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Dienstlich unter Strom

01.03.2021 06:00 Uhr
Dienstlich unter Strom

Pedelec, S-Pedelec, Elektro-Lastenrad. Der alte Drahtesel hat in den vergangenen Jahren eine erstaunliche Elektrifizierung erlebt. Auch für Flottenbetreiber ergeben sich dadurch viele neue Möglichkeiten.

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Während die Automobilindustrie, Stromanbieter und Politik beim Ausrollen der Elektromobilität noch Henne und Ei spielen, hat die Fahrradbranche diesen Schritt bereits vollzogen. Seit mehr als zehn Jahren steigt der Anteil der mit einem Elektromotor ausgerüsteten Fahrräder stetig an: Im ersten Halbjahr 2020 hatte in Deutschland jedes dritte verkaufte Rad einen solchen Antrieb¹ - und die Trendkurve zeigt weiter steil nach oben. Nach sirrenden Stadt- und Tourenrädern sowie den vor Leistung nur so strotzenden E-Mountainbikes sind derzeit flüsterleise Lastenräder an der Reihe. Im privaten Umfeld hat sich das Elektrofahrrad rasch durchgesetzt, aber auch für Flottenbetreiber ergibt sich eine Vielzahl möglicher Anwendungen.

Win-win-Situation

Wird die Kurzstrecke zwischen A und B statt mit dem Auto mit einem Elektrofahrrad zurückgelegt, führt das zu einem deutlich geringeren CO2-Ausstoß: Geht man - zusätzlich zur eigenen Muskelkraft - von einem Energieverbrauch von einer Kilowattstunde (kWh) pro 100 Kilometer aus, liegt der CO-Ausstoß eines Elektrofahrrads bei rund vier Gramm pro Kilometer. Zum Vergleich: Der batterieelektrische Volkswagen ID.3 stößt je nach Ausstattung aufgrund seines WLTP-Stromverbrauchs von 13,5 bis 15,4 kWh pro 100 Kilometer mehr als die zehnfache Menge CO2 aus - 54 bis 61,7 Gramm pro Kilometer. Die errechneten CO2-Werte basieren jeweils auf der Angabe des Umweltbundesamtes zum deutschen Strommix 2019 (401 g/kWh).

Die Umwelt hat angesichts des Elektrofahrrad-Booms also Grund zur Freude. Aber auch für die Mitarbeiter ergeben sich Vorteile, auf die es sich zu schauen lohnt: Häufig sind sie schneller, entspannter und mit mehr Freude unterwegs als mit dem Auto. Gerade während des Berufsverkehrs bleiben Autofahrer gerne mal im Stau stecken. In den meisten Fällen läuft es auf Radwegen und ausgewiesenen Fahrradstraßen rund um die Uhr flüssig. Zusätzlich kommen Besuche bei der Tankstelle und die nervige Parkplatzsuche am Zielort im Terminkalender eines Radlers schlicht und einfach nicht vor. Die Bewegung im Sattel baut zudem Stress ab, verbrennt Kalorien und steigert das seelische Wohlbefinden. Anders ausgedrückt: Der Spaßfaktor sollte keinesfalls unterschätzt werden. Pendler können das bestätigen.

Zig Anwendungsfälle

Der morgendliche Weg zur Arbeit und die Heimfahrt nach Feierabend ist jedoch nicht der einzige Anwendungsfall für Elektrofahrräder. Auch während der Arbeitszeit können sie eingesetzt werden und sich positiv auf die Effizienz auswirken. Waghalsige Fahrradkuriere in den Metropolen machen es seit Jahrzehnten vor - auch ohne Elektro-Unterstützung: Der Zeitgewinn steht hier an oberster Stelle. In den letzten Jahren haben zahlreiche Pizza-Lieferdienste ihre Kleinwagen durch E-Roller oder elektrisch unterstützte Zweiräder ersetzt. Gleiches gilt für das kulinarisch etwas höher angesiedelte Lieferangebot. Doch auch die Architektin, die tagsüber mehrere Baustellen im Stadtgebiet besuchen muss, der IT-Techniker, der zu einem dringenden Auftrag gerufen wird, oder die Mitarbeiter von Pflegediensten könnten ihren Arbeitsalltag mit einem Elektrofahrrad deutlich angenehmer gestalten.

Gute Ergänzung

Auf einem weitläufigen Werksgelände fühlen sich Elektrofahrräder ebenfalls wohl - als Alternative oder gute Ergänzung zu einem bestehenden Bus-Shuttle-Service, wie in BMW in München anbietet. Wer schon einmal in Ingolstadt bei Audi zu Gast war, könnte dort die an den Werkstoren parkende Leihfahrrad-Flotte erblickt haben: Die etwas in die Jahre gekommenen Damenfahrräder werden allerdings nur von hochmotivierten Überzeugungstätern genutzt, während sie die Mehrzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eher meidet. Kein Wunder: Denn wer kommt schon gerne verschwitzt und ausgepowert im Besprechungsraum an? Ein elektrischer Hilfsmotor könnte hier Abhilfe schaffen und die langen Wege innerhalb des Werks zu einem freudebringenden Frischluft-Erlebnis werden lassen.

Auch bei der BASF in Ludwigshafen, einer Vorreiterin des Dienstrads, stehen die Zeichen auf Strom: Zusätzlich zu den rund 15.000 rot lackierten Mitarbeiter-Fahrrädern sind mittlerweile mehr als 750 weiße Elektrofahrräder unterwegs. Auf dem Werksgelände gibt es ein 15,4 Kilometer langes Radwegenetz, es herrscht Helmpflicht. Aus versicherungsrechtlichen Gründen dürfen die BASF-Räder nur für Dienstfahrten benutzt werden. Das Pendeln zwischen Arbeitsplatz und Wohnort zählt nicht dazu, wird aber offensichtlich nicht kontrolliert: Rote und weiße BASF-Räder gibt es im gesamten Stadtgebiet von Ludwigshafen zu entdecken.

Die neue Lust an Lasten

Fahrrad fahren schön und gut, aber wohin mit dem Akten- oder Werkzeugkoffer? Auf unterschiedliche Anwendungsfälle spezialisierte Start-ups bieten ihre durchdachten Entwicklungen zum Warentransport auf zwei oder drei Rädern an, und auch etablierte Massenhersteller wie Cube drängen inzwischen mit eigenen E-Cargobikes auf den Markt. Der Umstieg auf die mit einem leistungsstarken Hilfsmotor ausgestatteten Lasten-Drahtesel lässt sich in immer mehr Städten beobachten: Logistikunternehmen entdecken die Vorteile auf der letzten Meile, Handwerksbetriebe nehmen E-Lastenräder in ihren Fuhrpark auf, und selbst etablierte Carsharing-Anbieter ergänzen ihre Flotte mit Cargobikes.

Von ultrakompakten einspurigen Exemplaren, die sich zusammengeklappt in jedem Kofferraum mitnehmen lassen (z.B. PaxBernds oder das größere PackBernds) bis hin zu zweispurigen Trumms mit ausgefeilter Pendelachse (z.B. Butchers & Bicycles Mk1-E, Sortimo ProCargo CT1) hält der Markt inzwischen alle denkbaren Konsruktionen bereit. Auch wer besonders schwere Lasten zu bewegen hat, wird fündig. So genannte E-Schwerlastfahrräder und dazu passende Anhänger werden vom Bund mit 30 Prozent (bis 2.500 Euro) der Anschaffungskosten gefördert. Eine ständig aktualisierte Übersicht über die Kaufprämien von Bund, Ländern und Gemeinden bietet die Website cargobike.jetzt².

E wie unterschiedlich

Elektrofahrrad ist nicht gleich Elektrofahrrad. Der landläufige Begriff E-Bike etwa führt in die Irre, da unter einem E-Bike im engeren Sinne ein mit einem Elektro-Mofa vergleichbares Fahrrad gemeint ist (siehe Seite 36/37). Im Gegensatz zu Pedelec und S-Pedelec lässt sich diese Spezies auch fahren, ohne dass selbst in die Pedale getreten werden muss: Die Betätigung eines Drehgriffs oder Schaltknopfs genügt, um den Elektromotor (max. 500 W, höchstens 20 km/h) zum Leben zu erwecken. Solche E-Bikes sind hierzulande eher selten. Sie gelten als Kleinkraftrad, weshalb mindestens ein Mofa-Führerschein, ein Versicherungskennzeichen und eine Betriebserlaubnis erforderlich sind.

Weitaus häufiger sind die vom Volksmund als E-Bike bezeichneten Pedelecs. Innerhalb der Europäischen Union gilt ein Elektrofahrrad als Pedelec, wenn es hauptsächlich über die Pedale angetrieben wird und der Motor (max. 250 W, höchstens 25 km/h) nur unterstützend tätig wird. Die Formel lautet also: ohne Muskeleinsatz keine zusätzliche Elektro-Power. Als kleine Ausnahme sei hier die für einige E-Motoren verfügbare Schiebehilfe genannt, die einen bis Tempo 6 km/h beim Schieben des Elektrofahrrads unterstützt.

Eine Sonderklasse bilden die so genannten S-Pedelecs, die nach dem gleichen Prinzip wie Pedelecs arbeiten. Ihr E-Motor (max. 4.000 W, höchstens 45 km/h) bietet allerdings ein Vielfaches an Leistung, womit auch andere Vorschriften gelten. Das S-Pedelec wird wie ein Kleinkraftrad mit Verbrennungsmotor behandelt und braucht neben einer Betriebserlaubnis auch ein Versicherungskennzeichen. Daraus folgt, dass für die schnelle Sause mindestens eine Fahrerlebnis der Klasse AM nötig ist und von Amts wegen "ein geeigneter Schutzhelm" getragen werden muss. Interessant für Fuhrparkmanager, die sich jährlich um die UVV-Fahrzeugprüfung und die Fahrerunterweisung nach UVV kümmern: Für S-Pedelecs und E-Bikes im engeren Sinne greift die Halterpflicht im vollen Umfang. Nur das Pedelec gilt rechtlich als ganz normales Fahrrad und darf uneingeschränkt auf Radwegen benutzt werden.

1) Quelle: ZIV, https://www.ziv-zweirad.de/fileadmin/redakteure/Downloads/PDFs/PM_2020_02.09._Fahrradmarkt_Stimmungsbarometer_1._HJ_2020.pdf

2) Quelle: https://www.cargobike.jetzt/tipps/cargobike-kaufpraemien/

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