-- Anzeige --

Richtig angepackt

30.09.2014 12:02 Uhr

-- Anzeige --

Richtig angepackt

Flottensteuerung und Datenschutz | Die Telematik zur Ermittlung und Auswertung von Risikopotenzialen hat enge rechtliche Grenzen. Wie Flottenbetreiber sich korrekt aufstellen, skizziert Rechtsanwalt Tom Petrick.

— Die Steuerung von Fuhrparks und Datenauswertung mittels Telematiksysteme hält in vielen Unternehmen Einzug. Vor allem in der Disposition und zur Tourenplanung sind die technischen Helfer gefragt. Doch die Instrumente eröffnen weitere Einsatzmöglichkeiten und die Erhebung tiefgreifender Informationen nicht nur rund ums Fahrzeug, sondern auch über den Arbeitnehmer.

Das gilt in zunehmendem Maße auch für Pkw, die künftig serienmäßig mit eCall und mit immer mehr IT-Diensten ausgestattet sind. Das weckt wiederum Interessen im Fuhrpark. Denn das technische Equipment kann die Grundlage dafür schaffen, um zum Beispiel alle Fahrmanöver des Mitarbeiters aufzuzeichnen, die Geschwindigkeit im Vergleich zur Standortposition zu ermitteln oder den Abstand zum Vordermann zu messen. Daraus ließe sich unter Umständen ein Profil erstellen, mit dem das Risikopotenzial identifiziert und bei hohen Schadenwahrscheinlichkeiten gegengesteuert werden könnte.

Einfluss auf Policen | Infolgedessen besteht bei so manchen Flottenversicherern ein Interesse an Daten, die geeignet sind, etwa die Beitragskalkulation auf eine breitere Grundlage zu stellen. Und es gibt bereits welche, die in ihren Prämien das Verhalten von Fahrern – wenn sie der Fuhrparkbetreiber erhebt – entsprechend ihrem Risikopotenzial bewerten und in die Berechnungen einbeziehen. Bisher ist das bei Flotten mit Funktions- oder Nutzfahrzeugen zu beobachten, die durch extrem schlechte Schadenverläufe und hohe -aufwendungen auffallen.

Nichtsdestotrotz scheint damit der Schritt hin zu einer Übertragung von Daten an die Versicherer nicht mehr weit. Letztlich ist das Thema des Datentransfers aber auch nicht neu. Bereits im Zuge der Diskussionen um die Einführung der Pay-as-you-drive-Modelle hat dies zu hitzigen Debatten um die Vor- und Nachteile geführt. Unabhängig davon sind manche Fuhrparkbetreiber ebenfalls nicht abgeneigt, Daten zu generieren, um Prämien beeinflussen zu können.

Rechtliche Ausgangslage | Den vielfältigen Interessen ist jedoch ein sowohl aus arbeits- und datenschutzrechtlicher als auch ein auf der Rechtsprechung fußender Rahmen gesteckt. Dieser setzt enge Grenzen, innerhalb derer eine Erhebung, Verarbeitung und/oder eine Speicherung rechtlich zulässig ist. Dies gilt noch strikter für eine Übertragung an Dritte.

Einen zentralen Pflock hierzu schlägt das Bundesarbeitsgericht (BAG) ein. Tom Petrick, Fachanwalt für Verkehrs- und Steuerrecht sowie Partner der Kanzlei F.E.L.S in Bayreuth und Nürnberg, verweist hierzu auf die Richtlinie des BAG, welches das umfassende Recht des Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung bestätigt. „Diese Maßgabe ist zwar nicht schrankenlos gültig, ihr kommt aber eine bedeutende Rolle zu, wenn es um die Implementierung von Flottensteuerungssystemen und der Einbindung von Arbeitnehmern aus arbeitsrechtlicher Sicht geht“, sagt der Rechtsanwalt. Deshalb rät er Fuhrparkbetreibern, sich hier sorgfältig aufzustellen. Dabei beruft er sich auf die Praxis als Berater inhabergeführter Fuhrparks und Flottenmanager. Seine Devise: „Dieser Bereich sollte so transparent wie möglich und verständlich für alle sein!“

Denn auch das Datenschutzrecht zieht Leitplanken für die Beantwortung folgender Fragen: Welche Daten vom Arbeitnehmer dürfen erhoben werden? Zu welchen Zwecken dürfen sie erhoben werden? Wie werden die Daten erfasst? Wie lange und in welcher Form dürfen sie gespeichert werden? Und wer darf die Daten noch bekommen?

Der Rechtsanwalt bemerkt dazu: „Grundsätzlich ist das Erheben von Fahrzeugdaten, die keine Beziehung zum Nutzer herstellen, zum Beispiel wie der Reifendruck bei nicht zugeordneten Fahrzeugen, daten- und arbeitsschutzrechtlich unbedenklich.“

Doch sobald Firmenwagen einem Arbeitnehmer zugeordnet werden, ändert sich die Sachlage. „In diesem Fall gibt es einen Personenbezug, womit wir § 3 des Bundesdatenschutzgesetzes berühren“, so Petrick.

Demnach dürfen personenbezogene Daten grundsätzlich weder erhoben, verarbeitet noch gespeichert werden, es sei denn, das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) erlaubt es. Der Anwalt resümiert: „Denn im Datenschutzrecht gilt der Grundsatz: Alles, was nicht explizit erlaubt ist, ist verboten.

Am 15. Dezember 2010 hat die Bundesregierung nun den vieldiskutierten Entwurf zum Arbeitnehmerdatenschutz auf den Weg gebracht, der auch spezifische Regelungen zur Zulässigkeit von Ortungssystemen und Nutzung von Telekommunikationsdiensten in Beschäftigungsverhältnissen enthält. Die Regierungskoalitionen konnten sich bislang allerdings noch nicht auf eine endgültige Fassung einigen.“

§ 32 BDSG als Anker | Entsprechend der bestehenden Vorgabe empfiehlt es sich für Flottenbetreiber, aus datenschutzrechtlicher Sicht zu ermitteln, was rechtlich möglich ist und wo die Grenzen liegen.

Das Fundament dafür bildet § 32 BDSG. Dieser gestattet eine Datenerhebung, -verarbeitung und -speicherung zum Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses. „Das bedeutet, dass der Vorgang strikt dem zugelassenen betrieblichen Zweck dienen muss. Dieser muss sowohl definiert als auch anerkannt und für die betriebliche Durchführung unerlässlich sein“, so Petrick.

Tiefe Einschnitte in das Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters oder eine Totalüberwachung mittels Telematik seien jedoch auch bei rein betrieblichen Zwecken nicht rechtens. Petrick betont: „Der Fuhrparkverantwortliche sollte daher große Sorgfalt wahren, da sich zum Beispiel schon bei der Überprüfung von Pausenzeiten die Geister scheiden.“

Grenzen überschreitet der Fuhrparkleiter nach Ansicht des Rechtsanwalts, wenn er eine Datenerhebung zur Nachverfolgung von Ordnungswidrigkeiten oder Aufdeckung von Straftaten durchführt, um sich in puncto Halterhaftung als Arbeitgeber respektive qua Delegation Verantwortlichen abzusichern. Dies sei nur bei ganz konkretem Verdacht zulässig. Die Norm decke nicht die Datenermittlung nur aufgrund einer bloßen Gefahr ab, um den potenziellen Risiken von Halterverstößen zu begegnen oder zu vermeiden. „Es muss bei allem stets die Verhältnismäßigkeit gewahrt sein“, sagt Petrick.

Die Kontrolle des Aufenthalts und der Bewegungen von Beschäftigten durch Ortungssysteme, zum Beispiel durch in Fahrzeugen installierte GPS-Geräte, könne zur Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich und somit zulässig sein, wenn eine Ortung zur Sicherheit der Beschäftigten oder von sehr wertvollen Gegenständen notwendig ist, etwa bei Geldtransporten. Zudem erfolge die Überwachung von Lkw- und Busfahrern regelmäßig durch den digitalen Fahrtenschreiber, der für Lkw ab 3,5 Tonnen und für Busse mit mehr als neun Sitzplätzen vorgeschrieben ist. Der Arbeitgeber kontrolliert damit die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten, der Wegstrecke und der Geschwindigkeit. § 21a Absatz 7 Satz 2 Arbeitszeitgesetz fordere hierfür eine Aufbewahrung von zwei Jahren.

Einwilligung vorausgesetzt | Gleichwohl ist eine Ausweitung der Basis über eine Einwilligung des Arbeitnehmers möglich. Petrick rät, die Einwilligung in einer Form einzuholen, die den Vorschriften des BDSG genügt. Diese verlangen nicht nur die Schriftform, sondern etwa auch eine drucktechnische Kennzeichnung und den gesonderten Hinweis an den Arbeitnehmer, dass er die Einwilligung jederzeit widerrufen kann. Dazu Petrick: „Bei der Einwilligung handelt es um eine klare Opt-in-Erklärung und kein Opt-out! Der Arbeitnehmer muss also explizit zustimmen. Außerdem muss der Arbeitgeber genau erklären, was erhoben wird und wozu es gebraucht wird. Der Arbeitnehmer muss eine Vorstellung davon bekommen, in was er einwilligt.“

Ferner dürfe auch kein Druck ausgeübt werden oder aus dem Zusammenhang der Anschein erweckt werden, dass der Mitarbeiter das Fahrzeug nur bekommt, wenn er die Einwilligung unterschreibt.

Petrick führt weiter aus: „Für eine ‚Handy-Ortung‘ muss der Arbeitgeber gegenüber dem Anbieter des Telekommunikationsdienstes nach § 3 Nummer 24 Telekommunikationsgesetz (TKG) seine Einwilligung in die Erhebung der Standortdaten erklären (§ 98 Abs. 1 Satz 1 TKG). Er muss den Beschäftigten über die Maßnahme unterrichten (§ 98 Abs. 1 Satz 2 TKG). Die Zulässigkeit richtet sich nach den speziellen schutzwürdigen Bedürfnissen, welche sich aus dem Beschäftigungsverhältnis ergeben beziehungsweise der Arbeitnehmer willigt unter den Voraussetzungen des BDSG ein.“

Heikel bei dualer Kfz-Nutzung | Da das BDSG die Datenerhebung auf betriebliche Zwecke begrenzt, stuft Petrick gerade den Einsatz von Telematik zur Datenerhebung bei Fahrzeugen, die zur dienstlichen und privaten Nutzung einem Mitarbeiter zur Verfügung stehen, als äußerst kompliziert ein. „Für alle Fahrzeuge mit dualer Nutzung dürfte dies rechtlich prinzipiell nicht zulässig sein, es sei denn, das System wäre für die private Nutzung abschaltbar, der Arbeitnehmer hat eine wirksame Einwilligung erteilt oder der Arbeitgeber erhebt, speichert und wertet die Daten für den Zeitraum der privaten Nutzung nicht aus“, konstatiert Petrick. Dabei gibt er allerdings zu bedenken, dass es schon bei Einholung der Einwilligung knifflig wird. Schließlich könne der Arbeitnehmer diese nicht für seine Frau, Kinder oder sonstige Personen abgeben, die gegebenenfalls auch mit dem Firmenwagen fahren dürfen.

Vereinbarung mit Betriebsrat | Andere Handlungsmöglichkeiten eröffnen sich, wenn das Unternehmen einen Betriebsrat hat. In diesem Fall kommen darüber hinaus Interessenvertretungsrechte wie das Betriebsverfassungsrecht zum Tragen. „Hier empfiehlt es sich deshalb, den Betriebsrat frühzeitig mit einzubinden, um den Regelungen über das Auskunfts- und Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte in diesem Zusammenhang zu genügen“, sagt Petrick.

So regle etwa § 87 Absatz 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz die Mitbestimmung des Betriebsrats für die Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Folge: Der Betriebsrat kann den Telematik-Einsatz jederzeit torpedieren, wenn er nicht eingebunden wird und sein Einverständnis nicht gibt.

Dass sich der Dialog lohnt, weiß Petrick aus Verhandlungen, in denen die Parteien alle Schritte bis ins Detail festgelegt haben, einschließlich des Zeitraums, wie lange die Daten für Einsatzplanungen gespeichert und wann sie gelöscht werden. Auslöser war das hohe Schadensaufkommen in der Flotte, weshalb sich das Unternehmen schwertat, einen Versicherungsschutz zu bekommen. Durch das übergeordnete betriebliche Interesse konnten sich die Vertreter einigen.

| Annemarie Schneider

-- Anzeige --
-- Anzeige --

MEISTGELESEN


-- Anzeige --

STELLENANGEBOTE


-- Anzeige --
KOMMENTARE

SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --
WEITERLESEN



NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


Autoflotte ist die monatlich erscheinende Fachzeitschrift für den Flottenmarkt im deutschsprachigen Raum. Zielgruppe in diesem wachsenden Markt sind die Fuhrpark-Entscheider in Unternehmen, Behörden und anderen Organisationen mit mehr als zehn PKW/Kombi und/oder Transportern. Vorstände, Geschäftsführer, Führungskräfte und weitere Entscheider greifen auf Autoflotte zurück, um Kostensenkungspotenziale auszumachen, intelligente Problemlösungen kennen zu lernen und sich über technische und nichttechnische Innovationen zu informieren.