„Spannendes Geschäft“
Ortstermin in Köln: Christian Fischer steht seit Anfang Mai an der Spitze der 4Fleet Group. Ein Gespräch mit dem 41-Jährigen über Servicequalität, Europa und die Herausforderungen im krisengeschüttelten Jahr.
Af: Herr Fischer, seit Anfang Mai leiten Sie die 4Fleet Group. Wie fühlt sich das Flottengeschäft an?
Fischer: Das Flottengeschäft fühlt sich wirklich gut an. Es ist ein wahnsinnig spannendes Geschäft, da viele Parteien involviert sind. Und es erfordert einen hohen Grad an Serviceorientierung – alles in allem ein sehr spannendes Thema.
Af: In der Goodyear-Dunlop-Gruppe arbeiten Sie seit dem Jahr 2000, zuletzt im Vertrieb Pkw-Reifen bei Goodyear. Das Thema Reifen ist für Sie somit kein unbekanntes.
Fischer: Bevor ich im Jahr 2000 zu Goodyear gekommen bin, waren Reifen für mich ein Allerweltsthema – wie heute leider noch für viele Endverbraucher. Dieses Bild hat sich bei mir natürlich ganz entscheidend verändert. Mittlerweile habe ich sehr viel über die Produkte gelernt, vor allem aber auch, wie wichtig das Thema Reifen – auch in puncto Kosten und Service – für Fuhrparkverantwortliche ist.
Af: Bislang Pkw-Reifen-Vertrieb, jetzt Flottengeschäft. Worin liegt der größte Unterschied?
Fischer: Der größte Unterschied liegt einmal in den Geschäftsprozessen. Im klassischen Ersatzgeschäft gibt es einen Hersteller und einen Abnehmer. Im Flottenbereich sind ja noch andere Mitspieler dabei: Fuhrparkbetreiber, Leasinggeber, Servicestationen und zum Teil zwischengeschaltete Abwicklungsprovider. Das macht dieses ganze Geschäft sehr anspruchsvoll.
Af: Mal Hand aufs Herz, wie gut ist das Reifen-Know-how der Flottenchefs? Müssen Sie gar Aufklärungsarbeit leisten?
Fischer: Nein, wer sich berufsbedingt professionell mit Reifen beschäftigt, weiß selbstverständlich um die technischen Anforderungen, die ein Reifen haben muss. Aus der Sicht eines Flottenbetreibers ist es natürlich wichtig, eine gute Balance zwischen den technischen Anforderungen und den Kostenaspekten hinzubekommen.
Af: Und in Sachen Spritsparpneus?
Fischer: An dieser Stelle besteht schon noch ein Stück weit Aufklärungsbedarf. Beim Thema Spritsparreifen sind wir in einem sehr technischen Bereich – man sieht dem Reifen diese Eigenschaften ja nicht auf den ersten Blick an. Das bedeutet, dass man sich sehr intensiv mit der Materie vertraut machen muss. Und als Reifenhersteller müssen Sie nachweisbar dokumentieren können, dass dieser sprit-sparende Effekt in der Praxis auch tatsächlich eintritt. Sehen Sie: Gerade in den vergangenen ein, zwei Jahren ist das Thema Green Business verstärkt aufgekommen. Doch hier gilt es, sehr genau hinzugucken, welche Produkte tatsächlich eine Spritersparnis erzielen.
Af: In Ihrer neuen Funktion folgen Sie auf Jürgen Titz, der innerhalb des Konzerns nach England gewechselt ist. Wie soll Ihre Handschrift für 4Fleet aussehen?
Fischer: Auf jeden Fall soll die Erfolgsgeschichte von 4Fleet fortgeschrieben werden. Wir haben in den vergangenen sieben Jahren ein kontinuierliches Wachstum vorweisen können. So viel zum wirtschaftlichen Aspekt. Ein anderer Punkt ist, dass es gerade in der Zukunft wichtig sein wird, das Ohr dicht am Kunden zu haben. Denn das Geschäft wird künftig noch komplexer werden. Somit ist es ganz entscheidend, dass wir als Dienstleister gut zuhören, was genau die Erfordernisse der Fuhrparkbetreiber sind.
Af: Was verstehen Sie persönlich unter einem guten Service?
Fischer: Das kann man in verschiedene Teile unterteilen. Um überhaupt bundesweit professionelles Flottenmanagement sicherstellen zu können, braucht man auf jeden Fall ein großes, flächendeckendes Netz von gut qualifizierten Händlern: eine zwingende Voraussetzung für guten Service. Des Weiteren kommt es darauf an, dass man auch technisch die Infrastruktur, vor allem im Bereich der Geschäftsabwicklung, dafür hat. Schließlich geht der Trend immer mehr zu automatisierten Geschäftsprozessen. Zudem gibt es einen weiteren ganz pragmatischen Aspekt: Guter Service zeigt sich im Tagesgeschäft, das heißt, wie etwa gute Verfügbarkeit der Hotline und der Mitarbeiter.
Af: Auch im Flottengeschäft herrscht derzeit ein rigider Sparkurs. Wie stellt sich 4Fleet dieser Herausforderung?
Fischer: Zum einen haben wir schon in der Vergangenheit in unsere IT-Systeme investiert, denn wir möchten für alle Beteiligten den eben angesprochenen Automatisierungsgrad realisieren. Reifenregelung auf Kennzeichenebene ist da so ein Stichpunkt. Der manuelle Aufwand wäre hier einfach unvorstellbar. Zum anderen verstärkt sich natürlich aufgrund des Kostendrucks die Wettbewerbssituation. Eine Entwicklung, wie sie in anderen Branchen derzeit ebenso stattfindet.
Af: Ihre Wettbewerber Servicequadrat und FleetPartner agieren jeweils mit geballter Schlagkraft im Markt. Wie beurteilen Sie diesen Konzentrationsprozess?
Fischer: Dieser Konzentrationsprozess wird sich weiter fortsetzen. In Gesprächen mit unseren Kunden hören wir schon heute erste Ankündigungen, dass sie darüber nachdenken, die Vielzahl von Dienstleistern zu reduzieren und dann mit zwei, drei Kernprovidern weiterzuarbeiten. Die absolute Voraussetzung da dabei zu sein, ist die bundesweite Flächenabdeckung. Was die Wettbewerbssituation angeht, denke ich, wird absolut entscheidend sein, wer sich am besten aufstellt, um die Komplexität handeln zu können. Wer stellt die besten und zuverlässigsten Systeme bereit? Das wird die Kernfrage für die Zukunft sein. Und diesen Schritt sind wir bereits vergangenes Jahr mit der Einführung von Fleet Online Solution (FOS) gegangen. Wir haben uns bereits europäisch aufgestellt.
Af: Ein Schwenk zurück zum Service. Wollen Sie Ihr Portfolio ausweiten?
Fischer: Ausschlaggebend ist nicht, was wir denken und wollen. Ausschlaggebend ist, was unsere Kunden brauchen, um ihr Geschäft besser betreiben zu können. Konkrete Themen sind hier auf jeden Fall Online-Autorisierung für bestimmte Servicedienstleistungen und das individuelle Umsetzen von Kundenvorgaben auf Kennzeichenebene.
Af: So einen Prozess stelle ich mir unheimlich komplex vor.
Fischer: Und unheimlich spannend. Hier findet ein sehr intensiver Austausch auf beiden Seiten statt. Denn diese Vielfalt muss schlicht auf beiden Seiten gelebt werden. Wir arbeiten auf unserer Seite permanent an neuen Serviceangeboten. Es ist aber auch hilfreich, wenn der Kunde uns sagt, was ihm noch fehlt. Unsere Aufgabe ist es dann, unsere Systeme so weit, wie es geht, an die Anforderungen des Kunden anzupasssen.
Af: Von der Deutschen Telekom haben Sie kürzlich einen Rebranding-Auftrag erhalten. Suchen Sie gezielt nach neuen Betätigungsfeldern?
Fischer: Ja, das tun wir. Eine Entwicklung, die wir im Reifengeschäft in den letzten Jahren beobachten, ist Saisonalität. Die Saisonspitzen werden immer kürzer und höher. Konkret: Vor zehn Jahren hat sich die Reifenumrüstung über zwei bis zweieinhalb Monate hingezogen. Heute müssen Sie das Geschäft in vier bis fünf Wochen erledigen – die aktuelle Sommerreifensaison ist da der beste Beleg dafür. In dieser langen Zeit zwischen den Saisonspitzen forciert die GDHS schon seit Langem das Thema Autoservice und jetzt eben auch neue Geschäftsfelder. Denn alle unsere Premio-Betriebe und viele HMI-Händler sind qualifizierte Meisterbetriebe.
Af: Was tut sich bei Ihnen derzeit in puncto Europäisierung?
Fischer: Seit dem Jahr 2006 treiben wir die Europäisierung massiv voran, dokumentiert durch die Gründung der 4Fleet Europe. Erste Kundenanfragen nach einer europaweiten Betreuung waren der Stein des Anstoßes. Die Forcierung des Europageschäfts ist mit der Hauptgrund für die Einführung von FOS gewesen. Wir haben heute schon eine Reihe europäischer Länder an die 4Fleet Europe angeschlossen. In diesem Jahr steht beispielsweise England an.
Af: Bitte vervollständigen Sie folgenden Satz: Als Reifendienstleister besteht man künftig im Flottenmarkt am besten, wenn man …?
Fischer: … das Ohr dicht am Kunden hat.
Af: Herr Fischer, vielen Dank für das informative Gespräch!
INTERVIEW: PATRICK NEUMANN
Zur Person
Bevor Christian Fischer im Jahr 2000 zur Goodyear-Dunlop-Gruppe kam, arbeitete er sechs Jahre lang auf Agenturseite – beispielsweise auf einem Etat von Mc Donald’s. Eine Zeit, die der heute 41-Jährige sehr spannend fand. Nach der Werbebranche verantwortete Fischer zunächst die Kommunikation der Marke Goodyear und agierte später dann als Marketing Manager. Im Jahr 2007 wechselte er in den Bereich Vertrieb Pkw-Reifen bei Goodyear. Anfang Mai löste der Reifenprofi schließlich Jürgen Titz als Leiter der 4Fleet Group ab.