Sonderweg für Nutzfahrzeuge

27.02.2009 12:02 Uhr

Sonderweg für Nutzfahrzeuge

Niemand wird einem Fernfahrer unterstellen, dass er seinen 40-Tonner zu privaten Zwecken nutzt. Es gibt allerdings wesentlich smartere Nutzfahrzeuge wie den Opel Combo, die kraftfahrzeugsteuer- und straßenverkehrsrechtlich als Lkw behandelt werden, aber durchaus für den privaten Einsatz nützlich wären. Wie sieht es bei diesen Fahrzeugen mit der Versteuerung des geldwerten Vorteils aus?

Mit der Überlassung eines solchen Fahrzeugs, das als Werkstattwagen eingerichtet war, hat sich der BFH in seiner Entscheidung VI R 34/07 vom 18. Dezember 2008 auseinandergesetzt. Dabei kam er zu dem Ergebnis, dass dieses Fahrzeug keine Nutzungswertbesteuerung auslöst.

Wie immer in solchen Fällen, kommt es auf die im Urteil enthaltenen Begründungen an, die über den konkreten Einzelfall hinausgehen. Diese können wie folgt zusammengefasst werden:

1. Das Einkommensteuerrecht stellt auf den geldwerten Vorteil ab, der durch die vergünstigte oder kostenlose Überlassung eines Kraftfahrzeugs zu privaten Zwecken entsteht. Eine Einschränkung auf bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen sieht das Gesetz nicht vor.

2. Es kommt nicht auf die Zuordnung des Fahrzeugs zu bestimmten Kategorien, hier Lkw, im Sinne des Kraftfahrzeugsteuergesetzes oder der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung an.

3. Es ist auf die objektive, also tatsächliche Beschaffenheit und Ausstattung des Fahrzeugs abzustellen und diese an derjenigen eines typischen der Privatnutzung zugänglichen Kraftfahrzeugs zu messen. Dabei kommt es insbesondere (also nicht schematisch oder ausschließlich) auf die Zahl der Sitze, das Erscheinungsbild und einer zur vorrangigen Güterbeförderung dienenden Ausstattung des Wagens an.

4. Bei Fahrzeugen, die nach dem objektiven Gesamtbild für eine Privatnutzung ungeeignet sind, greift der sogenannte Anscheinsbeweis nicht. Das heißt, es ist Sache des Finanzamts, nachzuweisen, dass, entgegen dem üblichen Geschehensablauf (der darin besteht, dass der Fahrer des betreffenden Fahrzeugs damit weder Sonntagsausflug, Einkaufs- und Urlaubsfahrten noch den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zurücklegt), das Fahrzeug vom Arbeitnehmer privat genutzt wird. Ein Beweis im engeren Sinne ist nicht erforderlich.

Mit oder ohne Seitenscheibe?

Das Urteil ist ein „Freispruch“ nur in dem entschiedenen Einzelfall und im Übrigen von besonderer Bedeutung für Fuhrparks, die Fahrzeuge desselben Einsatzzwecks in unterschiedlicher Ausführung haben. Fahrzeuge der oben genannten Art gibt es mit oder ohne hintere Seitenscheiben – vielfach ist dies das Unterscheidungsmerkmal für den Ansatz der Ein-Prozent-Regelung. Um sie zu vermeiden, ist dann ein arbeitsvertragliches Nutzungsverbot mit nachgewiesener Überwachung erforderlich, alternativ die Führung eines Fahrtenbuchs. Dies scheint nicht richtig; das Fahrzeug erhält seinen Gesamtcharakter vielmehr durch eine Einrichtung, die an gewerblichen Zwecken ausgerichtet ist und der privaten Nutzung generell entgegensteht. Es darf vermutet werden, dass diese Einrichtung fest eingebaut sein muss. Eine der allseits bekannten Kompaktlimousinen mit Heckklappe und herausnehmbarer, über die umgelegte Rücksitzbank geschobenen Werkstatteinrichtung wird kaum in die Kategorie „nicht zur Privatnutzung geeignet“ fallen. Umgekehrt ist dies jedoch bei Kleinbussen der Fall, wenn diese eine besondere Fahrerlaubnis erfordern.

Keine eindeutigen Abgrenzungskriterien

Da das Urteil nichts wirklich Neues bringt, leider auch keine eindeutigen Abgrenzungskriterien zur Klassifizierung der Fahrzeuge, andererseits auch nicht bestehende Besteuerungsregeln ändert, ist wie bisher die gesonderte Besteuerung der Fahrt nach Hause zu beachten. Sie entfällt nur dann, wenn sie aus absolut überwiegendem Interesse des Arbeitgebers erfolgt. Klassischer Fall ist wiederum der Servicewagen, dessen Einsatz ab Wohnung des Mitarbeiters direkt zum Kunden Kosten und Wege spart. Gleiches gilt für den Kleinbus (auch wenn dieser mit Führerschein B/E gefahren werden darf), wenn er für Sammelfahrten zur Einsatzstelle der beförderten Arbeitnehmer eingesetzt wird. Aber hier ist die Anwendung der Ein-Prozent-Regelung sehr groß und die Führung eines Fahrtenbuchs notwendig, wenn das Fahrzeug insgesamt ungefähr denjenigen entspricht, die üblicherweise auch als Privatwagen zum Einsatz kommen. Hans-Günther Barth

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