund, Urteil vom 29.02.1988 (Az. 114 C 604/87)
Amtsgericht Nürnberg, Urteil vom 02.05.2008 (Az. 34 C 365/05)
Amtsgericht Rheinberg, Urteil vom 24.04.2009 (Az. 12 C 676/07)
Amtsgericht Bad Schwalbach, Urteil vom 23.02.2010 (Az. 3 C 240/09 (2))
Amtsgericht Achern, Urteil vom 20.09.2011 (Az. 1 C 135/11)
Auch das Amtsgericht Frankfurt/Main hat mit Urteil vom 24. Juli 2009 (Az. 29 C 790/09-81) die Erstattungsfähigkeit treffend wie folgt begründet: „Wenn eine Versicherung eine Schadenregulierung nicht auf Grundlage eines mit der örtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung übereinstimmenden Gutachtens vornimmt, sondern auf Grundlage eines diese missachtenden Prüfberichts, steht es dem Geschädigten selbstverständlich offen, eine Prüfung hinsichtlich des Differenzbetrages zwischen Prüfbericht und Gutachten vornehmen zu lassen. Die gegenteilige Auffassung hätte zur Folge, dass Versicherungen stets ungerechtfertigte Abzüge vornehmen könnten, ohne sich einem höheren Kostenrisiko auszusetzen.“
Fazit | Eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen entspricht im Hinblick auf die durch die beklagte Partei zu niedrig kalkulierten Schadensersatzpositionen den berechtigten Interessen des Geschädigten an einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. Die Kosten dafür sind deshalb vom Versicherer zu erstatten. | Inka Pichler