-- Anzeige --

Der "Türöffnerfall" im Verkehrsunfallrecht

01.07.2019 06:00 Uhr

Jeder Fuhrparkleiter hat bestimmt schon folgenden Fall erlebt: Ein Firmenfahrzeug fährt und kollidiert mit einer sich öffnenden Beifahrertür eines parkenden Kfz. Ärgerlich bereits vor dem Hintergrund, dass jeder Verkehrsunfall im Fuhrpark Zeit und Geld kostet.

-- Anzeige --

Bisher war aber gerade diese Konstellation besonders nervenaufreibend, da in der Rechtsprechung strittig war, ob hierfür die Kfz-Haftpflichtversicherung des türöffnenden Kfz eintrittspflichtig ist oder doch die Privathaftpflichtversicherung des Insassen, der die Fahrzeugtüre geöffnet hat. Dies hatte häufig zur Folge, dass man quasi von einem Versicherer zum nächsten, also von Pontius zu Pilatus, geschickt wird und sich eine Regulierung erheblich verzögerte. Der Kfz-Haftpflichtversicherer verwies die Geschädigten oftmals an den Insassen oder dessen Privathaftpflichtversicherer mit der Argumentation, dass es sich hierbei nicht mehr um die Betriebsgefahr des Kfz handelt. Der Privathaftpflichtversicherer hingegen verweise häufig an den Kfz-Haftpflichtversicherer mit dem Hinweis auf die sogenannte Benzinklausel¹) zurück.

EuGH, Urteil vom 15.11.2018 - C-648/17

Hierzu hat der Europäische Gerichtshof nun in einem Vorlageverfahren per Urteil entschieden, dass in einem Fall, in dem der Mitfahrer eines auf einem Parkplatz geparkten Fahrzeugs beim Öffnen von dessen Tür an das daneben geparkte Fahrzeug stößt und es beschädigt, unter den Begriff "Benutzung eines Fahrzeugs" fällt.

Damit sollte die Rechtslage endgültig geklärt sein, dass die Kfz-Haftpflichtversicherung (KH) eintrittspflichtig ist. Dies ist auch konsequent, wenn man sich das nationale Recht ansieht. So deckt nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG iVm mit § 1 PflVG (Pflichtversicherungsgesetz) die Kfz-Haftpflichtversicherung den durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Schaden. Der "Gebrauch des Kraftfahrzeugs" in diesem Sinne schließt den "Betrieb" des Kraftfahrzeuges im Sinne des § 7 StVG ein.

Fazit:

Das Türöffnen durch einen Beifahrer ist Fahrzeuggebrauch nach der KH-Richtlinie. Damit gehören zur Benutzung eines Kfz auch Schäden, die durch das Aussteigen eines "Mitfahrers" verursacht worden sind. Sie können sich mithin in derart gelagerten Fällen an die Kfz-Haftpflichtversicherung wenden und müssen sich nicht an den Insassen oder den eventuell dahinter stehenden privaten Haftpflichtversicherer verweisen lassen.

Inka Pichler-Gieser, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verkehrsrecht, Kanzlei Kasten & Pichler

1) Privathaftpflichtversicherungsverträge beinhalten die sogenannte Benzinklausel (auch unter Kraftfahrzeugklausel bekannt). Diese schließt die Deckung für Schäden aus, die durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursacht werden. Diese Klausel in der Privathaftpflichtversicherung soll eine Überschneidung mit der Kfz-Haftpflichtversicherung und somit eine Doppelversicherung ausschließen.

-- Anzeige --
-- Anzeige --

MEISTGELESEN


-- Anzeige --

STELLENANGEBOTE


-- Anzeige --
KOMMENTARE

SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --
WEITERLESEN



NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


Autoflotte ist die monatlich erscheinende Fachzeitschrift für den Flottenmarkt im deutschsprachigen Raum. Zielgruppe in diesem wachsenden Markt sind die Fuhrpark-Entscheider in Unternehmen, Behörden und anderen Organisationen mit mehr als zehn PKW/Kombi und/oder Transportern. Vorstände, Geschäftsführer, Führungskräfte und weitere Entscheider greifen auf Autoflotte zurück, um Kostensenkungspotenziale auszumachen, intelligente Problemlösungen kennen zu lernen und sich über technische und nichttechnische Innovationen zu informieren.