Gut vorbereitet Ende Oktober, spätestens jedoch Anfang November ist die Montage von Winterreifen im Interesse der Fahrsicherheit unverzichtbar. Die Neu- und Weiterentwicklungen für die
bevorstehende Wintersaison 2009/2010 eignen sich allesamt für flottenrelevanten Fahrzeugmodelle.
Die Ausrüstung mit Winterreifen hat in Deutschland nach Feststellung der Sachverständigenorganisation KÜS einen Level von mittlerweile 83 Prozent erreicht und zeigt weiter steigende Tendenz.
Verbunden damit ist allerdings die Erkenntnis, dass es starke regionale Unterschiede gibt. So „eiern“ im Bundesland Sachsen nur neun Prozent der Einheimischen mit Sommerreifen über glatte Straßen, in Hamburg und Bremen sind es dagegen fast 30 Prozent. Wobei die Meteorologen nachgewiesen haben, dass in Hamburg von Oktober 2008 bis April 2009 an 95 Tagen Bodenfrost herrschte und an sechs Tagen Dauerfrost – genug Zeit und Gelegenheit, um sich mit Sommerreifen kräftige und teure Schäden am Auto zu holen.
Nachdem über die Problematik von Sommerreifen im Winter kein Zweifel mehr bestehen kann, „hilft“ bei den hartnäckigen Winterreifenmuffeln vielleicht der Griff in die Geldbörse. Die Polizei prüft inzwischen die gesetzliche Vorschrift der „angepassten Bereifung“ im Winter schärfer. So wurden (laut KBA) in der vergangenen Saison bundesweit an Autofahrer in diesem Zusammenhang insgesamt 428 mal Bußgelder in Höhe von 20 oder 40 Euro verhängt. Klar in Führung liegend sind dabei die Bundesländer Nordrhein-Westfalen (190), Baden-Württemberg (63) und Bayern (47).
Schlechte Karten hat auch, wer ab Oktober und bei den ersten Schneeflocken nach Österreich fährt, denn dort wird gnadenlos zur Kasse gebeten, wer unter diesen Umständen nicht mit M+S-Reifen ausgerüstet ist, die mindestens vier Millimeter Profiltiefe aufweisen. Selbst die besten Winterreifen werden in Österreich nicht mehr als solche anerkannt, wenn weniger Profil vorhanden ist.
Vier Millimeter Restprofil sind tatsächlich eine Grenze, die man mit Winterreifen nicht unterschreiten sollte. Diese Erkenntnis haben der Autoclub ACE und die Sachverständigenorganisation GTÜ in einem Reifentest nachgeprüft. Verwendet wurden dabei identische Dunlop-Winterreifen mit acht Millimetern Neuprofil, vier und zwei Millimetern Restprofil. Ergebnis: Im Vergleich zum Neureifen verlängert sich mit vier Millimetern Profiltiefe auf Schnee der Bremsweg (von 50 km/h auf 0) schon um sechs Meter, bei zwei Millimetern aber sind es katastrophale 11,4 Meter mehr Bremsweg.
Ähnlich sehen auch die übrigen Messungen aus. Selbst auf Nässe übrigens (Ausgangsgeschwindigkeit 100 km/h) sind bei vier Millimetern Restprofil rund neun Meter mehr Bremsweg gemessen worden, bei zwei Millimetern waren es knapp 14 Meter. Dabei hat das Auto gegenüber dem stehenden Fahrzeug mit Neureifen eine Restgeschwindigkeit von 43 km/h. Welcher Schaden mit einem solchen Aufprall verbunden ist, kann man sich lebhaft vorstellen.
Bei der Entwicklung neuer Winterreifen wird nicht nur die Leistungsfähigkeit verbessert, sondern stärker denn je auch die ökologische Komponente beachtet, Beispiel: Rollwiderstand. In diesem Punkt stellen Sommer- und Winterreifen nahezu identische Anforderungen, der rollwiderstandsarme und damit spritsparende Winterreifen ist also realisierbar. Warum die Reifenhersteller auch in diesem Jahr ihre entsprechend ausgelegten Winterreifen nicht als Öko-Modelle kennzeichnen (wie bei Sommerreifen üblich), bleibt deren Geheimnis. Nachfolgend die aktuellen Neuentwicklungen auf dem Winterreifenmarkt:
Bridgestone
Im Pkw-Segment offeriert der japanische Weltmarktführer mit dem Blizzak LM-30 und dem Blizzak LM-35 zwei neue Produkte. Sie unterscheiden sich stark bei Unterbau und Profildesign, damit verschiedene Anforderungen besser erfüllt werden können. So ist der LM-30 in den Tempo-Kategorien T (bis 190 km/h) und H (bis 210 km/h) und eher gemäßigten Größen von 155/65 R14T bis 225/45 R17H lieferbar. Den Blizzak LM-35 gibt es zunächst in fünf Dimensionen von 205/55 R16V bis 225/45 R17V. Die asymmetrischen Profile verfügen über eine weiterentwickelte Lamellentechnologie und neue Laufstreifenmischungen mit hohem Silicaanteil. Der Rollwiderstand wurde laut Hersteller gegenüber den Vorgängern jeweils um bis zu 16 Prozent reduziert.
Neu bei Bridgestone ist auch der Blizzak DM-V1, ein SUV-Reifen für extreme Winterbedingungen. Der Straßenreifen wurde in seiner Leistungsfähigkeit bei schwierigen Bedingungen wie Schnee, Eis und Nässe optimiert. Lieferbar sind vorerst 14 Größen mit dem Geschwindigkeitsindex R (bis 170 km/h), von 215/80 R15 bis 275/40 R20.
Continental
Mit dem ContiWinterContact TS 830 P führt Continental ein weiteres Winterreifenmodell ein, das speziell auf die Wir-kungsweise moderner elektronischer Fahrerassistenzsysteme abgestimmt ist. Seine Merkmale sind ein asymmetrisches Profil und eine Lamellierung, die jeden Eingriff der Schleuderbremse ESP wirksam unterstützt. Der Reifen wurde insbesondere für die Anforderungen von stärker motorisierten Limousinen entwickelt, deshalb erhielt er auch die Freigabe von Mercedes-Benz, beispielsweise für die neue E-Klasse. Der ContiWinterContact TS 830 P wird in einer umfangreichen Palette mit 30 Größen angeboten, von 205/60 R16H bis 255/40 R18V XL.
Fulda
Der Kristall Montero 3 wurde gegenüber den Vorgängern in allen wesentlichen Bereichen verbessert. Dazu tragen das wirksame und optimierte V-Profil mit steifen Schulterblöcken bei, die Verbundlamellen in hoher Anzahl, eine Niedrigtemperatur-Laufstreifenmischung mit mehr Silica und neuartigen Polymeren. Die um fünf Prozent größere Aufstandsfläche sorgt für mehr Laufleistung. Lieferbar sind derzeit 25 Größen und Ausführungen mit dem Speed-Index T (bis 190 km/h), von 165/70 R13T bis 205/55 R16T, zudem drei Trapoversionen: 165/70 R14C89/87R, 175/65 R14C90/88T, 195/60 R16C99/97T.
Goodyear
Den neuen UltraGrip Performance 2 unterzog Goodyear nicht nur eigenen Vergleichstests, man beauftragte damit als neutrale Institution auch den TÜV Süd. Gemessen an zwei namhaften Wettbewerbern stellte der TÜV für den Performance 2 einen kürzeren Bremsweg auf Schnee fest (minus acht Prozent), eine Reduzierung des Bremswegs auf Eis (minus 13 Prozent) und eine bessere Nässehaftung (plus drei Prozent). Konzipiert wurde der neue Winterreifen für große Limousinen, danach sieht auch die Lieferpalette aus: 26 Größen (Speed-Index H bis 210, V bis 240 km/h), von 235/60 R16H bis 275/30 R19V. Das laufrichtungsgebundene V-Profil sowie zwei verschiedene Lamellen-Versionen und eine Hightech-Laufstreifenmischung sind verantwortlich für das hohe Sicherheitsniveau unter allen winterlichen Bedingungen.
Michelin
Der neue Agilis Alpin ist als Winterreifen für Transporter konzipiert und soll im Vergleich zu seinem Vorgänger auf vereisten wie nassen Straßen die Bremswege um bis zu zwei Meter verkürzen, auf Schnee soll das Fahrverhalten bis zu 25 Prozent besser sein. Wichtig für Fuhrparks ist die Versprechung, dass die Laufleistung um bis zu 20 Prozent gewachsen ist. Zudem haben die Entwickler darauf geachtet, dass die Widerstandsfähigkeit gegen Anprallverletzungen und ähnliche Missetaten der Fahrer unverändert hoch ist. Gefertigt werden derzeit 14 Größen und Ausführungen, von 195/70 R15C104/102R bis 235/65 R16C115/113R.
Die zweite Michelin-Neuheit wird von der Tochter BFGoodrich angeboten, der Winter Slalom KSI, ein SUV-Winterreifen. Im Vergleich zum Vorgänger wurde das Leistungsniveau deutlich angehoben, bessere Fahreigenschaften und mehr Sicherheit unter allen winterlichen Bedingungen sind die Folge. Offeriert werden 20 Größen mit dem Speed-Index S (bis 180 km/h), von 205/75 R15S bis 235/65 R17S.
Nokian
Die Finnen schicken ihren High-Performance-Winterreifen WR G2 mit zahlreichen Verbesserungen in die bevorstehende Wintersaison. So verspricht Nokian neben einem reduzierten Rollwiderstand kürzere Bremswege bei Nässe, einen verbesserten Aquaplaning-Schutz sowie einen nochmals gesteigerter Schneegriff. Außerdem soll der Schneematschspezialist fortan mit einer längeren Laufleistung aufwarten. Das Lieferprogramm wurde um drei Größen in 15- und 16-Zoll erweitert und umfasst nun 67 Formate vom 14-Zöller der Geschwindigkeitskategorie T bis zum 20-Zoll-W-Reifen.
Pirelli
Mit dem Winter Snowcontrol Serie II wird das Pirelli-Portfolio nach Einführung des Sottozero Serie II im unteren Segment erneuert. Der Snowcontrol Serie II soll gegenüber vergleichbaren Wettbewerbern beim Bremsen und Handling auf Nässe um zehn Prozent besser sein, auf Schnee um jeweils drei Prozent. Der Rollwiderstand ist um fünf Prozent geringer, der Geräuschpegel um drei Prozent niedriger und das Verschleißverhalten um zwei Prozent besser. Der Reifen steht für „Stadtfahrzeuge“ bis zur Mittelklasse zur Verfügung, die vorerst lieferbaren zehn Dimensionen reichen von 165/65 R15T bis 195/60 R15T.
Yokohama
Mit dem neuen W.drive (V903) hat Yokohama dem bewährten W.drive(V902) ein eigenständiges Modell speziell für Klein- und Kompaktwagen zur Seite gestellt. Nach Angaben der Japaner zeichnet sich der in diversen Größen von 165/65 R13 bis 175/55 R15 – bei einem einheitlichen Speedindex von T (bis 190 km/h) – erhältliche Newcomer insbesondere durch einen niedrigen Rollwiderstand sowie eine besonders hohe Laufleistung aus. Das Profil ist laufrichtungsgebunden.
K.P. Backfisch
Die neuen Winterreifen 2009
- Ausgabe 10/2009 Seite 44 (724.0 KB, PDF)