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Die Variablen steigen

24.08.2018 14:50 Uhr
Die Variablen steigen
Dieselgate, Mobilitätswandel und weitere Trends führen nun dazu, den TCO neu zu denken.
© Foto: Gina Sanders/Fotolia

Die Kosten für Firmen-Pkw haben sich in den vergangenen Jahren kaum verändert. Aber Dieselgate, der Mobilitätswandel und einige weitere Trends führen nun dazu, die TCO neu zu denken.

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Mobilitätsbudgets, Elektroautos oder telematikgestütztes Flottenmanagement zur Optimierung der Total Cost of Ownership (TCO): Der Einsatz solcher Lösungen wird in den Unternehmen eifrig diskutiert, zunehmend in Pilotprojekten getestet oder auch implementiert. So geschehen jüngst bei einem Logistikkonzern, der seinen rund 300 Pkw-Nutzern als Alternative ein Mobilitätsbudget in Verbindung mit einem Zugang zur Kurzzeitmiete, Carsharing und öffentlichen Personenverkehr bereitgestellt hat. Allerdings nur für wenige Monate. Der Einkäufer, der nicht genannt werden will, erläutert: "Uns sind dabei die Reisekosten für dienstliche Fahrten durch die Decke gegangen." Hintergrund: Die Mitarbeiter haben beispielsweise bei einer Dienstreise, die am frühen Montag beginnt, schon am Freitag das Auto abgeholt. Dadurch sind zusätzliche Kosten fürs Wochenende aufgelaufen. Aufgrund der Vielzahl an geschäftlichen Reisen hat dies im Vergleich zu einem Firmenwagen unterm Strich deutlich höhere Aufwendungen nach sich gezogen. Weiterer Nachteil: Die Kosten über die verschiedenen Verkehrsmittel konnten mangels Software im Markt, die alle Daten und Buchungsmöglichkeiten zusammenführt, nicht sauber konsolidiert werden. Zumindest noch nicht. "Sollten sich neue Möglichkeiten ergeben, stehen wir einem neuen Versuch offen gegenüber", betont der Verantwortliche.

Europäischer TCO-Durchschnitt

Pkw-Flotten sind daher kaum wegzudenken, weshalb sich der Blick vorwiegend auf deren TCO richtet. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte hat hierfür Zahlen und Entwicklungen der einzelnen Kostenbausteine auf europäischer Ebene analysiert (siehe Grafik "Drei dominante Faktoren TCO für Firmenwagen in Europa"). Und deren Anteile an den Gesamtkosten sind laut Sebastian Pfeifle, Partner im Bereich Strategy & Operations sowie Leiter Global Auto Finance Team bei Deloitte, in den vergangenen Jahren auch relativ konstant geblieben. Hierbei verursachen die Abschreibung auf den Wertverlust der Fahrzeuge und der Kraftstoff die größten Ausgaben.

Neue Einflüsse und Möglichkeiten

Für die Experten von Deloitte befindet sich der Flottenmarkt und damit die TCO-Betrachtung allerdings vor einer Umbruchphase. Diese wird in den nächsten Jahren unter anderem von einer steigenden Zahl an E-Fahrzeugen in den Fuhrparks getrieben. Pfeifle begründet: "Während beispielsweise bei Verbrennern die Abschreibung auf den Fahrzeugwert in den ersten drei Jahren bei rund 50 Prozent liegt, könnte sich diese bei Elektroautos auf bis zu zwei Drittel erhöhen. Zugleich werden Kosten für Reparaturen und Wartung oder Kraftstoff tendenziell sinken." Wie stark diese Effekte sein werden, hängt etwa von gesetzlichen Vorgaben und Anreizen als auch vom kommenden Verbreitungsgrad der E-Fahrzeuge, dem Ausbau der Ladeinfrastruktur sowie den Reichweiten ab.

Parallel dazu werden nach Ansicht von Pfeifle die Unternehmen verstärkt auf die Mobilitäts-Policies umschwenken, in denen Firmenwagen ein Bestandteil sein können. Potenziale bergen hierzulande auch noch die Telematik-Lösungen, die aus Erfahrungen in anderen Ländern Einsparungen von zehn bis 20 Prozent bringen würden. "Insgesamt wird der Dreiklang aus Veränderungen im Fahrzeugbestand, einer Steigerung von daten- und telematikgestützten Angeboten und der Wandel in der Nachfrage hin zu mobilitätsorientierten Lösungen zu neuen Herausforderungen in der TCO- Bestimmung führen", sagt Pfeifle. Je ausdifferenzierter die Policies, desto komplexer werden die Analysen und die Kontrolle der Kosten.

Mankos und differenzierte Betrachtung

Gleichwohl bleiben die TCO je nach Land, Unternehmen, Flottengröße und -struktur aufgrund von Faktoren wie den steuerlichen Vorgaben höchst unterschiedlich. Davon kann Uwe Seitz, Geschäftsführer der auf Fuhrparks spezialisierten Unternehmensberatung Semase in Sinzing, aus seiner 15-jährigen Tätigkeit berichten. Speziell in Deutschland haben seiner Beobachtung nach viele Fuhrparkmanager in den Jahren 2015 und 2016 keinen Handlungsbedarf auf der Ausgabenseite gesehen. "Bei genauer Betrachtung hatte dies stets mit den gesunkenen Kraftstoffpreisen zu tun. Da die Flotten in der Regel budgetiert sind, gab es keinen Kostendruck." Doch der Wind dreht sich langsam. Hier schlagen unter anderem die Diskussionen rund um den Diesel und die seit einigen Monaten steigenden Spritpreise durch. Unternehmen sind dadurch für die Aufwendungen stärker sensibilisiert.

An den Schwachpunkten der Datenerhebung zur TCO-Berechnung hat sich für Seitz allerdings kaum etwas geändert: "Nach wie vor wird oft nur danach geschaut, wie der Firmen-Pkw zu günstigeren Leasingraten bezogen werden kann. Aber selbst dafür fehlt es an den notwendigen Benchmarks." Was noch viel mehr zu Buche schlägt: Die nachvertraglichen Kosten würden nicht mehr sauber erfasst: "Doch genau dadurch ließen sich sicherlich zehn bis 15 Prozent der Gesamtkosten senken."

Effektive Hebel zur Kostensenkung

Was Fuhrparkleiter tun können, um die Lücken zu schließen und Klarheit zu schaffen? "Ein Schritt in diese Richtung ist, sich bei Branchentreffen oder in Vereinen von Fuhrparkleitern mit Kollegen auszutauschen und Rat einzuholen", sagt Seitz, der selbst Vorsitzender des Arbeitskreises Fuhrparkmanagement Bodensee ist.

In den Unternehmen beginne die TCO-Betrachtung damit, die Ist-Situation auf den Tisch zu bringen und darauf die Ausschreibung aufzusetzen. Dazu gehört für die Zusammenarbeit festzulegen, dass Leasinggesellschaften Mehr- und Minderkilometer gleich abrechnen müssen, sie bestimmte Schadenarten wie kleine Parkdellen nicht abrechnen oder Verträge nicht so anpassen dürfen, dass sich der Deckungsbeitrag des Leasinggebers verändert. "Daneben fordern wir in einer Ausschreibung beispielsweise, dass Vertragsanpassungen anhand einer erarbeiteten Matrix aus Laufleistungen und -zeiten während der Vertragslaufzeit vorgenommen werden können. Die Parameter dafür werden bereits am Anfang vereinbart", betont der Semase-Geschäftsführer. "Unternehmen können dann auch bei abweichenden Laufleistungen immer nachvollziehen, was es kostet, wenn ein Mitarbeiter mehr oder weniger fährt." Er ist sich sicher, dass ein Flottenmanager auf diese Weise 85 bis 90 Prozent der nachvertraglichen Kosten - mit Ausnahme von Kraftstoff, Schadenfolgekosten und den merkantilen Minderwerten - regeln kann.

Kostensteigerungen zu erwarten

Eine transparente TCO inklusive flexibles Kostenmanagement hält der Berater insbesondere mit Blick auf die kommenden Jahre für elementar. Denn er geht davon aus, dass sich die TCO aus drei Gründen erhöhen. Erstens: Die Restwerte der Leasinggeber gehen nach unten, bei Diesel bis zu fünf Prozent. Und die Baseline sei noch nicht erreicht, weil bei den Diesel-Restwerten generell vorsichtiger kalkuliert werde."Kleinere Anbieter nehmen an Ausschreibungen teilweise nicht mehr teil, weil sie vor der Restwert-Fixierung zurückschrecken", erläutert Seitz. Zweitens: Die in den vergangenen Monaten angezogenen Kraftstoffpreise werden tendenziell weiter steigen. Zusätzliche Belastung droht etwa durch die diskutierte Reduzierung des Steuervorteils auf Diesel."Drittens: Die Fahrzeugpreise werden weiter nach oben gehen, weil die Technologien, die man braucht, um die Fahrzeuge sauberer zu machen, teurer werden", schätzt der Flottenexperte. Das werde dazu führen, dass Flottenbetreiber sich von den kürzeren Laufzeiten der vergangenen Jahre verabschieden und die Fahrzeuge wieder länger halten. Er begründet das mit einer Verbesserung der TCO:"Wenn die Laufzeiten von 36 auf 48 Monate verlängert werden, bedeutet dies erfahrungsgemäß einen Kostenvorteil von fünf bis sieben Prozent. Das kann zum Beispiel die Preissteigerungen beim Kraftstoff neutralisieren."

Budgetkontrolle ungelöst

Zugleich beeinflusst die Einführung von Mobilitätsbudgets und unterschiedlichen Verkehrsmitteln nach Mitarbeiterbedarf die TCO. "In vielen Unternehmen wird dies diskutiert und ist das Thema alternative Antriebe durchaus in den Köpfen, aber aus Kostensicht aktuell nicht diskutabel", so Seitz. Er ergänzt:"Wenn die Fuhrparkdaten schon nicht unter Kontrolle sind, dann überfordert eine TCO-Betrachtung, die alle Mobilitätslösungen unter einen Hut bringt und die verschiedenen Varianten individuell vergleichbar macht - unabhängig davon, dass es bisher noch keine digitale Anwendung gibt, die dies ermöglicht." Allein mit der TCO von Firmenwagen haben die Flottenmanager somit alle Hände voll zu tun.

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