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Werkstattbindung erlaubt?

29.04.2011 12:02 Uhr

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Gebrauchtwagengarantie

Werkstattbindung erlaubt?

Während durch die Gruppenfreistellungsverordnung bei herstellergebundenen Neuwagengarantien die freie Werkstattwahl ohne Garantieverlust geregelt wurde, ist die Lage bei Gebrauchtwagengarantien oder Garantieversicherungen bislang nicht eindeutig geklärt. Davon sind auch Flottenfahrzeuge mit längerer Nutzungsdauer u. U. betroffen. Ist eine Werkstattbindung zulässig? Die aktuelle Rechtsprechung.

Der BGH (Urteil vom 14. Oktober 2009, Az. VIII ZR 354/08) hat eine Werkstattbindungsklausel für unzulässig erklärt. Der Fahrzeugkäufer erhält in diesen Fällen eine Gebrauchtwagengarantie vom Verkäufer, welche üblicherweise durch eine ihr beigetretene Versicherungsgesellschaft versichert ist. In den Garantiebedingungen ist zumeist unter anderem vorgesehen, dass die vom Hersteller vorgeschriebenen oder empfohlenen Wartungs- oder Pflegearbeiten ausschließlich beim Verkäufer und Garantiegeber durchzuführen sind.

Die Richter erklärten eine solche Vertragsklausel wegen unangemessener Benachteiligung für unwirksam. Es besteht zwar durchaus ein Interesse des Verkäufers darin, die Kunden an seine Werkstatt zu binden, um derart die Auslastung seines Betriebes zu fördern. Dem Kunden ist es aber oft nicht zumutbar, die Wartungsarbeiten ausschließlich beim Verkäufer durchzuführen, etwa weil beispielsweise sein Wohnort weiter entfernt liegt und der mit der Fahrt zum Verkäufer verbundene Aufwand für den Käufer als unverhältnismäßig anzusehen ist.

Der Kläger erwarb von einer Autohändlerin einen zehn Jahre alten Pkw Mercedes-Benz C 280 mit einer Fahrleistung von 88.384 Kilometern. Die Verkäuferin gewährte dabei auf bestimmte Bauteile eine Garantie, der die Beklagte beitrat. Die Garantiebedingungen erlegen dem Käufer/Garantienehmer umfangreiche „Pflichten“ auf: Unter anderem muss er die vom Hersteller vorgeschriebenen oder empfohlenen Wartungs- oder Pflegearbeiten beim Verkäufer/Garantiegeber durchführen. Sofern dies zum Beispiel aus Entfernungsgründen nicht zumutbar ist, hat er vor der Beauftragung einer anderen Werkstatt eine entsprechende „Freigabe“ des Verkäufers/Garantiegebers einzuholen. Nach § 6 der Garantiebedingungen hat der Käufer eine Reparaturrechnung vorzulegen, aus der die ausgeführten Arbeiten, die Ersatzteilpreise und die Lohnkosten mit Arbeitszeitwerten im Einzelnen ersichtlich sind.

Der Kläger ließ im Dezember 2006 die 100.000-Kilometer-Inspektion von einer anderen Reparaturwerkstatt durchführen. Dabei wurde ein Motorschaden festgestellt. Der Kläger hat auf der Grundlage eines Kostenvoranschlags von der Beklagten die Zahlung von 1.077,55 Euro verlangt. Die Beklagte ist der Auffassung, sie sei von ihrer Leistungspflicht befreit, weil die 90.000-Kilometer-Inspektion nicht durchgeführt worden sei. Außerdem entstünden Ansprüche aus der Garantie erst mit der Durchführung der Reparatur und Vorlage der Reparaturrechnung. Mit der Klage hat der Kläger die Zahlung des geltend gemachten Betrages nebst Zinsen begehrt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht der Klage in Höhe von 1.000 Euro des Höchstbetrags der Garantie für Fahrzeuge dieses Alters – nebst Zinsen – stattgegeben. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Beklagte aus der übernommenen Garantie haftet. Die Beklagte ist nicht deswegen von ihrer Zahlungspflicht befreit, weil der Kläger die vom Hersteller vorgesehene 90.000-Kilometer-Inspektion nicht hat durchführen lassen. Denn die von der Beklagten verwendete Inspektionsklausel ist wegen unangemessener Benachteiligung der Garantienehmer gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

Schützenswerte Kundenbindung?

Demnach stellt sich – so das OLG Karlsruhe – (Urteil vom 11. April 2006, Az. 13 U 111/05) die Frage nach einem schützenswerten Kundenbindungsinteresse.

In einem mit der BGH-Entscheidung vergleichbaren Fall ging das OLG Karlsruhe davon aus, dass eine Klausel, die vorsieht, die Inspektionen durch eine vom Hersteller oder dem Versicherer des Verkäufers anerkannte Vertragswerkstatt durchführen zu lassen, rechtlich zulässig ist. Garantiegeber der Gebrauchtwagengarantie war der Verkäufer, der sich auf eigene Kosten bei einer Versicherungsgesellschaft rückversichert hatte.

Hier wurde vom Gericht ein schützenswertes Kundenbindungsinteresse des Verkäufers bejaht.

Nach einer Entscheidung des LG Kiel (Urteil vom 15. Juli 2008, Az. 12 O 25/08) wurde eine Klausel in einer Gebrauchtwagengarantie des Verkäufers dagegen für unzulässig befunden, wonach Ansprüche des Käufers auf Kostenerstattung aus der Garantie dann entfallen, wenn er die vom Hersteller empfohlenen Wartungs- oder Pflegearbeiten nicht beim Händler (Verkäufer) oder einer vom Hersteller anerkannten Vertragswerkstatt durchführt.

Das Gericht konnte hier kein legitimes Kundenbindungsinteresse des Verkäufers erkennen, da der Käufer die Arbeiten nicht nur beim Verkäufer hätte durchführen lassen können, sondern auch in einer Vertragswerkstatt des jeweiligen Herstellers. Der Fall wäre nach Auffassung des Gerichts anders zu beurteilen gewesen, wenn der Verkäufer die Garantieleistung von einer ausschließlichen Durchführung der Wartungsarbeiten bei ihm abhängig gemacht und die Klausel eine an die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung anknüpfende Einschränkung enthalten hätte.

Dem AG Rendsburg (Urteil vom 27. Juni 2005, Az. 11 C 146/059) lag eine ähnliche Klausel zur Prüfung vor. Es handelte sich um eine Gebrauchtwagengarantie vom Verkäufer, die durch eine Garantieversicherung abgesichert war. Nach der umstrittenen Klausel hatte der Käufer die vom Hersteller vorgeschriebenen oder empfohlenen Wartungs-, Inspektions- oder Pflegearbeiten ebenfalls beim Verkäufer oder in einer vom Hersteller anerkannten Vertragswerkstatt durchführen zu lassen. Der Käufer hatte mit dem Öl- und Luftfilteraustausch eine freie Werkstatt beauftragt. Als an dem Fahrzeug ein Fehler an der Bremsanlage auftrat, verweigerte der Verkäufer unter Hinweis auf Verstoß gegen die Bedingungen die Garantieleistungen. Nach Auffassung des Gerichts jedoch verliert der Käufer hier nicht seinen Garantieschutz, wenn er die Wartungsarbeiten in einer freien Werkstatt vornehmen lässt, da diese mit der Bremsanlage nichts zu tun hatten und die Fremdarbeiten somit nicht kausal für den Schaden waren.

An die Ursächlichkeit knüpft auch eine Entscheidung des AG Reutlingen (Urteil vom 21. Februar 2006, Az. 8 C 731/05) an. Danach kann ein Verkäufer als Garantiegeber nur dann die Leistung verweigern, wenn ein Verstoß gegen die Pflicht zur Vornahme der vorgeschriebenen Wartungsarbeiten in einer anerkannten Vertragswerkstatt auch ursächlich für den eingetretenen Schaden ist.

Eine generelle Aussage, dass eine Werkstattbindung in Gebrauchtwagengarantien unzulässig ist, lässt sich derzeit nicht treffen. Es ist eine Tendenz der Gerichte zu erkennen, die Werkstattbindung auch auf dem Gebrauchtwagensektor für unzulässig zu erklären.

Vollkasko mit Werkstattbindung

Ganz anders zu sehen ist der Abschluss einer Vollkaskoversicherung mit Werkstattbindung. Hier mag zwar die Ersparnis auf den ersten Blick recht hoch sein. Die mehrfachen Nachteile sind aber auf den ersten Blick nicht in vollem Umfang ersichtlich.

Die Werkstattbindung greift nur bei eigenen Kaskoschäden. Unfallopfer dürfen daher die Autowerkstatt frei wählen, weil sie den Versicherer des Unfallgegners in Anspruch nehmen.

Die Ersparnis bei einem „Vollkasko-Werkstatt-Tarif“ liegt nach einer Faustregel bei einem Beitragsnachlass von rund 20 Prozent. Grundsatz: Die Ersparnis für einen Fahrzeughalter, der ohnehin einen niedrigen Versicherungsbeitrag zahlt, weil er über einen hohen Schadensfreiheitsrabatt verfügt, ist deutlich geringer als für einen Fahrer mit geringem Schadensfreiheitsrabatt. Es macht für ihn schon aus finanziellen Gründen daher weniger Sinn, einen Versicherungstarif zu wählen, bei dem ihm die Kfz-Werkstatt für die Reparatur vorgeschrieben wird.

Nahezu alle Autoversicherer bieten besondere Werkstattbindungstarife an, denn hiermit lassen sich – insbesondere bei geringem Schadensfreiheitsrabatt – hohe Beträge einsparen. Bei einem derartigen Tarif bindet sich der Versicherungsnehmer an eine Partnerwerkstatt, um dort im Falle eines Schadens die Reparatur vornehmen zu lassen. Häufig kommen auch noch Serviceleistungen wie Abhol- und Bringservice und die Gestellung eines Ersatzfahrzeuges für die Dauer der Reparatur in Betracht.

Doch hier ist für Besitzer von neuen und jungen Autos Vorsicht geboten. Denn sie riskieren ihre Herstellergarantie, wenn sie einen Fahrzeugschaden nicht in einer vom Hersteller anerkannten Werkstatt reparieren lassen. Der BGH (Urteil vom 12.12.2007, Az. VIII ZR 187/06) hat bestätigt, dass keine unangemessene Benachteiligung der Kunden (§ 307 Abs. 1 BGB) vorliegt, wenn ein Fahrzeughersteller Neuwagenkäufern zusätzlich zu den gesetzlichen Gewährleistungsrechten formularmäßig eine Garantie für die Haltbarkeit des Fahrzeugs (hier eine Durchrostungsgarantie) einräumt. Der Autohersteller darf die Leistungen aus der Garantie zum Zweck der Kundenbindung von der regelmäßigen Wartung des Fahrzeugs in seinen Vertragswerkstätten abhängig machen.

Dr. Michael Ludovisy

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Anforderungen an die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage

Der Erlass einer Fahrtenbuchauflage von neun Monaten muss konkret am Einzelfall begründet werden, da der Bescheid ansonsten rechtswidrig ist. Es genügt nicht, auf die Änderung der üblichen Verwaltungspraxis zu verweisen. Für die Begründung ist die Schwere des ermittelten Verkehrsverstoßes heranzuziehen und das Verhalten des Fahrzeughalters maßgeblich. Bei Ermessensentscheidungen sind gemäß § 39 I S. 3 VwVfG die für die Abwägung maßgeblichen Erwägungen sowie die Gründe, die dazu geführt haben, dass bestimmten Gesichtspunkten der Vorrang gegeben wurde, anzugeben.

OVG Lüneburg, Aktenzeichen 12 LB 318/08, ADAJUR-Archiv

Missbräuchliche Ausgabe von Kurzzeitkennzeichen

Zur Verhinderung von Kennzeichenmissbrauch im Zusammenhang mit anderen Straftaten und zum Schutz des staatlichen Zulassungswesens belegt § 22 a I Nr.1 StVG jede Abgabe von Fahrzeugkennzeichen an Dritte ohne vorherige Anzeige an die zuständige Zulassungsstelle gemäß § 6 b StVG mit Strafe. § 22 a StVG erfasst auch die Kurzzeitkennzeichen nach § 16 II FZV. Unzutreffend ist auch die Auffassung der Rechtsprechung, wonach die Anzeigepflicht nach § 6 b StVG – und entsprechend auch die Strafvorschrift des § 22 a StVG –nur die Überwachung der Schilderhersteller betreffe und es nicht Sinn und Zweck der Vorschrift sei, die Weitergabe von amtlich zugelassenen Schildern grundsätzlich zu verhindern oder von einer vorherigen Anzeigepflicht abhängig zu machen. Der Anzeigepflicht des § 6 b StVG und damit auch der Strafnorm des § 22 a StVG unterliegt dem Wortlaut nach ausdrücklich ebenfalls derjenige, der Kennzeichen für Fahrzeuge herstellen, vertreiben oder ausgeben will.

OLG München, Aktenzeichen 4 STRR 171/10, DAR 2011, 151

Voraussetzungen für Nutzungsausfallentschädigung

Macht der Geschädigte einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung geltend, so ist er voll darlegungs- und beweispflichtig, dass der Nutzungsausfall auch tatsächlich vorgelegen hat. Die bloße Behauptung eines Zeitraums für die Reparatur des Fahrzeugs und der Vortrag, dass dieses wieder hergestellt ist, sind kein ausreichender Nachweis. Im Gegensatz zum Sachschaden, den der Geschädigte wegen seiner Dispositionsfreiheit auch fiktiv auf Gutachtenbasis abrechnen darf, kann er Ersatz für Nutzungsausfall nur verlangen, wenn und soweit ihm der Nutzungsausfall auch tatsächlich entstanden ist.

OLG Frankfurt/Main, Aktenzeichen 10 U 60/09, NZV 2010, 525

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Berechnung des merkantilen Minderwertes

Das Gericht ist bei der Schätzung gemäß § 287 ZPO nicht auf die Anwendung bestimmter Berechnungsmethoden für die Ermittlung des merkantilen Minderwertes festgelegt. Bei der Schadenschätzung sind Anschaffungs- und Wiederverkaufswert des Fahrzeugs, das Alter und die Schwere des Schadens zu berücksichtigen. Das Gericht ist im Rahmen seiner ihm zugestandenen Schätzung des Schadens gemäß § 287 ZPO auch nicht auf die Anwendung irgendwelcher, auf welcher Grundlage auch immer, entwickelter Methoden angewiesen. Der Fall ist insofern vergleichbar mit dem der Ermittlung angemessener Mietwagenkosten, wozu der BGH in seinen jüngsten Entscheidungen ausgeführt hat, dass der Tatrichter grundsätzlich nicht gehalten ist, sich an mehr oder weniger gängige Tabellen zu halten.

AG Aachen, 108 C 2/10, SP 2010, 439

Ersatz fiktiver Reparaturkosten

Ein Unfallgeschädigter kann (fiktiv) die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts in der Regel nur abrechnen, wenn er das Fahrzeug mindestens sechs Monate weiternutzt und es zu diesem Zweck, falls erforderlich, verkehrssicher (teil-)reparieren lässt. Vor Ablauf der Sechs-Monats-Frist kann der Geschädigte, der sein Fahrzeug tatsächlich repariert oder reparieren lässt, Reparaturkosten, die den Wiederbeschaffungswert nicht übersteigen, regelmäßig nur ersetzt verlangen, wenn er den konkret angefallenen Reparaturaufwand geltend macht.

BGH, Aktenzeichen VI ZR 35/10, BB, 2011, 257

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