Was ist neu am Mittelklasse-Bestseller von Mercedes-Benz? Eine ganze Menge, aber nichts Revolutionäres. Gut so, werden die meisten Käufer sagen. Denn Premium bleibt nur evolutionär auf dem gleichen Verkaufsniveau, wie die Vergangenheit zeigte. So holte man von der eher elitären S-Klasse zwei entscheidende Elemente ins breite Fahrer-Volk. Den Entertainment-Bereich und die Plug-in-Hybride.
Beides ist top und beweist, dass die Stuttgarter vor Konkurrenten, die allein auf E & E - also Elektroantrieb und Entertainment - setzen, nicht mehr ausweichen müssen, sondern frontal den Angriff suchen können. Da die elektrisch-akustische Schleichfahrt in der Mittelklasse nun maximal 110 Kilometer geht, ist die C-Klasse eigentlich etwas atypisch im anbrechenden E-Zeitalter. Aber zum einen sind die bei unserer Testrunde gefahrenen Diesel- und Ottomotoren absolut empfehlenswert, da es damit leise, dynamisch und sparsam zugeht - im Alltag und nicht nur auf dem Papier - und zum anderen ist das Daimler-Doppelherz mittlerweile ein ausgereifter Kompromiss.
Benzin- und Diesel-Phev
Die vierte Generation von Plug-in-Hybriden wird es wieder als Benzin- und Diesel-Version geben - ein Unikat in der Branche. Fahren konnten wir den Benziner-Phev C 300e (312 PS Systemleistung, WLTP-Verbrauch: 0,7 bis 1,1 l und 20 bis 23,5 kWh), dessen Leistungskurve auf der Pendler-typischen 45-km-Runde beeindruckt, da er bei hoher Geschwindigkeit fahrstabiler ist als die monovalenten Diesel- oder Benzin-Varianten.
Das Batterie-Paket im Heck und die eng aneinandergerückte Einheit aus Vierzylinder, Automatikgetriebe und E-Motor sorgen dafür, dass sich das Leergewicht fast pari auf beiden Achsen verteilt. Die gefahrene Hecktriebler-Limousine namens C 300d (265 PS, WLTP: 5,0-5,6 l, 131 bis 148 g CO2) ist zwar dank der optionalen Hinterachslenkung (1.050 Euro) und der damit kombinierten direkteren Lenkübersetzung an der Vorderachse, ein echter Kurvenräuber, aber souveräner ist eben der Plug-in-Hybrid. Dessen Hinterachse zudem serienmäßig luftgefedert wird.
Die Fahrdynamik speist sich aus der nun 25,4-kWh-Batterie (brutto), die sich gegenüber der dritten Phev-Generation fast verdoppelt hat. Ergo wuchs auch die Range von knapp 50 auf offiziell 89 (4x4 AMG) bis 110 Strom-Kilometer. Auf der Testrunde mit bergigen Anteilen und schnellen Landstraßen-Passagen (also durchaus eine Pendler-Strecke) trieben wir den Verbrauchszähler auf knapp 21 kWh. Für einen Phev ein guter Wert, der auch für den Dialog zwischen Fuhrparkleiter und Dienstwagenfahrer zur Möglich- und Notwendigkeit eines Plug-in-Hybriden Argumente "pro Phev" gibt. Denn Daimler denkt das Doppel-Herz als E-Fahrzeug.
Die Fahrt startet immer mit der E-Maschine, der Verbrenner wird zeitgleich vorgewärmt und der Teillastbereich überbrückt. Damit der Vierzylinder möglichst lange außen vor bleibt, muss sich die Batterie über die Rekuperation möglichst schnell selbst wieder aufladen. Hierfür nutzt die C-Klasse maximal 100 kW Rekuperations-Leistung, die jedes Verzögern in wertvolle Batterie-Energie umwandelt.
Fährt man beispielsweise ein starkes Gefälle wie die Geislinger-Steige auf der A8, sorgen laut den Daimler-Experten 300 Höhenmeter Differenz beim Runterfahren für gut 2 kWh Energiegewinn - was bei 20 kWh Verbrauch zehn Extra-Kilometer sind. Außer im Sport-Modus dienen deshalb die Schaltwippen allein dem Steuern des Grades der so wichtigen Rekuperation.
Ladebesonderheiten
Der Diesel kommt dem Lastprofil der E-Maschine (die die Lichtmaschine ersetzt) näher, da er im Vergleich zum Otto-Motor eine kürzere Anlaufzeit braucht und schnell Newtonmeter generiert. Der Selbstzünder-Phev soll deshalb ebenso folgen wie ein noch leistungsstärkerer Benziner-Phev, der auch Sechszylinder-Fans von den Vorzügen eines Teilzeitstromers überzeugen soll.
Damit die laufenden Kosten nicht aus dem Ruder laufen, plädiert auch Daimler für den Hauptbetriebsstoff Strom. Dieser wird im Batterie-Pack gespeichert, das nun so flach im Heck platziert ist, dass der Ladeboden ohne Kante auskommt und das Volumen um 15 bis 45 Liter (T-Modell) gegenüber der dritten Generation steigt. Geladen wird standardmäßig mit 11 kW im AC-Bereich. DC gehen maximal 55 kW durch - was von den Leistungsdaten von der S-Klasse abgeleitet ist, denn alle Batterien stammen aus dem polnischen Werk in Jawor und werden in Bremen mit dem Fahrzeug verheiratet. Das schnelle Laden muss man allerdings im Display nochmal explizit bestätigen, sonst gehen am DC-Lader nur 20 kW durch die Leitungen - und die sind dann sehr teuer.
Apropos Display. Alle Anzeigen sind digital und leicht (6 Grad) hin zum Fahrer geneigt. Was Reflexionen mindert und insgesamt eine leichte Bedienung ermöglicht. Das Head-up-Display ist in der absoluten Top-Klasse zu finden, nur hinterlässt der benötigte Bauraum ein großes Loch im Armaturenträger. Die nächste Stufe des Navigierens, das Augmented Reality (High-End Infotainment Paket, 2.685 Euro) braucht es nicht, aber der digitale Nachwuchs wird dies vermutlich anders sehen.
Daimler-typisch sind die neuen Vierzylinder wuchtig und mit der nun in allen Modellen vorhandenen Automatik (9G-Tronic) gut steuerbar. Die Hinterachslenkung stabilisiert nicht nur die Kurvenfahrten, sondern rundet das Fahrerlebnis in punkto Agilität ab - der Komfort steht hier aber immer im Mittelpunkt. Dank des kleinen Wendekreises, der sich um beachtliche 43 Zentimeter auf 10,64 Meter verkleinert, fühlt man sich eher in der Kompakt- als in der Mittelklasse.
Top Entertainment
Spaß macht auch das Mbux-System, denn die gesprochenen Anfragen werden beantwortet und die Befehle werden ausgeführt - egal, ob man das Fenster öffnen, die Reichweite wissen oder den Titel des aktuellen Songs im Radio erfahren möchte. Derweil lädt das eigene Smartphone versteckt vom Blickfeld induktiv. Gut so, denn der große Screen (10,25 bis 12,3 Zoll) bietet schon genug Ablenkung.
Gut, dass der ACC mit der Verkehrszeichenerkennung auch die temporären Richtlinien automatisch übernimmt, so dass man im Grunde fast nichts mehr zu tun hat. Er bremst die C-Klasse automatisch bis zum Stillstand. Wenn man noch minimal Restschwung hat, fährt er automatisch los, sobald sich der Vordermann wieder in Bewegung setzt. Das Navi ist top und leitet in verständlichen Befehlen ("im Kreisverkehr links", statt zu sagen: "dritte Ausfahrt"). Der automatische Hinweis beim Autobahn-Stau zum Bilden einer Rettungsgasse ist ebenso hilfreich. Nicht so top bleibt weiterhin die Übersichtlichkeit im Mittelklasse-Benz - sowohl die A- als auch die B-Säule sind wuchtige Pfeiler.
Aber kommen wir nochmal zum Verbrauch. Im gefahrenen 300 d (Limousine) flossen nach gut 180 Kilometern durchschnittlich 7,6 Liter pro 100 km durch die Brennkammern. Der Benziner (C 200) brauchte für eine ähnlich lange, aber mit weniger Autobahn-Kilometern ausgestattete Strecke knapp unter acht Liter.
Beim Plug-in sollten natürlich fast ausschließlich Kilowattstunden am Ende der Dienstfahrt stehen. Beim Otto-Phev leistet der E-Motor 95 kW und sorgt für 440 Nm Leistung. Was in den meisten Fahrsituationen genügend Power ist. Zumal das Schnellladen maximal 30 Minuten dauert, dann sind wieder knappe 100 Kilometer E-Reichweite verfügbar. Wer aber häufig längere Strecken fährt oder etwas im Schlepptau hat, der sollte auf den Diesel-Phev warten.