Vollkaskoversicherung
Keine Leistung bei Falschangaben
Macht ein Versicherungsnehmer falsche Angaben zum Unfallhergang und zum Unfallort, ist dies juristisch eine Obliegenheitsverletzung. Der Geschädigte geht dann leer aus und bleibt im Falle eines Gerichtsverfahrens zudem auf den Prozesskosten sitzen.
Nicht immer sind Verkehrsunfälle fremdverschuldet. Schnell kann es im tagtäglichen hektischen Straßenverkehr aufgrund einer kleinen Unaufmerksamkeit zu einem Unfall mit dem Firmenwagen kommen. Genau um diese Risiken abzudecken, sind die meisten Fahrzeuge vollkaskoversichert. Diese Vollkaskoversicherung deckt das Risiko von Schäden am Fahrzeug des Versicherten ab. Sie kommt für die Zerstörung, Beschädigung oder den Verlust des Fahrzeugs auf.
Doch nicht nur bei der Unfallmeldung bei fremdverschuldeten Unfällen gegenüber dem Gegner, sondern auch bei Unfallmeldungen an den eigenen Versicherer ist Sorgfalt geboten. Laut einem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichtes (OLG) München vom 6. Mai 2011 (Aktenzeichen: 10 U 2362/10) ist der Kaskoversicherer leistungsfrei, wenn der Versicherte seine Obliegenheiten im Versicherungsfall verletzt und vorsätzlich unzutreffende Angaben zu Unfallhergang und Unfallörtlichkeit gemacht hat.
Im verhandelten Fall ging es um einen Versicherten, der einen Anspruch auf Ersatz seines Schadens aus einer abgeschlossenen Fahrzeugvollversicherung nach einem behaupteten Verkehrsunfall in einer Straße unmittelbar nach der Ausfahrt von der beginnenden BAB A 94 geltend machte. Der Kläger meldete den Unfall zunächst telefonisch seinem Versicherer. Auf dessen Aufforderung gab dieser eine Unfallschilderung ab, wonach der Wagen von der A 99 kommend bei Glatteis bei einem Fahrspurwechsel ins Schleudern geraten sei. Im Darauffolgenden gab es zwei weitere, etwas abweichende Unfallschilderungen. Während das Landgericht (LG München I, Urteil vom 11.03.2010) noch in erster Instanz den Versicherer zur vollen Leistung aus dem Versicherungsvertrag verurteilte, wies das OLG im Berufungsverfahren die Klage ab: Die Konsequenz: Der Geschädigte blieb auf seinem gesamten Schaden sitzen und hatte die Prozesskosten beider Instanzen zu tragen. Aus den Urteilsgründen: „Das Landgericht hat zu Unrecht einen Anspruch des Klägers auf Ersatz seines Schadens bejaht. Die Beklagte ist leistungsfrei gemäß §§ 7 I 2, V 4 AKB, 6 III VVG a. F., weil der Kläger seine Obliegenheiten im Versicherungsfall verletzt und vorsätzlich unzutreffende Angaben zu Unfallhergang und Unfallörtlichkeit gemacht hat. Der Senat ist nach ergänzender Beweisaufnahme mit der für § 286 ZPO erforderlichen Sicherheit davon überzeugt, dass sich der Unfall nicht wie vom Kläger in der Schadensanzeige und gegenüber dem Zeugen S. geschildert in der Z. Straße ereignet hat, was der Kläger bei Abgabe der Schadenschilderungen auch wusste.“
Praxistipp
Als Versicherungsnehmer müssen Sie sogenannte Obliegenheiten beachten. Hierbei gibt es Obliegenheiten vor dem Versicherungsfall und Obliegenheiten nach dem Versicherungsfall. Es handelt sich hierbei um Verhaltensvorschriften, die sich aus dem Gesetz (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) und dem Vertrag (Versicherungsvertrag) ergeben. Obliegenheitsverletzungen können zur quotalen Kürzung bis zur Leistungsfreiheit der Versicherer führen. Bevor Sie folglich voreilig Erklärungen wie zum Beispiel Unfallschilderungen abgeben, halten Sie detailliert Rücksprache mit Ihren Fahrern, damit die Erklärung „Hand und Fuß“ hat.
Inka Pichler
- Ausgabe 8/2011 Seite 58 (153.6 KB, PDF)