Dienstwagennutzung bei Krankheit
Zurückgeben oder behalten? | Wenn es um die Nutzung des Dienstwagens im Krankheitsfall geht, sind die meisten Fahrzeugberechtigten überfragt. Dabei sind die Regelungen ziemlich klar.
— Dem Großteil der Dienstwagennutzer ist im Detail bekannt, ob und unter welchen Rahmenbedingungen sie ihren Dienstwagen privat nutzen dürfen. Auch werden fast alle noch eine mehr oder weniger genaue Vorstellung davon haben, was mit dem Dienstwagen bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschieht. Gänzlich überfragt aber sind viele, wenn es um die Dienstwagennutzung im Krankheitsfall geht.
Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf die Überlassung eines Dienstwagens kann sich nur aufgrund einer vertraglichen Regelung im Arbeitsvertrag ergeben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Formularverträge nach den §§ 305 ff. BGB in die gesetzliche AGB-Kontrolle mit einbezogen werden.
Dem Arbeitnehmer wird in der Regel ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt, den er auch zu privaten Zwecken nutzen darf. Die Einzelheiten der Nutzungsüberlassung und die Bedingungen ergeben sich meist aus einer dem Arbeitnehmer ausgehändigten Dienstwagenordnung, die Gegenstand seines Arbeitsvertrages ist.
Häufig wird eine Dienstwagenordnung vom Arbeitgeber für alle Fallkonstellationen der Überlassung eines Dienstwagens im Unternehmen verwendet. In diesem Fall handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. d. §§ 305 ff. BGB.
Beendigung der Überlassung | In vielen Dienstwagenordnungen finden sich sogar – in der Regel unter Vorschriften zur Beendigung der Überlassung – Ausführungen zur Handhabung bei Erkrankung des Mitarbeiters. Zum Beispiel:„Im Fall einer Erkrankung des Arbeitnehmers ist er zur Rückgabe des Dienstwagens verpflichtet, wenn die Dauer der Erkrankung den Entgeltfortzahlungszeitraum von bis zu sechs Wochen überschreitet. Die Rückgabeverpflichtung besteht auch im Fall einer dem Arbeitnehmer gewährten teilweisen oder vollständigen Erwerbsunfähigkeitsrente für die Dauer ihrer Bewilligung.“ Eine solche Formulierung passt nur auf den gesetzlichen Regelfall, ansonsten wäre sie individuell anzupassen.
Im Krankheitsfall hat der Arbeitnehmer in der Regel nach § 3 Abs. 1 EFZG Anspruch auf Entgeltfortzahlung für einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen. Vertraglich sind auch andere Zeiträume denkbar. Die Gestattung der Nutzung eines Dienstwagens „auch“ für private Zwecke gehört zu dem fortzuzahlenden Arbeitsentgelt i. S. v. § 4 EFZG. Die Nutzung ist damit zu einem Bestandteil des Gehaltes geworden. Nach dem Ablauf des Zeitraumes der Entgeltfortzahlung (wie auch immer dieser gegebenenfalls vertraglich gefasst ist), insbesondere also bei lang andauernder Erkrankung, ist der Dienstwagen an den Arbeitgeber herauszugeben (so weit die Rechtsprechung bisher, LAG Köln, Az. 7 Sa 788/09, und LAG Baden-Württemberg, Az. 15 Sa 25/09)
Diese zulässige Verfahrensweise ist nicht zu verwechseln mit oft unzulässigen, weil die Regelungen einer Änderungskündigung unterlaufenden Widerrufsvorbehalten.
Nur scheinbar einfacher stellt sich nämlich die Rechtslage dar, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer von vornherein eine Dienstwagen-Überlassungsvereinbarung mit Widerrufsvorbehalt getroffen haben. Hier stellt sich die Frage, ob die Vereinbarung eines Widerrufsrechts wirksam ist oder eine unzulässige Umgehung des (Änderungs-)Kündigungsschutzes darstellt. Daher sollte die Ausgestaltung des Widerrufsrechts in der Dienstwagen-Überlassung im Detail nicht ohne anwaltliche Beratung erfolgen.
Die Verpflichtung, den Firmenwagen im Krankheitsfall herauszugeben, gilt nach verbreiteter Auffassung auch ohne eine entsprechende vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien.
Unberechtigter Entzug | Gleich wie, ob vertraglich oder nach allgemeinen Grundsätzen beurteilt, gilt, dass dem Arbeitnehmer bei einem unberechtigten Entzug des Dienstwagens durch den Arbeitgeber ein Anspruch auf Nutzungsausfall zusteht. Er kann einen Schadensersatz wegen entgangener privater Nutzung des ihm überlassenen Fahrzeugs gemäß § 275 Abs. 1 in Verbindung mit § 280 Abs. 1 Satz 1, § 283 Abs. 1 BGB geltend machen.
Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (BAG) (Urteil vom 14.12.2010, Aktenzeichen 9 AZR 631/09) steht mangels anderer Vereinbarung in der Regel einem Arbeitnehmer kein Anspruch zur Privatnutzung des Dienstwagens für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums zu.
Die private Nutzung eines Dienstwagens als geldwerter Vorteil ist steuer- und abgabenpflichtiger Teil des geschuldeten Arbeitsentgelts und damit Teil der Arbeitsvergütung. Die Gebrauchsüberlassung ist hierbei in der Regel eine zusätzliche Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung (BAGE Bd. 130, 101). Damit aber ist sie nur so lange geschuldet, wie der Arbeitgeber überhaupt Arbeitsentgelt leisten muss, und sei es – wie im Krankheitsfall – ohne Erhalt einer Gegenleistung (BAGE Bd. 96, 34). Dieser Grundsatz gilt, solange die Parteien (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) nicht durch besondere Vereinbarungen – etwa zugunsten des Mitarbeiters – davon abweichen.
Gehalt und sonstige Zuwendungen | Nun unterscheiden viele Arbeitsverträge zwischen Gehalt und „sonstigen Zuwendungen“. Aber auch dieser Umstand führt nicht zu einer anderen Sichtweise. Daraus folgt nach Ansicht des BAG nicht, dass die private Nutzung des Autos eine von der Arbeitsleistung unabhängige Sonderzuwendung sein soll. Selbst bei einer bewusst gewollten Trennung zwischen Gehalt und Sonderzuwendung bedeutet dies nicht, dass alle Zuwendungen, die nicht Bestandteil des monatlichen Tarifgehalts sind, unabhängig von der Arbeitsleistung und unabhängig vom Bestehen eines Entgelt- oder Entgeltfortzahlungsanspruchs weiter zu leisten sind.
Ein „Risiko“ für den Arbeitgeber kann dadurch entstehen, dass er beispielsweise die Nutzung des Dienstwagens über den Entgeltfortzahlungs-Zeitraum hinaus duldet. In einer solchen Verhaltensweise des Arbeitgebers könnte eine konkludente Vereinbarung über eine gewollte weitere Nutzung des Dienstwagens gesehen werden, wobei es jedoch jeweils auf die Umstände des Einzelfalles ankommt, insbesondere auf weitere Indizien, die neben der bloßen Weiternutzung auf einen derartigen Willen der Parteien schließen lassen.
Die Auslegung einer solchen nichttypischen Willenserklärung würde zudem grundsätzlich den Tatsachengerichten unterliegen. In der täglichen Praxis besteht zu diesem Thema zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dringender Regelungsbedarf.
Im Fall einer insbesondere zeitlich befristeten teilweisen oder vollständigen Erwerbsunfähigkeit des Arbeitnehmers wird der Bestand des Arbeitsverhältnisses – vorbehaltlich abweichender Regelungen in Tarifverträgen – nicht berührt. Das BAG geht in seiner bisherigen Rechtsprechung davon aus, dass auch von einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses in dieser Zeit nicht auszugehen ist (BAG, NZA 1996, 542). Da der Arbeitnehmer möglicherweise noch in der Lage ist, seine Arbeitsleistung teilweise zu erbringen, sollte die Möglichkeit der Entziehung der privaten Nutzung in der Dienstwagenvereinbarung schon von Anfang an geregelt werden. Dies schützt vor späteren Auseinandersetzungen im Krankheitsfall des Arbeitnehmers. | Dr. Michael Ludovisy
Fahrverbot | Nicht bei Änderung des Lebenswandels seit dem Tatzeitpunkt
– Auch wenn ein Fahrverbot für den Betroffenen nicht den Verlust der beruflichen Existenz bedeutet und damit keine außergewöhnliche Härte darstellt, kann ein seit der Tat erfolgter Wandel der Lebensführung wegen des Übermaßverbots und mangelnder Erforderlichkeit einer Verhängung entgegenstehen.
Im verhandelten Fall hatte der Betroffene vorher regelmäßig Drogen konsumiert, lehnte dies aber nun ab und ließ seine Drogenabstinenz auch unabhängig überprüfen, was er bezahlen musste. Es ist anerkannt, dass ein Fahrverbot seine Warnungs- und Besinnungsfunktion nur erfüllen kann, wenn es sich in einem angemessenen zeitlichen Abstand zur Tat auf den Täter auswirkt, das heißt nach großem zeitlichen Abstand nicht mehr. Ein solcher Bruch im Leben, wie ihn der im entschiedenen Fall Betroffene bewusst vollzogen hatte, stellt indes noch eine größere Differenz zwischen Tatzeitzustand und Istzustand dar, als ein bloßer Zeitablauf bewirken kann. Ein Fahrverbot wäre daher sinn- und zweckfrei.
AG Zeitz, Az. 13 OWI 721 JS 204479/13, BA 2013, 312
Unzulässige Abzüge | Recht auf Einschaltung eines Anwalts
– Wenn der Schädiger unzulässige Abzüge beim Schadensersatz vornimmt, kann der Geschädigte, etwa bei einem Verkehrsunfall, einen Rechtsanwalt einschalten und bekommt die außergerichtlichen respektive vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren erstattet. Dies gilt auch dann, wenn für den Erstbrief noch kein Rechtsanwalt nötig gewesen wäre, weil es sich um einen einfach gelagerten Fall handelt, und der Geschädigte ein professioneller Fuhrparkbetreiber oder Autovermieter ist.
Allerdings bekommt der Unfallgeschädigte dann nur bezüglich des zu Unrecht von der Versicherung des Schädigers gekürzten Teils die Anwaltsgebühren erstattet. Verbringungskosten sind in aller Regel erstattungsfähig. Sie können jedenfalls nicht isoliert und ohne Betrachtung der Gesamtkalkulation gestrichen werden.
AG Stuttgart, Az. 41 C 5302/11, NZV 2012, 493
Nutzungsausfall | Kein Anspruch bei fehlendem Nutzungswillen
– Hat ein Geschädigter nach einem Unfall ein Jahr und neun Monate mit der Anschaffung eines Ersatzwagens oder einer Reparatur gewartet, sind der Nutzungswille und Anspruch auf Nutzungsentschädigung zu verneinen.
Ein Nutzungswille fehlt, wenn der Geschädigte nach einem Unfall, der zur Verkehrsuntauglichkeit seines Wagens geführt hat, längere Zeit keinen Ersatz angeschafft hat. Dieser muss während der notwendigen Wiederbeschaffungsdauer nach dem Unfall gegeben sein.
OLG Frankfurt am Main, Az. 4 U 164/12, SP 2013, 254
Diebstahl | Kürzung der Versicherungsleistung bei grober Fahrlässigkeit
– Ein Vollkaskoversicherer kann seine Leistung wegen grober Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers um 50 Prozent kürzen, wenn diesem der Zweitschlüssel seines Fahrzeugs gestohlen wird, er dieses weiterhin im öffentlichen Verkehrsraum abstellt, lediglich eine Lenkradkralle anbringen lässt, keine Umprogrammierung des Schlosses vornimmt und der Wagen dann entwendet wird.
Unterlässt der Versicherungsnehmer eine Anzeige gegenüber dem Versicherer wegen Entwendung des Zweitschlüssels, ist dieser zu einer weiteren Kürzung von 25 Prozent berechtigt.
LG Hechingen, Az. 1 O 124/12, ZFS 2013, 392
Vor- und Zweitschäden | Teilschadensersatzanspruch nach einem Unfall
– Ein Teilschadensersatzanspruch kann nicht abgelehnt werden, wenn trotz Vorliegens eines inkompatiblen Vorschadens auch solche Schäden eingetreten sind, die mit dem neuen Schadenbild übereinstimmen. Maßgeblich für das Bestehen eines Ersatzanspruchs ist, dass sich Alt- und Neuschaden voneinander abgrenzen lassen. Wurden durch den Geschädigten fahrlässig keine Angaben zu einem Vorschaden getätigt, so gilt dennoch das Beweismaß des § 287 ZPO.
OLG Düsseldorf, Az. I-1 U 153/11
Fiktive Abrechnung | Hinweis auf kostengünstigere Werkstatt
– Belegt der Unfallgeschädigte, dass sein Fahrzeug ausschließlich in einer markengebundenen Fachwerkstatt gewartet wurde, kann er die dort anfallenden Reparaturkosten erstattet verlangen. Um ihn auf eine günstigere Möglichkeit der Reparatur verweisen zu können, bedarf es der Vorlage eines verbindlichen Reparaturangebots der angeführten Werkstatt. Die Erstattung eines Aufschlags auf unverbindliche Preisempfehlung ist auch bei einer fiktiven Schadensabrechnung möglich.
AG Berlin-Mitte, Az. 107 C 3171/12, SP 2013, 190
Vorgetäuschter Unfall | Anforderungen an den Beweis
– Der Nachweis für den äußeren Tatbestand eines Unfallereignisses wird nicht schon dann erschüttert, wenn es Zweifel in allen Details des Hergangs gibt. Die Einzelheiten des Unfallmechanismus sind keine essentiellen Elemente des Klagegrundes. In tatsächlichen Zweifelsfällen muss ein fürs praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit genügen.
OLG Saarbrücken, Az. 4 U 461/11, NJW-RR 2013, 1247
Störanfälliges Smart-Key-System | Rücktritt vom Kaufvertrag
– Erweist sich ein Smart-Key-System, das dem Prospekt nach das schlüssellose Öffnen und Starten ermöglicht, als störanfällig und unbenutzbar, sodass der Wagen mit einem Notschlüssel geöffnet und gestartet werden muss, ist ein Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt.
Der vorliegende Prospekt versprach, dass dank des Smart-Key-Systems das Fahrzeug schlüssellos geöffnet, verschlossen und gestartet werden kann. Da er keinerlei Einschränkungen dahingehend enthält, dass bei Störeinflüssen von Funkwellen das System ausfallen kann und in diesen Fällen auf den Notschlüssel zurückgegriffen werden muss, muss ein Käufer mit diesen Einschränkungen auch nicht rechnen. Vielmehr darf er die Beschreibung ernst nehmen.
OLG München, Az. 20 U 4749/12, ASR 2013 Heft 8, 4
- Ausgabe 4/2014 Seite 68 (8.2 MB, PDF)