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Lucid Air Touring: California Dreaming

12.09.2024 10:52 Uhr | Lesezeit: 5 min
Das Laden macht mit de Lucid Air Touring Spaß. 250 kW sind am gezeigten HPC möglich, 22 kW an den AC-Ladesäulen, wie sie in Deutschland innerstädtisch häufig vorhanden sind.
© Foto: Dani Heyne

Lucid ist ein US-Unternehmen mit dem Ziel, das beste E-Auto zu bauen. Wie gut das mit dem ersten Modell, dem Air, geklappt hat? Finden wir auf einer Testfahrt im Westen der USA heraus.

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Peter Rawlinson meint es ernst. Nach seinem Abgang bei Tesla, man munkelt, er hätte sich mit Big Elon überworfen, lautet sein ehrgeiziges Ziel: das beste E-Auto der Welt bauen zu wollen. Dafür heuerte er 2013 bei Lucid Motors an, einem Unternehmen, dass 2007 gegründet wurde. Damals unter dem Namen Atieva – mit dem Ziel, Akkus und Antriebsstränge für E-Autos zu produzieren.

Ab 2014 träumte man größer und begann, an einem eigenen E-Auto für die Oberklasse zu arbeiten. 2016 folgte die Umbenennung in Lucid Motors. Im selben Jahr wurde das Erstlingswerk vorgestellt. Der Lucid Air. Eckdaten: Viertürige Luxus-Limousine, knapp fünf Meter lang, bis zu 1.251 PS stark, pfeift in zwei Sekunden von Null auf Hundert und kommt auf einen sehr geringen Cw-Wert von 0,197. Reichweite: Je nach Ausführung von 648 bis 839 Kilometer. Preis? Ab 71.430 Euro (netto).


Lucid Air Touring

Lucid Air Touring fahrend von der Seite mit Windrädern im Hintergrund im Westen der USA Bildergalerie

Obacht Mercedes EQE, hier kommt der Lucid Air

Vor uns steht der Air Touring – mit 628 PS, Allradantrieb, 20 Zöllern, 660 Kilometer kombinierte Reichweite nach WLTP. Topspeed: 225 km/h. Im zu unterzeichnenden Kaufvertrag: mindestens 83.000 Euro. Klingt interessant – drehen wir eine Runde.

Was sofort auffällt: Der Air streckt sich auf 4,98 Meter, was ungefähr Mercedes EQE-Format bedeutet. Sein Innenraum kann es jedoch locker mit dem EQS aufnehmen. Vorn sitzt es sich bequem und luftig, die Übersicht passt. Hinten erinnert die Beinfreiheit eher an Limousinen-Langversion. Wie das? Nun: Lucid baut fast alle Komponenten des Antriebs selbst – und bestimmt damit nicht nur Leistung und Gewicht, sondern auch die Kompaktheit der Bauteile. Um es greifbarer zu machen: Die komplette Antriebseinheit des Lucid Air (Permanentmagnet-Synchronmotor, Inverter, Einganggetriebe und Differenzial) passt in einen Handgepäckskoffer und wiegt 74 Kilogramm. Damit können sie den Raum natürlich optimal ausnutzen. Erwähnt sei noch, dass es nicht nur einen großen Kofferraum (627 Liter) gibt, sondern auch einen XL-Frunk mit 283 Litern – der Mercedes EQE bietet lächerliche 430 Liter, der EQS hinten ähnlich viel, vorne nichts bei 25 Zentimetern Längenplus.

Lucid Air Touring Innenaufnahme von schraeg hinten mit Fahrer
Viel Platz und eine vernünftig gemachte Bedienung zeichnen den Innenraum des Lucid Air aus.
© Foto: Dani Heyne

Der Lucid Air ist gut fahrbar und „bedienbar“

Das Cockpit dominieren Leder, Holz und – wie sollte es anders sein – zwei große Displays. Erfreulich: Klima und Co lassen sich noch über Tasten bedienen. Der zentral angeordnete Berührungsbildschirm spuckt zügig mehrere Routenvorschläge mit passenden Ladestopps aus. Leise rollen wir los, der Air liegt ruhig und satt, kein Knistern. Obwohl sein Name etwas anderes erwarten lässt, ist keine Luftfederung an Bord, sondern adaptive Dämpfer. Und die machen einen erstaunlich guten Job: In „Smooth“, dem weichsten der drei Fahrmodi, gleitet die Limousine sanft über die oft miserablen amerikanischen Straßen. Nur ein leichtes Querfugen-Holpern kann er sich mit den 20 Zöllern nicht verkneifen. Die Lenkung übersetzt knackig, bleibt lange neutral – und der niedrige Schwerpunkt kaschiert fahrdynamisch ganz wunder- bar das Gewicht von fast 2,3 Tonnen. Allerdings ist das Batteriepack 92 kWh groß, daher schneidet der Air im direkten Vergleich sogar richtig gut ab. Ein Mercedes EQS wiegt mindestens 300 Kilogramm mehr.

Wird in der Mittelkonsole der Sprint-Modus aktiviert, geht’s rasant vorwärts. Dann drückt der Air Touring mit 629 PS nach vorn. Wuuuuschhhhh. Der Punch wirkt brutal. Als würde die Limousine wie ein Pfeil nach vorn sausen. Kein Wunder, die beiden Permanentmagnet-Synchronmotoren drücken zusammen ja auch mit 1.200 Newtonmeter Drehmoment auf die Achsen. Die Dämpfer stellen sich dabei straff, wodurch der Fünf-Meter-Stromer agil, stabil und wankarm durch die milden Kurven Richtung LA huscht. Beeindruckend, aber auch kostspielig: Der Sprint hat uns rund 35 Meilen Reichweite gekostet.

Die Effizienzmaßnahmen beim Lucid Air Touring

Die Route führt über den Highway 101 nördlich am Herzen von Los Angeles vorbei, eine der Hauptadern der Metropole, die gewaltig pulsiert. Auf vier Spuren herrscht Gewusel. Dabei wird die E-Mobilität sichtbar. Vor allem in Form von Tesla. Lucid tut also gut daran, das Portfolio bunter werden zu lassen. Vor allem, weil die Marke nicht nur Luxus, sondern auch Effizienz im Fokus hat. An den schweren Akkus kann man aktuell nichts ändern, an Fahrwiderständen dagegen schon. Lucid will sie maximal klein halten und setzt dafür einige Ideen um: Am glatten Unterboden finden sich mächtige Luftleitfinnen, es gibt Luftvorhänge (Air Curtains) und zwei Luftaustritte an der Fronthaube, um die Einbuchtung der Lichtleiste windmäßig vom Segel zum Gleiter zu machen.


Steckbrief Lucid Air

Der Lucid Air ist das erste Auto von Lucid Motors.
Eine Luxus-Limousine im 5-Meter-Format.
Vier Ausstattungsversionen gibt’s: Pure, Touring, Grand Touring und Sapphire.
Pure besitzt Heckantrieb, die anderen drei haben Allradantrieb.

Startpreis für den Air Pure mit 442 PS und 747 km Reichweite (WLTP): 85.000 Euro (brutto).



Lucid verspricht 250 kW

Der erste Ladestopp klappt tadellos. Das Navigationssystem lotst uns zu einer Mall, direkt neben dem Highway. Vier Schnelllader gibt’s auf dem großen Parkplatz, zwei sind frei. Angestöpselt, füllt sich der Air mit 148 kW den Akku. Lucid verspricht beim Air Touring eine maximale Ladeleistung von 250 kW. Klug: Die Batterie kann über das Navigationssystem vorkonditioniert werden. Die größeren Batterievarianten des Air vertragen bis zu 300 kW Ladeleistung – bei einer Betriebsspannung von bis zu 924 Volt. Mit Wechselstrom lädt die Limousine in rund fünf Stunden bis 100 Prozent dank serienmäßigem 22-kW-On-Board-Lader.

Unser Roadtrip endet auf einem Parkplatz am Meer. Surfer sitzen auf alten Pick-ups, ein Mustang grummelt vorbei. Neben uns parkt ein Tesla Model S, der Fahrer nickt interessiert herüber. Auch hier ist ein Lucid (noch) eine Seltenheit. Ob sich das ändern wird? Das Unternehmen bucht noch keine Gewinne. Im Gegenteil: Man rechnet für 2024 mit wachsenden Investitionsausgaben im Umfang von 1,5 Milliarden US-Dollar. Daraufhin hat der bei Lucid eingestiegene saudische Staatsfonds PIF (ja, auch die sind an E-Mobilität interessiert) eine weitere Milliarde Dollar nachgeschossen. Das bringt Luft zum Denken und Atmen – nicht unwichtig im Autobusiness. Fakt ist: Das Erstlingswerk von Lucid wirkt klug konzipiert, nutzt seinen Raum sehr gut aus, umschmeichelt einen mit Luxus – und fährt kraftvoll und effizient. Kurz: Die Richtung stimmt. Jetzt muss sich die Marke noch etablieren.


Lucid Air Touring 92 kWh

Preis ab 99.000 € (brutto)
Zwei permanenterregte Synchron-E-Motoren
Allradantrieb | 462 kW/628 PS | 1.000 Nm 3,6 s | 225 km/h
Akkukapazität 92 kWh (brutto)
Reichweite 648–725 km
WLTP-Verbrauch 14.1 kWh/100km
Ladeperformance AC 22 kW | DC 250 kW
900-Volt-Technologie
Maße 4.975 x 1.936 x 1.417 mm
Kofferraum 627 Liter (Heck) + 283 Liter (Frunk)
Garantie 2 Jahre



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