Was ist die erste Frage, die Sie Ihren potenziellen Elektroauto-Kunden stellen?
Frank Hägele: Meine erste Frage lautet: Wie offen sind Sie für E-Mobilität?
Und wie lautet die häufigste Antwort darauf?
F. Hägele: "Wir sind hier sehr aufgeschlossen." Die Kunden öffnen sich immer mehr für alternative Antriebe. Sehr selten werden ganze Fuhrparks oder relevante Fuhrparkanteile umgestellt. Wichtig ist für den Kunden, zunächst Erfahrungen zu sammeln und darauf basierend weitere Entscheidungen zu treffen. Aus Sicht der Leasinggesellschaft haben wir eine "long tail"-Strategie: Wir haben wenige Kunden mit mehr als zehn Fahrzeugen mit alternativen Antrieben, jedoch eine sehr große Anzahl von Kunden, die vier oder weniger E-Fahrzeuge im Bestand haben.
Welche Fuhrparks gehen Sie gezielt beim Thema Elektrofahrzeuge an?
F. Hägele: Das sind die mit 20 bis 300 Fahrzeugen. Denn die müssen sich zwingend um E-Mobilität kümmern und wollen auch erste Antworten auf die Mobilität der Zukunft erhalten.
Haben Sie den Eindruck, dass der Wissensstand bereits gut ist?
F. Hägele: Zum Teil. Einige sind tief in die Materie eingetaucht, andere wissen nicht so recht, wie sie damit umgehen müssen. Das Thema ist oft eine Mischung aus Unwissenheit und Unsicherheit. Viele Unternehmen wollen kein Risiko einkaufen.
Dann kommt die Deutsche Leasing ja bei vielen "wie gerufen". Was bieten Sie Ihren Kunden an?
F. Hägele: Wir haben eine klare E-Mobilitätsstrategie, die unter anderem beinhaltet, dass das Restwertrisiko mit komplettem Wartungsvertrag bei uns liegt.
Denn die Kunden haben die Erwartungshaltung, dass alles einfach und sicher abläuft. Das stellen wir mit unseren maßgeschneiderten Angeboten sicher. So haben wir zum Beispiel auch eine kombinierte Ladekarte im Einsatz. Damit können Fahrer von Hybridfahrzeugen sowohl Diesel oder Benzin tanken als auch ihr Fahrzeug aufladen. Das zweite Ladekartenangebot ist für Ende des Jahres in Vorbereitung.
Im Herbst werden wir zusätzlich eine strategische Kooperation starten, in der es um die Analyse von bestehenden Fuhrparks und deren Umstellung auf alternative Antriebe geht. Dabei beachten wir alle relevanten TCO-Aspekte für alternative Fahrzeuge, also auch die Anschaffung und den Betrieb der Ladeinfrastruktur.
Wer geht auf potenzielle Kunden der Deutsche Leasing zu?
F. Hägele: Wir haben ein bundesweites Geschäftsstellennetz, über das wir unsere Kunden betreuen. Firmenkunden der Sparkassen erhalten unsere Finanzdienstleistungen und Services auch direkt über ihre lokalen Institute. Zentral haben wir eine Produktmanagerin für E-Mobilität, die bei diesem Thema die Fäden in der Hand hält. Zudem gibt es bei der Deutschen Leasing eine eigene Fördermittelberatung, die - sofern vom Gesetzgeber vorgesehen - auch die Beantragung der Fördermittel übernimmt. Denn aufgrund des Aufwands und des fehlenden Know-hows wollen die Kunden die Fördermittel in der Regel nicht selbst beantragen und schätzen die Unterstützung der Deutschen Leasing.
Aber Leasing ist ja nicht alles. Es muss ein Rundum-sorglos-Paket geschnürt werden. Was haben Sie da in petto?
F. Hägele: Bei der E-Strategie muss zwingend an die Ladeinfrastruktur gedacht werden, denn oftmals ist genau das der Knackpunkt, warum E-Mobilität nicht gelebt werden kann. Wir erstellen mit unseren Konzern-Kollegen der DAL-Deutsche Anlagen-Leasing in Mainz gemeinsame kundenspezifische Angebote zur Ladeinfrastruktur. Hierfür haben wir strategische Kooperationen geschlossen, die auf die jeweiligen Kundenbedürfnisse ausgerichtet sind: von der reinen Beschaffung der Ladeinfrastruktur bis hin zu Tiefbauarbeiten und der Übernahme von Wartungsdienstleistungen sind verschiedene Angebotspakete denkbar. Auf Basis des spezifischen Ladeinfrastrukturangebots bieten wir die entsprechende Finanzdienstleistung an: entweder als Miete-, Mietkauf- oder Leasingangebot. Also das gleiche Portfolio, das wir beim Auto auch anbieten.
Das Lade-Roaming ist aktuell noch immer ein Thema. So sind die Preise extrem unterschiedlich und können sich je nach Ladepunkt auch mal verdoppeln. Wie können Sie als Leasinggeber gegensteuern?
F. Hägele: Der Markt ist in der aktuellen Aufbauphase noch sehr heterogen, jedoch werden mit zunehmender Marktreife die Preise schnell unter Druck geraten und sich dann harmonisieren.
Kommen wir zu den Fahrzeugen. Da könnte man, wenn man böse ist, von einem Lieferengpass sprechen - über alle Marken hinweg. Wie sichern Sie kurze Lieferzeiten für Ihre Kunden?
F. Hägele: Durch unser großes Händlernetzwerk haben wir einen guten Marktüberblick. Deshalb können wir unsere Kunden bei der Fahrzeugbeschaffung auch unter Berücksichtigung der Lieferzeiten beraten. Aktuell sind wegen der 0,5-Prozent-Versteuerung vor allem die Plug-in-Hybride gefragt, die zusammen mit den vollelektrischen Versionen etwa sechs Prozent im Neugeschäft bei uns ausmachen. Der Bestseller ist bei den reinen E-Fahrzeugen das Model 3 von Tesla.
Was treibt Ihrer Erkenntnis nach die Firmen dazu, auf Elektromobilität umzuschwenken?
F. Hägele: Die Motivation ist vielschichtig. Zum einen wegen des Drucks der Dienstwagenfahrer, die Geld sparen möchten. Aber selbstverständlich sind auch viele Unternehmen und Unternehmer dabei, die in Metropolen keine lokalen Emissionen mehr ausstoßen wollen und deren Fahrprofil perfekt ins Bild passt.
Verändern Ihren Erfahrungen nach die "neuen" E-Mobilisten auch ihr eigenes Mobilitätsverhalten?
F. Hägele: Das lässt sich bislang nicht beobachten.
Wie hoch ist die durchschnittliche Jahreslaufleistung "Ihrer" Elektro-Modelle und sind die Laufzeiten länger oder kürzer?
F. Hägele: Die Laufzeiten liegen leicht über unseren Durchschnittswerten im Neugeschäft, die Laufleistungen sind deutlich geringer.
Wie läuft es anschließend mit dem Remarketing? Stellt sich das als schwieriger oder einfacher heraus als bei klassischen Verbrennermodellen?
F. Hägele: Die Anzahl der alternativen Fahrzeuge, die wir bislang vermarktet haben, ist zu gering, um eine nachhaltige und valide Aussage zu treffen. Die bisherigen wenigen Erfahrungen sind aber durchgehend positiv.
Könnte Ihrer Meinung nach sauberes und kostengünstiges Erdgas (CNG) für einige Unternehmen ein Anreiz sein, auch diese Antriebs-Alternative in Erwägung zu ziehen?
F. Hägele: Das Stromthema ist sexy, es elektrisiert im wahrsten Sinne des Wortes mehr als Erdgas, bei dem das Interesse unserer Kunden eher abnimmt. Wir beobachten jedoch, wie einzelne Hersteller Erdgas kommunikativ stärker berücksichtigen.
Unter Total Cost of Ownership- und Convenience Aspekten ist es eine sehr interessante Alternative. Außerdem können Erdgasfahrzeuge als umweltfreundliche Überbrückungstechnologie genutzt werden, bis die Ladeinfrastruktur für Elektromobilität flächendeckend zur Verfügung steht.
Eine abschließende Frage: Sie sind im Vorstand des Verbandes der markenunabhängigen Fuhrparkmanagementgesellschaften, kurz VMF. Was bedeutet das für Sie persönlich und was für die Deutsche Leasing?
F. Hägele: Die Verbandsarbeit ist uns bei der Deutschen Leasing Fleet sehr wichtig. Der VMF richtet sich gerade neu aus und wir sind sehr froh, dass der Zuspruch an neuen Mitgliedern und Premium-Partnern so gut ist. Wir drei im Vorstand hätten nicht gedacht, dass wir in so kurzer Zeit solche positiven Resonanzen erhalten. Grundsätzlich ist in den aktuellen Zeiten, der sich sehr intensiv verändernden Mobilität und den Veränderungen bei neuen und bestehenden Marktteilnehmern ein starker VMF wichtiger denn je. An diesen Veränderungen und Entwicklungen mitzuarbeiten und mitzugestalten macht mir persönlich Freude.
Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Hägele.
Interview: Michael Blumenstein