Gelbe Karte für Daimler-Chef Dieter Zetsche: Der Aufsichtsrat verlängerte seinen Vertrag in der vergangenen Woche nicht wie erwartet um fünf, sondern lediglich um drei Jahre. Nun sickerte durch, dass die Arbeitnehmerseite ihn am liebsten gar nicht mehr auf dem Chefsessel gesehen hätte.
Letztlich fiel das Votum des Gremiums Unternehmensangaben zufolge zwar einstimmig zu Zetsches Gunsten aus. Die beschlossenen drei Jahre sind nach dpa-Informationen aber letztlich ein Kompromiss. Wäre es nach den Betriebsräten gegangen, säße der 59-Jährige demnach künftig nicht mehr im Chefsessel.
Volle Rückendeckung gefragt
Nach Ansicht von Experten stellt sich nun die Frage, wie lange man ein Unternehmen ohne die volle Rückendeckung der Mitarbeiter führen kann. "Wenn das nicht mehr gewährleistet ist, ist das ein großes Problem", sagt Autoexperte Stefan Bratzel von der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach. Zuletzt habe Zetsche einiges an "Porzellan zerschlagen", so der Branchenkenner. "Das muss schnell gekittet werden."
Bei den Beschäftigten hat der 59-Jährige dem Vernehmen nach keinen guten Stand. Dort ist man vor allem mit seinem Kommunikationsstil unzufrieden, wie es aus Kreisen heißt. Zetsche lasse demnach keine anderen Meinungen zu und schon gar keine Kritik. Unzufrieden war die Arbeitnehmerseite nach dpa-Informationen vor allem damit, dass Zetsche über ein anstehendes Sparprogramm nicht mit sich diskutieren ließ. Dort habe sich mittlerweile die Auffassung durchgesetzt: "Es geht eigentlich gar nicht mehr mit dem Zetsche."
Einbeziehung von Betriebsräten gefordert
Ähnliches hatte zuvor bereits das Nachrichtenmagazin Spiegel berichtet. Weder eine Sprecherin des Gesamtbetriebsrats noch ein Konzernsprecher wollten die Angaben kommentieren.
Probleme mit der Belegschaft würden die kommenden Jahre für den Konzernlenker noch schwieriger machen als ohnehin schon, meint Experte Bratzel. Zetsche müsse die Betriebsräte künftig stärker in Diskussionen einbeziehen. "Es ist eine Sache, die muss auf der persönlichen Ebene laufen. Man muss sich da zusammensetzen und das in ruhiger Art und Weise klären." Inhaltlich halte er die Arbeit des 59-Jährigen für richtig.
"Zetsche hat recht, dass die Kosten reduziert werden müssen", sagt der Branchenkenner. Das sei eine wichtige Voraussetzung, um irgendwann erfolgreicher zu sein als die Konkurrenz – und so letztlich auch die Herzen der Belegschaft zu erobern.
Bisher nur Kampfansage
Zetsche hat seit längerem die Kampfansage gemacht, bis 2020 profitabler zu sein als die Erzrivalen BMW und Audi. Zuletzt musste er im Rennen um die Spitze in der Oberklasse aber weiter vertrösten: In der Autosparte werde der operative Gewinn im laufenden Jahr wohl sogar "leicht unterhalb" des Gewinns des Vorjahres liegen, räumte er bei der Bilanzvorlage Anfang des Monats ein. Bereits 2012 war das Ergebnis vor Steuern und Zinsen sowohl in der Pkw-Sparte aus auch im Gesamtkonzern zurückgegangen.
Auch auf dem wichtigen Wachstumsmarkt China schwächeln die Schwaben. Im vergangenen Jahr verbuchte Daimler hier sogar schrumpfende Erlöse.
Ob Zetsche den Autobauer künftig weiter voranbringen kann, liege aber nicht allein in dessen Hand, betont Branchenkenner Bratzel. "Die Arbeitnehmerseite muss auch bereit sein, sich auf Gespräche einzulassen." (dpa)