-- Anzeige --

Vorsicht, Unfall-Falle

02.05.2018 06:00 Uhr
Vorsicht, Unfall-Falle

Ein fahrendes Auto kollidiert mit der sich öffnenden Tür eines geparkten Autos. Wer hat Schuld und wie verteilt sich die Haftung? So entschied in zweiter Instanz das Landgericht Hagen.

-- Anzeige --

_ Schnell ist es geschehen: Mit dem Firmenwagen passiert der Mitarbeiter in einer Straße am rechten Fahrbahnrand abgestellte Fahrzeuge und plötzlich öffnet der Fahrer eines dieser parkenden Wagen seine Tür. Es kommt zur Kollision. Der Haftungsstreit ist nun vorprogrammiert: Auf der einen Seite hätte der Fahrer im fließenden Verkehr ausreichend Sicherheitsabstand zu den parkenden Autos halten müssen, auf der anderen Seite darf der Aussteigende seine Tür nicht einfach in den Verkehrsraum hin öffnen und dadurch eine Gefahrenquelle schaffen.

Der Fall

Über eine solche Konstellation hatte das Landgericht Hagen (Urteil vom 20. Dezember 2017, Aktenzeichen 3 S 46/17) zu entscheiden. Die Dauer des Öffnungsvorgangs und der Öffnungswinkel waren ebenso streitig wie der seitliche Abstand. Ein vom Gericht eingeholtes Gutachten kam zu dem Schluss, dass die Fahrertür des parkenden Wagens zwischen 60 und 88 Zentimeter weit geöffnet gewesen sei, was einem Öffnungswinkel von mindestens 30 und höchstens 45 Grad entspricht. Damit müsse der seitliche Abstand des vorbeifahrenden Autos zwischen 54 und 80 Zentimeter betragen haben.

Das Urteil

Das Amtsgericht ging in erster Instanz noch von einer Mithaftung des Vorbeifahrenden von einem Drittel aus, während das Landgericht in zweiter Instanz zu 100 Prozent gegen den Türöffner entschied.

Der Sorgfaltspflichtverstoß des Ein- oder Aussteigenden als Teilnehmer des ruhenden Verkehrs wirke gegenüber dem bevorrechtigten fließenden Verkehr besonders schwer.

Der Ein- und Aussteigevorgang habe besonders sorgfältig zu erfolgen (§ 14 Abs. 1 StVO). Unachtsamkeiten hierbei führten regelmäßig zu einem Zurücktreten der Betriebsgefahr des gegnerischen Unfallwagens.

In der Rechtsprechung wird zutreffenderweise bei einem erwiesenen Verstoß gegen die Vorschrift des § 14 Abs. 1 StVO und nicht erwiesenem Sorgfaltspflichtverstoß auf der Seite des Unfallgegners in der Regel eine vollständige Haftung des Ein- und Aussteigenden nach § 17 Abs. 1 StVG angenommen, da die Betriebsgefahr des gegnerischen Fahrzeugs hinter dem Verursachungsbeitrag des sorgfaltswidrig Ein- oder Aussteigenden vollständig zurücktrete.

Der Anscheinsbeweis

Es spricht hier der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Unfall durch das sorgfaltswidrige Verhalten des Türöffners verursacht wurde, da sich der Zusammenstoß mit dem vorbeifahrenden Fahrzeug im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Aussteigevorgang und der hierfür geöffneten Fahrertür ereignete.

Diesen Anscheinsbeweis musste der Türöffner erschüttern, was in diesem Fall nicht gelungen ist. Dies wäre zum Beispiel möglich, wenn er nachweist, dass dem vorbeifahrenden Pkw-Fahrer ein Geschwindigkeitsverstoß zur Last fällt oder er den Seitenabstand deutlich unterschritten hat. Die bloße Behauptung reicht indes nicht aus.

Praxistipp

Recht haben und Recht bekommen sind oft zwei Paar Schuhe. Die Haftungsquote entscheidet sich nach der Beweislast. Diese hat derjenige, der für sich günstige Rechtsfolgen aus ihr ableiten will. Das bedeutet: Derjenige, der Schadensersatz geltend macht, muss die Haftung des Gegners beweisen. Dies ist ohne Zeugen oftmals schwer. Hier kommt oftmals der Beweis des ersten Anscheins ins Spiel. Der beweisbelasteten Partei wird dadurch geholfen, dass das Gesetz Beweisvermutungen an die Hand gibt, die dann widerlegt werden müssen. Mithin kommt es zu einer Umkehr der Beweislast.

Ein- und Aussteigen

BGH-Urteil

Der BGH entschied am 6. Oktober 2009 (Aktenzeichen VI ZR 316/08): Wer ein- oder aussteigt, muss sich "so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Diese Sorgfaltsanforderung gilt für die gesamte Dauer eines Ein- oder Aussteigevorgangs, also für alle Vorgänge, die in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang damit stehen, wobei der Vorgang des Einsteigens erst mit dem Schließen der Fahrzeugtüre, der Vorgang des Aussteigens erst mit dem Schließen der Fahrzeugtüre und dem Verlassen der Fahrbahn beendet ist."

-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --

KOMMENTARE


SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --

WEITERLESEN




NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


Autoflotte ist die monatlich erscheinende Fachzeitschrift für den Flottenmarkt im deutschsprachigen Raum. Zielgruppe in diesem wachsenden Markt sind die Fuhrpark-Entscheider in Unternehmen, Behörden und anderen Organisationen mit mehr als zehn PKW/Kombi und/oder Transportern. Vorstände, Geschäftsführer, Führungskräfte und weitere Entscheider greifen auf Autoflotte zurück, um Kostensenkungspotenziale auszumachen, intelligente Problemlösungen kennen zu lernen und sich über technische und nichttechnische Innovationen zu informieren.