Noch vor wenigen Wochen war die Welt für Fans der Elektromobilität in Ordnung. Im Rahmen der Corona "Wumms"-Pakete hatte die Bundesregierung die Bafa-Förderung für E-Autos publikumswirksam auf 9.000 Euro angehoben, versprach vereinfachte Antragsverfahren und eine schnelle Abwicklung. Ein Traum für die, die eine Umstellung ihres Fuhrparks auf Stromfahrzeuge planten und besonders für die, die schon zuvor Stromer geordert hatten.
Lange vor Corona hatten die Bundesländer mit regionalen Förderprojekten um Interessenten für Elektrofahrzeuge geworben. So etwa in Hamburg, wo das Projekt "saubere Luft" das Leasing eines Stromers mit knapp 4.000 Euro unterstützte. Die Förderung, die durch einen weiteren Herstellerrabatt ergänzt wurde, floss bei Abschluss des Leasingvertrages in die Leasingrate ein. Dazu erhielt der Kunde eine Erklärung, die eindeutig auf die Möglichkeit der Doppelförderung hinwies. Die Falle war zugeschnappt.
Zwar bestand bis zur Erhöhung der Bafa-Prämie theoretisch die Möglichkeit beide Prämien zu kassieren, doch die Tücke steckt im Detail. Die aktualisierten Bedingungen der Bafa sehen nämlich vor, dass es zum einen nun ein einstufiges Antragsverfahren bei Zulassung des Stromers gibt, zum anderen, dass eine Doppelförderung ausgeschlossen ist. Bedingt durch die langen Lieferzeiten der Fahrzeuge eine unglückliche Situation für die Leasingnehmer. Denn die Förderung der Regionen war mit Abschluss des Vertrages bereits fixiert. Eine rechtzeitige Antragstellung bei der Bafa mangels Verfügbarkeit der Fahrzeugdaten (Fahrgestellnummer) aber nicht möglich.
Imageschaden nicht absehbar
In der Folge haben Kunden und auch Autohändler nun einen erhöhten Gesprächsbedarf. Denn gekauft hat der Kunde ein Fahrzeug mit der Möglichkeit der Doppelförderung, geliefert wird ein Fahrzeug, das durch die bereits erfolgte Inanspruchnahme der Regionalförderung nun nicht mehr förderungsberechtigt für die Bafa-Unterstützung ist. Macht einen Verlust pro Fahrzeug von bis zu 9.000 Euro. Für Fuhrparkbetreiber ein Desaster, für das sie nun versuchen, eine Lösung zu finden.
Letztlich dürfte dem Kunden zumindest eine Rücktrittsmöglichkeit aus dem Leasingvertrag eröffnet sein. Doch was nutzt das? Die meisten Stromer gingen an gewerbliche Nutzer, die wegen der langen Lieferzeiten seit Monaten sehnsüchtig auf die Fahrzeuge warten. Mitunter sind die Leasingverträge für die Altfahrzeuge ausgelaufen und der Bedarf musste mit Mietwagen gedeckt werden. Da kann man einen Vertragsrücktritt definitiv nicht gebrauchen. Das Festhalten am Vertrag von einst ist die einzige Lösung, auch wenn dadurch derzeit die so verlockende Bafa-Prämie entfällt. Das Bundeswirtschaftsministerium hat mit dem Schnellschuss der Neuregelung der Förderung der E-Mobilität einen weiteren Bärendienst erwiesen. Das Vertrauen in Zusicherungen des Staates ist weg, der Ärger und der Schaden bei den Betroffenen groß. Freuen dürften sich wieder einmal nur die Anwälte, die in Zukunft spannungsgeladene Prozesse zwischen Händler und E-Kunden führen dürften.
Der Autor des Beitrages, Sven Jürisch, ist Oldtimerliebhaber und engagiert sich für die Akzeptanz der E-Mobilität. Er berichtet regelmäßig aus beiden Welten auf unterschiedlichen Kanälen und steht in engen Austausch mit Experten.
- Ausgabe 10/2020 Seite 13 (122.0 KB, PDF)