Wer von Ihnen kennt es nicht und legte in den vergangenen Jahren derartige Schadenmeldungen gerne mal wehmütig auf den "Uneinbringlich-Stapel": Ihr Mitarbeiter fährt mit einem unbeschädigten Firmenfahrzeug in eine Waschanlage hinein und stellt nach dem Waschvorgang einen Schaden fest.
Die Waschanlagenbetreiber berufen sich dann regelmäßig auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen und lehnen die Haftung ab. Die Beweislage war oft schwierig. Durch die Inbetriebnahme der Waschanlage haben die Waschanlagenbetreiber zwar eine Gefahrenquelle geschaffen. Dennoch gibt es keine gesetzliche verschuldensunabhängige Betriebsgefahr wie im § 7 StVG für Kraftfahrzeuge.
- Waschanlagenschäden: Bisherige Urteile
- Neues BGH-Urteil zu Schäden nach Waschanlagenbesuch
- Schutzpflichten der Waschanlagenbetreiber
- Betreiber müssen auf Eignung des Fahrzeugs achten
- Schäden nach Waschanlagenbesuch: Beweislastumkehr
- Fazit Schäden Waschanlage
- Praxistipp bei Schäden nach Waschanlagenbesuch
Waschanlagenschäden: Bisherige Urteile
Zwar gab es auch bisher Urteile, die besagten, dass es nicht in der Hand des Waschanlagenbenutzers liegt, den Waschvorgang von außen zu beeinflussen. Demzufolge trifft den Betreiber die Darlegungs- und Beweislast, dass bei Schäden am Fahrzeug während des Durchlaufs durch die Waschanlage die Schadensursache nicht in seinem Bereich zu finden ist oder ihm ein Fehlverhalten nicht vorzuwerfen ist (zum Beispiel Amtsgericht Stadtroda mit Urteil vom 12. März 2002, Az. 2 C 29/02; LG Hannover mit Urteil vom 07.08.2002, Az. 6 S 52/02).
Der Betrieb einer Selbstbedienungswaschanlage muss so konzipiert sein, dass Kunden diese benutzen können, ohne dass dabei der Pkw Schaden nimmt (zum Beispiel LG Zwickau mit Urteil vom 26.11.2004, Az. 6 S 148/04). Ist die Waschanlage konstruktionsbedingt nicht für serienmäßig ausgerüstete Pkw eines bestimmten Fahrzeugtyps geeignet, haftet der Betreiber der Waschanlage für Schäden am Fahrzeug durch den Waschvorgang (OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.06.2015 - 9 U 29/14). Kommen für eine Beschädigung in der Waschanlage sowohl ein Fehlverhalten des Kunden als auch ein Mangel der Waschanlage infrage, dann obliegt dem Betreiber die Beweislast, dass ein Mangel der Waschanlage den Schaden nicht verursacht hat (zum Beispiel AG München, Urteil vom 12.03.2008, Az. 262 C 6965/07; LG Berlin mit Urteil vom 19.12.2000, Az. 15 O 310/00).
Dennoch war diese Rechtsprechung sehr strittig, nicht höchstrichterlich entschieden und die Forderungen durchzusetzen oft schwierig, langwierig oder oft unmöglich.
Neues BGH-Urteil zu Schäden nach Waschanlagenbesuch
Wir kommen zum Bundesgerichtshof-Urteil (BGH) vom 21. November 2024, Az. VII ZR 39/24.
Nunmehr hat der BGH entschieden, dass der Betreiber der Waschanlage sich u.a nicht durch einen ausreichenden Hinweis auf die mit dem Waschvorgang verbundenen Gefahren entlastet hat und dem klagenden Kunden daher wegen der Beschädigung seines Fahrzeugs gegenüber dem Betreiber der Waschanlage Beklagte ein vertraglicher Schadensersatzanspruch in der geltend gemachten Höhe zusteht.
Schutzpflichten der Waschanlagenbetreiber
Der Vertrag über die Reinigung eines Fahrzeugs umfasst als Nebenpflicht die Schutzpflicht des Waschanlagenbetreibers, das Fahrzeug des Kunden vor Beschädigungen beim Waschvorgang zu bewahren. Geschuldet sind diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Anlagenbetreiber für notwendig und ausreichend halten darf, um andere vor Schäden zu bewahren. Hierbei trägt grundsätzlich der Gläubiger die Beweislast dafür, dass der Schuldner eine ihm obliegende Pflicht verletzt und diese Pflichtverletzung den Schaden verursacht hat.
Abweichend davon hat sich allerdings der Schädiger nicht nur hinsichtlich seines Verschuldens zu entlasten, sondern muss auch darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass ihn keine Pflichtverletzung trifft, wenn die für den Schaden in Betracht kommenden Ursachen allein in seinem Obhuts- und Gefahrenbereich liegen.
Betreiber müssen auf Eignung des Fahrzeugs achten
In dem zugrundeliegenden Fall kam es zu dem Schaden, weil die Waschanlage konstruktionsbedingt nicht für das serienmäßig mit einem Heckspoiler ausgestattete Fahrzeug des Klägers geeignet war. Das Risiko jedoch, dass eine Autowaschanlage für ein marktgängiges Fahrzeug mit einer serienmäßigen Ausstattung, wie dem betroffenen Heckspoiler, konstruktionsbedingt nicht geeignet ist, fällt in den Obhuts- und Gefahrenbereich des Anlagenbetreibers.
Schäden nach Waschanlagenbesuch: Beweislastumkehr
Betreiber von Waschanlagen müssen daher die Vermutung der Pflichtverletzung widerlegen. Die hiernach gegen sie streitende Vermutung der Pflichtverletzung hat der Waschanlagenbetreiber nicht widerlegt und den ihr obliegenden Nachweis fehlenden Verschuldens nicht geführt. Damit stellt der BGH klar, wen hier die Beweislast trifft.
Fazit Schäden Waschanlage
Kunden mit seriengemäß ausgestatteten Fahrzeugen dürfen auf die Eignung vertrauen. Das heißt, Sie dürfen berechtigterweise davon ausgehen, dass Ihre Flottenfahrzeuge, so wie sie sind, also mitsamt den serienmäßig außen angebrachten Teilen, unbeschädigt aus dem Waschvorgang hervorgehen.
Dieses Vertrauen ist laut den Richtern insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Risikobeherrschung gerechtfertigt, weil nur der Anlagenbetreiber Schadensprävention betreiben kann, wohingegen der Kunde regelmäßig sein Fahrzeug der Obhut des Betreibers überantwortet, ohne die weiteren Vorgänge selbst beeinflussen zu können.
Anders als der Betreiber, der es in der Hand hat, bestimmte Fahrzeugmodelle, die er für schadensanfällig hält, von der Benutzung seiner Anlage auszuschließen und dadurch das Risiko einer Beschädigung zu verringern, ist es dem Kunden regelmäßig nicht möglich, solche Waschanlagen von vornherein zu identifizieren und zu meiden, die konstruktionsbedingt nicht geeignet sind, sein Fahrzeug ohne ein erhöhtes Schadensrisiko zu reinigen.
Praxistipp bei Schäden nach Waschanlagenbesuch
Wichtig ist - wie bei jedem Unfall - die Beweissicherung. Der Schaden ist vor Ort unverzüglich zu melden, ein schriftliches Protokoll, welches vom Waschanlagenbetreiber unterzeichnet wird, ist hilfreich. Wichtig wäre auch, wenn Ihre Mitarbeiter den Waschbeleg aufheben. Insbesondere kann man diesem auch den konkreten Anspruchsgegner (Betreiber, Firmierung) entnehmen, was sonst oft nur durch langfristige Recherche herauszufinden ist.