-- Anzeige --

Gefahrenquelle Ausparken

31.08.2014 12:02 Uhr

-- Anzeige --

Gefahrenquelle Ausparken

Haftung und Beweislage | In der Praxis kommt sie häufig vor: eine Kollision zwischen fließendem Verkehr und einem vom Fahrbahnrand anfahrenden Fahrzeug. Wie verteilt sich die Beweislast und wie die Schuld?

— In einem Fall, den das Oberlandesgericht (OLG) München zu entscheiden hatte (Urteil vom 14.02.2014, Az. 10 U 2815/13), machte die Geschädigte Schadensersatzansprüche aus einer Kollision mit der rückwärts vom Fahrbahnrand anfahrenden Unfallgegnerin geltend. Die Klägerin selbst befand sich im fließenden Verkehr, die verklagte Unfallgegnerin fuhr rückwärts aus einer auf der linken Straßenseite befindlichen Parkbucht in die Straße ein.

Es ging in dem Rechtsstreit um knapp 6.000 Euro, welche die Geschädigte einklagte. Zunächst hatte das Landgericht Landshut über den Fall zu entscheiden und hat der Klage unter Berücksichtigung einer Mithaftung nur teilweise, das heißt in Höhe von 3.300 Euro, stattgegeben. Dieses Urteil akzeptierte die geschädigte Klägerin nicht und ließ den Fall durch die nächste Instanz im Berufungsverfahren überprüfen.

Die Entscheidung | Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Die Klägerin bekam zu 100 Prozent recht und erhielt ihren gesamten Schaden zugesprochen. Das Berufungsgericht sah also kein Mitverschulden der Klägerin, da diese im fließenden Verkehr vorfahrtsberechtigt war. Selbst die Betriebsgefahr tritt aufgrund des erheblichen Verkehrsverstoßes der Gegnerin zurück.

Die Richter gingen davon aus, dass beim Rückwärtsausparken der betreffende Verkehrsteilnehmer (hier die Unfallgegnerin) nach § 10 S. 1 StVO (Anfahren vom Straßenrand) und § 9 V StVO (Rückwärtsfahren) jede Gefährdung des fließenden Verkehrs auszuschließen hat. Kommt es zu einem Unfall mit dem bevorrechtigten fließenden Verkehr, spricht der Anscheinsbeweis für das Alleinverschulden des rückwärts Ausparkenden.

Anscheinsbeweis | Will der rückwärts Ausparkende der Alleinhaftung wenigstens teilweise entgehen, muss er den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis erschüttern, indem er vorträgt und beweist, dass er entweder bereits so lange auf dem bevorrechtigten Fahrbahnteil stand, dass sich der fließende Verkehr auf ihn einstellen konnte und musste oder dass er sich so weit von der Stelle des Losfahrens entfernt und sich in seinem Fahrverhalten (Einordnen, Geschwindigkeit) so dem Verkehrsfluss angepasst hatte, dass die Tatsache seines Anfahrens unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr für den weiteren Geschehensablauf ursächlich sein kann.

Erschüttert ist der Anscheinsbeweis, wenn die ernsthafte (reale) Möglichkeit eines anderen als des erfahrungsgemäßen Geschehensablaufs besteht. Die Tatsachen, aus denen diese ernsthafte Möglichkeit hergeleitet wird, müssen unstreitig oder (voll) bewiesen sein. Bei erfolgreicher Erschütterung besteht wieder die beweisrechtliche Normallage. Eine solche Erschütterung des gegen sie sprechenden Anscheinsbeweises ist der Unfallgegnerin jedoch nicht gelungen, ein Mitverschulden der Klägerin konnte nicht bewiesen werden.

Bedeutung für die Praxis | Das OLG München bestätigt die überwiegende Rechtsprechung, dass bei einer Kollision eines Ein- respektive Anfahrenden mit einem Fahrzeug im fließenden Verkehr die Betriebsgefahr des im fließenden Verkehr befindlichen Fahrzeugs zurücktritt.

Das Vorfahrtsrecht des fließenden Verkehrs ist sehr weitreichend. Bereits im Jahr 2011 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass selbst das Befahren der linken Fahrbahn durch den am fließenden Verkehr teilnehmenden Fahrzeugführer nicht die Verpflichtung des aus einem Grundstück auf die Straße Einfahrenden beseitigt, dem fließenden Verkehr den Vorrang zu belassen und diesen nicht zu behindern. Den gegen das Rechtsfahrgebot verstoßenden Kfz-Führer trifft keine Mitschuld (BGH, Urteil vom 20.09.2011, Az, VI ZR 282/10). | Inka Pichler

§ 9 (5) StVO | Rückwärtsfahren

– Beim Abbiegen in ein Grundstück, (...) Wenden und (...) Rückwärtsfahren muss sich der Fahrzeugführer (...) so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist (...).

§ 10 StVO | Einfahren und Anfahren

– Wer aus einem Grundstück (...), aus einem verkehrsberuhigten Bereich (...) auf die Straße oder von anderen Straßenteilen oder über einen abgesenkten Bordstein hinweg auf die Fahrbahn einfahren oder vom Fahrbahnrand anfahren will, hat sich (...) so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen. (...)

-- Anzeige --
-- Anzeige --

MEISTGELESEN


-- Anzeige --

STELLENANGEBOTE


BMW Serviceleiter (m/w/d)

Heidenheim an der Brenz

-- Anzeige --
KOMMENTARE

SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --
WEITERLESEN



NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


Autoflotte ist die monatlich erscheinende Fachzeitschrift für den Flottenmarkt im deutschsprachigen Raum. Zielgruppe in diesem wachsenden Markt sind die Fuhrpark-Entscheider in Unternehmen, Behörden und anderen Organisationen mit mehr als zehn PKW/Kombi und/oder Transportern. Vorstände, Geschäftsführer, Führungskräfte und weitere Entscheider greifen auf Autoflotte zurück, um Kostensenkungspotenziale auszumachen, intelligente Problemlösungen kennen zu lernen und sich über technische und nichttechnische Innovationen zu informieren.