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Fahrbericht Land Rover Defender 90: Kurz und gut

28.10.2020 10:05 Uhr
Der Land Rover Defender 90 schlägt sich im Gelände hervorragend.
© Foto: Land Rover

Ikonen zu erneuern gelingt. Selten. Fiat hat es mit dem 500 geschafft. Mini hat mittlerweile einen Maxi samt Familie. Nun könnte der kurze Defender schmecken – selbst oder gerade als 400 PS Benziner.

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Von Michael Blumenstein / Autoflotte

Nein, klassische Defender-Fans werden den neuen Briten nicht mögen. Zu bequem, zu easy im Gelände, zu perfekt auf der Straße, zu warm, zu knarzfrei, zu viele Optionen, zu viel Elektronik, zu viele Assistenten, zu viel Luftfederung, zu viel Leistung, zu digital, zu teuer, zu groß, zu gut. Stimmt alles, zum Teil. Und damit könnte der Artikel bereits enden. Zu wenig England fehlt vielleicht noch. Denn der Neue ist ein Slowake aus Nitra. Jedoch macht der Defender 2020 eigentlich alles, was ein modernes Auto tun muss, ziemlich gut. Das Eigentlich und das Ziemlich könnte auch gestrichen werden. Und schon wieder könnte der Text enden.

Ninety

Wir nehmen uns heute dennoch den Kurzen vor. 90 (Ninety) nennt er sich und diese Kennung stammt ursprünglich vom Radstand in Zoll. Der neue 90er müsste allerdings 101er heißen und der 110er 119er. Denn gewachsen sind beide. Der 90er bringt es auf 4.58 Meter samt Ersatzrad, gut vierzig Zentimeter weniger als der 110er. Innen bringt das ordentliche Platzverhältnisse, auch im Kurzen – auch an den Schultern. So können zwar lediglich überschaubare 300 Liter Gepäck in den Kofferraum gepackt werden, der nach wie vor unsinnigerweise über die für Festland-Europa falschen Seite angeschlagene Hecktür beladen wird. Dafür sitzen davor fünf Personen recht kommod, eine sechste auf Wunsch eher knapp. Zwischen Fahrer und Beifahrersitz gibt es einen Klappsitz – also einen Notsitz (750 Euro). Clevere Lösung, jedoch stört der umgelegte Sitz beim Lenken.

Die Sitzposition ist phänomenal gut – für Defender-Verhältnisse und auch sonst. Die Einstellmöglichkeiten sind vielfältig, die Sitze sehr komfortabel. Wer jedoch elektrische Verstellmöglichkeiten (also Leder) ordert, sollte die hinteren Plätze ad acta legen. Eine mechanische Easy-Entry-Funktion gibt es dann nämlich nicht und so surrt der Sitz im Schneckentempo, elektrisch angetrieben, nach vorne. Deswegen ein Hoch auf Stoffsitze, auch in edlen Fahrzeugen. Die fühlen sich gut an, sehen gut aus und man hat keine Tiere auf dem Gewissen. Reingerutscht, sitzt es sich auch hinten sehr gut.

Souveräne Achtgang-Automatik

Die Verarbeitung ist vorne wie hinten hochwertig derbe – so soll es auch sein. Sichtbare Schrauben und pulverbeschichtete Flächen haben Charme, müssten aber nicht wirklich sein. Die Bedienung erfolgt auf Touch-Displays oder kapazitiven Flächen. Beides klappt gut und ausreichend schnell. Ein klassischer Gangwahlhebel erlaubt die Basisarbeit, alles andere macht die ZF-Achtgang-Automatik souverän. Wer im Gelände unterwegs ist, kann auch manuell im dritten Gang starten, um nicht zu viel Moment auf die Räder zu bringen.


Land Rover Defender 90

Land Rover Defender 90 Bildergalerie

Behände, nicht nur im Gelände

Bei unseren Fahrten auf der asphaltierten Teststrecke, dem Jaguar Land Rover-Testgelände in Gaydon, und im üblen Unterholz rund um Eastnor Castle, dem Offroad-Gelände von Land Rover, fuhren wir ausschließlich mit den zwei erhältlichen Benzinern. Antriebe, die vor allem eins machen: Spaß. Besonders der Reihensechszylinder, der aus drei Litern Hubraum 400 mechanische PS generiert, verwöhnt Motorenthusiasten. Und die schwelgen in längst vergangen geglaubten Zeiten. Samtweich dreht der Motor hoch und beschleunigt den gut 2,4 Tonnen schweren 90er in sechs Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Sinnvoll? Was für eine Frage. Doch ist es genau das, was diesem Auto einen zusätzlichen Wow-Effekt gibt – wie auch seine dynamischen Talente, die die Person am Volant meistens überfordern dürfte.

Und gerade in Deutschland wird sich ein Bruchteil der Zulassungen auf Menschen verteilen, die den Wagen aus nachvollziehbaren Gründen kaufen. Die da wären: Jäger, Förster, Bautreibende mit Hang zur Naturverbundenheit sowie Menschen, die 3.500 Kilogramm ziehen müssen. Sie sehen schon. Sie sind wohl ebenso raus. Ein Begründen außer dem Habenwollen gibt es in den seltensten Fällen. Also bitte gleich in die Vollen greifen und den P400 ordern. Denn der bringt einem das Grinsen beim Autofahren wieder ins Gesicht. Wer sich das nicht traut, kann auch zum D200 greifen. Die Diesel sind "seit jetzt" sechszylindrig, auch beim 110er, der anfangs mit Vierzylinder-Selbstzündern mit einer Leistung zwischen 200 und 300 PS angeboten wurde. Das erwies sich offensichtlich als nicht 100-prozentig gelungene Kombination und die Briten ruderten schnell zurück. Immerhin, VW hatte beim Amarok Jahre dafür gebraucht, um aus dem Vierzylinder-Biturbo einen kräftigen V6-Diesel zu machen.

Stoffdach nicht vergessen

Zurück zum P400. Herzerweichend könnte man die Klangkomposition aus Motor- und Abgasanlage bezeichnen. Dass der Verbrauch sich weit jenseits der Zehnlitermarke einpendeln wird, ist verständlich. 90 Liter passen in den Tank, sodass Kilometerfressen möglich, aber nicht sinnvoll ist. Dafür ist der Defender 90 P400 auch nicht gemacht. Eher einer der drei Diesel, die sich sicherlich auch auf der Langstrecke gut anfühlen.

Doch ein Extra spricht wieder gegen den "Vielfahrer-Defender": das Faltdach aus Stoff. Es perfektioniert den 90er und den P400 im Speziellen. Denn es bringt nicht nur Klang, Sonne und Wind ins Interieur, sondern: Lebensfreude pur. Und die sollte man sich bei allem (gesunden) Umweltbewusstsein nicht immer und überall nehmen lassen. Denn 15.000 Kilometer im P400 sind weniger umweltschädlich als 80.000 mit einem Mercedes A200 Diesel oder mit dem Flugzeug dem Vielflieger-Status hinterzulechzen. Und: Wenn der neue Defender eine Tugend des alten übernehmen sollte, dann bitte die der Beständigkeit. Laut Land Rover sind etwa 75 Prozent aller produzierten Defender (und Vorgänger) noch im Einsatz. Nachhaltiger kann es wohl nur noch ein anderer Brite: die Sportwagenmanufaktur (hier wird der Begriff noch gelebt) Morgan.


Land Rover Defender 90 P400

Preis ab: 53.200 Euro (netto)
R6/2.995 cm3 | 294 kW / 400 PS
550 Nm ab 2.000 U/min | 8-Gang-AT | 191 km/h | 6 s
WLTP: 11 – 12 S | 251 - 271 g/km
Effizienz: D
4.583 x 2.008 x 1.974 mm | 297 – 1.263 l
Garantie: 3 Jahre/100.000 km

Autoflotte-Empfehlung:

Faltverdeck: 1.784 Euro
Beheizbare Sitze: 326 Euro
Winterpaket: 622 Euro
Meridian Soundsystem: 672 Euro
Offroad-Paket: 1.631 Euro

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