Es werde wohl ein paar Wochen lang in der japanischen Autoindustrie ruckeln, schätzten Experten in den Tagen nach dem schweren Erdbeben vom 11. März. Keine große Sache, damit würden die Konzerne spielend leicht fertig. Wie blauäugig doch diese Einschätzung im Nachhinein erscheint. Anderthalb Monate nach der Katastrophe ist an Normalität noch nicht zu denken. Im Gegenteil: Japans Autoindustrie droht, auf lange Sicht Schäden davonzutragen.
"Die anhaltenden Produktionsausfälle könnten dazu führen, dass die japanischen Autohersteller Marktanteile verlieren und langfristig im Wettbewerb zurückfallen", erklärten die Analysten der einflussreichen Ratingagentur S&P am Montag. Das saß. Im Angesicht dieses Horrorszenarios gingen die Autoaktien am Dienstag in Tokio auf Talfahrt. Der Kurs von Marktführer Toyota büßte mehr als zwei Prozent ein.
Japans Autobauer kämpfen an vielen Fronten und oftmals scheint es ein aussichtsloser Kampf: Nach dem Beben fehlen immer noch Teile. Viele Zulieferer - besonders in den Katastrophengebieten - schaffen es nicht, ihre Produktion wieder hochzufahren. Selbst die Montagewerke im Ausland stehen teils still, weil der Nachschub fehlt. Überdies werden Japans Autobauer im Heimatland viel weniger Wagen los. Die Japaner haben momentan andere Sorgen, als sich ein neues Auto zu kaufen.
Toyota hat es dabei am härtesten getroffen: Erst im November oder gar Dezember dürfte die Produktion wieder normal laufen, schätzt der Konzern. Fast ein Dreivierteljahr würde die Krise damit anhalten - und das zu einer Zeit, wo die Kunden in Nordamerika wieder Gefallen an neuen Autos gefunden haben und der Markt in den Schwellenländern regelrecht boomt.
Toyota könnte auf Platz zwei zurückfallen
Einige Experten rechnen bereits damit, dass Toyota seinen Titel als weltgrößter Autobauer in diesem Jahr an General Motors verlieren könnte. Wenn es sehr schlecht für Toyota läuft, könnten sie sogar hinter Volkswagen auf Rang drei abrutschen. "Sicherlich profitieren wir von der Schwäche der Japaner", sagt ein Vertreter eines deutschen Autoherstellers. "Das will im Moment nur niemand öffentlich zugeben, weil das einen sehr faden Beigeschmack hat."