-- Anzeige --

Markenwerkstatt –

31.03.2009 12:02 Uhr

-- Anzeige --

Fiktive Abrechnung

Markenwerkstatt –

ja oder nein?

Besteht bei fiktiver Abrechnung trotz des „Porsche-Urteils“ kein Anspruch auf die Stundenverrechnungs-sätze einer Markenwerkstatt? Mit diesem Urteil des BGH sollte der Streit um die Höhe der angemessenen Lohnkosten für Reparaturen von Unfallfahrzeugen beendet sein. Weit gefehlt, wie die Praxis zeigt.

Am 29. April 2003 hat der Bundesgerichtshof einem Porschefahrer, der seinen Schaden „fiktiv“ auf Reparaturkostenbasis abrechnen wollte, ausdrücklich auch den Anspruch auf die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugesprochen. Im entschiedenen Fall hatte die Geschädigte ihren Unfallschaden an einem sieben Jahre alten Porsche auf der Basis eines Sachverständigengutachtens fiktiv abgerechnet. Dem Sachverständigengutachten lagen die Stundenverrechnungssätze des dortigen Porsche-Zentrums zugrunde. Die gegnerische Haftpflichtversicherung wollte den Schaden nur auf der Basis mittlerer ortsüblicher Stundenverrechnungssätze abrechnen, die unter Einbeziehung aller repräsentativen Marken und freien Fachwerkstätten der Region ermittelt wurden.

Die Klage der Geschädigten hatte schließlich vor dem Bundesgerichtshof Erfolg: Der Geschädigte, der fiktive Reparaturkosten abrechnet, darf der Schadenberechnung die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen. Der abstrakte Mittelwert der Stundenverrechnungssätze aller repräsentativen Marken- und freien Fachwerkstätten einer Region repräsentiert als statistisch ermittelte Rechengröße nicht den zur Wiederherstellung erforderlichen Betrag.

Unterschiedliche Auslegung

Mit diesem Urteil schien der Streit um die fiktive Schadenberechnung beendet. Allerdings war und ist dies in der Praxis nicht der Fall. Angesichts der doch erheblichen Unterschiede zwischen den von Sachverständigengutachten ausgewiesenen Stundenverrechnungssätzen markengebundener Werkstätten und den von den Haftpflichtversicherern unter Heranziehung freier Werkstätten recherchierten Preise, suchen die Haftpflichtversicherungen ständig nach Wegen, den Geschädigten doch auf niedrigere Werkstattkosten zu verweisen. Dabei berufen sie sich ausgerechnet auf das „Porsche-Urteil“, denn der BGH hat in den Urteilsgründen auch festgestellt, dass der Geschädigte, der mühelos eine ohne Weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, sich auf diese verweisen lassen muss.

Diese Regulierungspraxis hat in der Folgezeit eine wahre Rechtsprechungsflut nach sich gezogen. Dabei wird die Frage, ob in jedem Fall die Stundenverrechnungssätze einer Markenwerkstatt herangezogen werden dürfen, unterschiedlich beurteilt: Teilweise werden tatsächlich nur Lohnkosten einer freien Werkstatt anerkannt, wenn der Haftpflichtversicherer dem Geschädigten einen für ihn mühelos erreichbaren nicht markengebundenen und preisgünstigeren Fachbetrieb nachweist. Hierbei gehen die Gerichte von einer Gleichwertigkeit der Reparatur in einer markengebundenen und in einer freien Werkstatt aus (so zum Beispiel AG Bad Freienwalde NZV 2007, 579; AG Berlin-Mitte, Az. 109 C 3118/08, JURIS; LG Potsdam NJW 2008, 1392; OLG Oldenburg, Az. 2 U 59/07, JURIS; LG Berlin NZV 2006, 656; LG Heidelberg Schaden-Praxis 2006, 248).

In einigen Fällen wurde den Geschädigten zwar zugestanden, grundsätzlich die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt anzusetzen. Allerdings sahen die Gerichte hier eine Kürzung als zulässig an, wenn der Schädiger günstigere Lohnkosten bei einer anderen, ebenfalls markengebundenen Fachwerkstatt in der Region nachweist (zum Beispiel LG Köln Az. 11 S 1/07, JURIS; AG Bad Oeynhausen Schaden-Praxis 2006, 65; LG Bochum Schaden-Praxis 2006, 285), da hier auf jeden Fall von einer „gleichwertigen“ Reparatur ausgegangen werden kann.

Der ganz überwiegende Teil der Rechtsprechung lehnt es seit dem „Porsche-Urteil“ allerdings ab, den Geschädigten bei fiktiver Schadensabrechnung auf die Stundenverrechnungssätze einer „Billig-Reparatur“ oder einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt zu verweisen (statt aller: LG Düsseldorf Az. 20 S 48/07, JURIS; LG Essen NJW 2008, 1391; LG Aachen Az. 6 S 55/07, JURIS; LG Bonn Az. 5 S 72/06, JURIS, das insbesondere auch den Verweis auf eine Partner-Werkstatt des Haftpflichtversicherers ablehnt; LG Köln Az. 13 S 4/06, JURIS; LG Mainz Az. 3 S 15/06, JURIS; AG München NZV 2007, 581; LG Trier NJW 2005, 1108).

Der Geschädigte hat gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB Anspruch auf Ersatz des Geldbetrages, der zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands seines Fahrzeugs erforderlich ist. Der Geschädigte ist – zumindest vermögensmäßig – so zu stellen, als wäre der Unfall nicht eingetreten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der überwiegenden Haltung der Gerichte sind dies die Kosten einer markengebundenen Fachwerkstatt.

Dies ist auch richtig, denn die Reparatur eines Unfallfahrzeugs in einer markengebundenen Werkstatt ist gegenüber der Leistung einer freien Werkstatt – auch bei älteren Fahrzeugen – immer noch ein wertbildender Faktor. Ein Verweis auf Stundensätze einer freien Werkstatt stellt demzufolge einen unangemessenen Eingriff in die Dispositionsfreiheit des Geschädigten dar.

Sogar bei älteren Fahrzeugen, wie im Fall des AG München bei einem sieben Jahre alten Fahrzeug (Schaden-Praxis 2006, 317) entschieden wurde, dürfen die Kosten einer markengebundenen Werkstatt abgerechnet werden.

Fazit: Kürzungen nicht hinnehmen

Im Fall eines unverschuldeten Unfalls lohnt es sich immer, die Regulierung durch den Schädiger beziehungsweise durch dessen Haftpflichtversicherung sehr genau zu überprüfen und Kürzungen nicht ohne Weiteres hinzunehmen.

Notfalls sollte der geschädigte Autofahrer sein Recht mithilfe eines Anwalts seines Vertrauens geltend machen, wenn nötig vor Gericht.

Dr. Michael Ludovisy

Das Wesentliche in Kürze

Der bei einem Unfall Geschädigte kann – soweit kein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt und die Reparaturkosten sich im Bereich des Integritätsinteresses bewegen – grundsätzlich wählen, ob er sein Fahrzeug reparieren lässt oder den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag verlangt. Entscheidet er sich für die fiktive Schadensabrechnung, darf er nach dem „Porsche-Urteil“ des Bundesgerichtshofes die durch Sachverständigengutachten festgestellten Kosten für eine Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt geltend machen. Diese Regulierungspraxis hat in der Folgezeit jedoch eine wahre Rechtsprechungsflut nach sich gezogen. Dabei wird die Frage, ob in jedem Fall die Stundenverrechnungssätze einer Markenwerkstatt herangezogen werden dürfen, unterschiedlich beurteilt.

+ Urteile + Urteile + Urteile + Urteile + Urteile + Urteile + Urteile + Urteile + Urteile +

SUV gelten als Vermögen bei Antrag auf Prozesskostenhilfe

Bei einem Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) gehört zu dem einzusetzenden Vermögen nach § 115 Absatz 2 ZPO in der Regel auch ein Kraftfahrzeug, das ein Alter von vier Jahren aufweist und der Klasse der „Sport Utility Vehicles“ zuzuordnen ist. Nach der Rechtsprechung sind Pkw bei Anträgen auf Bewilligung von PKH grundsätzlich als einzusetzendes Vermögen anzusehen. Im entschiedenen Fall war der Antragsteller Eigentümer eines Toyota RAV 4, Baujahr 2004. Das Gericht sah keine Anhaltspunkte für eine Unverwertbarkeit oder einen Härtefall – der Antragsteller hatte dazu auch nichts vorgetragen. Bei dem Wert des SUV wäre auch die „Schongrenze“ nach § 90 II Nr. 9 SGB XII bei Weitem überschritten.

OLG Bremen vom 25.07.2008, 3 W 19/08; MDR 2009, 57

Verschweigen der Händlereigenschaft ist noch kein Betrug

Allein der Umstand, dass ein gewerblicher Kfz-Händler beim Fahrzeugverkauf als Privatperson auftretend mit dem privaten Fahrzeugkäufer – unter Umgehung der Bestimmungen über den Verbrauchsgüterkauf – einen Gewährleistungsausschluss vereinbart, führt noch nicht zu einem Vermögensschaden im Sinne des Betrugstatbestandes. § 263 StGB schützt nicht die Entschließungsfreiheit oder die Wahrheit im Geschäftsverkehr. Vielmehr muss bei dem Getäuschten ein Vermögensschaden herbeigeführt werden. Dieser liegt aber nicht schon dann vor, wenn jemand infolge eines durch Täuschung hervorgerufenen Irrtums eine Vermögensverfügung getroffen hat, die er bei Kenntnis der tatsächlichen Umstände nicht getroffen hätte.

OLG Köln vom 02.12.2008, 83 SS 90/08; DAR 2009, 95 (LS)

Einmaliger Konsum harter Drogen

Bereits die einmalige Einnahme harter Drogen (hier: Amphetamin) rechtfertigt die Annahme, dass der Kraftfahrer zum Führen von Fahrzeugen ungeeignet ist. Nach der Urteilsbegründung spricht dafür bereits der Wortlaut der Nr. 9.1 Anlage 4 FeV. Dort wird insoweit nur eine „Einnahme“ eines Betäubungsmittels erwähnt. Darunter fällt auch ein einmaliger Konsum. Der Verordnungsgeber hat zudem bei der Nr. 9.1 anders als bei anderen Vorschriften in Anlage 4 FeV auf Qualifizierungen des Konsums als „regelmäßige Einnahme“, „gelegentliche Einnahme“ beziehungsweise „missbräuchliche Einnahme“ verzichtet. Dass für den Eignungsausschluss nicht etwa gar Abhängigkeit erforderlich ist, ergibt sich zudem daraus, dass die „Abhängigkeit von Betäubungsmitteln“ unter Nr. 9.3 Anlage 4 FeV eine eigenständige Regelung erfahren hat. Das Gericht hielt vor diesem Hintergrund eine weitere Begutachtung des Antragstellers nicht für erforderlich.

OVG Koblenz vom 01.08.2008, 10 B 10646/08; www.justiz.rlp.de/rechtsprechung

Wichtiger Krankenhausbesuch kein Grund für Falschparken

Auch ein dringlicher Krankenhausbesuch rechtfertigt es nicht, ein Auto im Halteverbot abzustellen, erst recht nicht für einen längeren Zeitraum. Das entschied das Amtsgericht München. Der Falschparker muss daher auch für entstandene Abschleppkosten aufkommen. Nach Ansicht des Gerichts stellt sich die Besitzstörung durch nicht erlaubtes Abstellen eines Fahrzeugs als Rechtsgutverletzung dar. Diese war vorliegend nicht gerechtfertigt im Hinblick auf den durch Aufstellen des Verbotsschildes dokumentierten Willen des Berechtigten, dass in dem Bereich kein Fahrzeug abgestellt wird. Die Besitzstörung ist auch nicht durch den vom Kläger geschilderten Zweck des Krankenhausbesuchs gerechtfertigt gewesen.

AG München vom 12.01.2009, 412 C 22514/08, ADAJUR-Archiv

Anerkennung von EU-Fahrerlaubnissen

Den deutschen Führerscheinbehörden ist nach einer Entscheidung des OVG Saarlouis aufgrund europarechtlicher Vorgaben verwehrt, einem in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein, in dem ein Wohnsitz im Ausstellermitgliedstaat eingetragen ist, die Gültigkeit im Bundesgebiet mit der Begründung zu versagen, es handele sich nach inländischen Erkenntnissen um einen Scheinwohnsitz, den der Betroffene nur begründet habe, um sich einer nach inländischem Recht als Voraussetzung der Neuerteilung der Fahrererlaubnis vorgesehenen Eignungsprüfung zu entziehen. Nach derzeitigem Stand der Rechtsprechung des EuGH sind die Mitgliedstaaten grundsätzlich zur gegenseitigen Anerkennung der von anderen Mitgliedstaaten ausgestellten Fahrerlaubnisse verpflichtet. Sie sind also nicht berechtigt, die der Erteilung einer Fahrerlaubnis innewohnende Feststellung des Ausstellermitgliedstaats in Zweifel zu ziehen und zum Anlass eigener Ermittlungen zu nehmen.

OVG Saarlouis vom 23.01.2009, 1 B 438/08; DAR 2009 163

Fahrverbot nach Ablauf von zwei Jahren nicht automatisch hinfällig

Allein durch Ablauf eines Zeitraums von zwei Jahren wird die Verhängung eines Fahrverbots nicht ohne genauere Prüfung hinfällig. Es besteht in diesem Fall lediglich ein Indiz für die Notwendigkeit einer Einzelfallprüfung durch den Tatrichter, ob die Maßnahme noch ihre Wirkung als Erziehungsmaßnahme erfüllen kann. Das Gericht ist der Auffassung, dass ein Absehen vom Fahrverbot grundsätzlich berechtigt sein kann, wenn die Tat lange zurückliegt und der Betroffene sich in der Zwischenzeit verkehrsgerecht verhalten hat. Denn das Fahrverbot hat nach der gesetzgeberischen Intention in erster Linie eine Erziehungsfunktion. Es ist als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme gedacht und ausgeformt. Das Fahrverbot kann deshalb seinen Sinn verloren haben, wenn zwischen dem Verkehrsverstoß und dem Wirksamwerden seiner Anordnung ein erheblicher Zeitraum liegt und in der Zwischenzeit kein weiteres Fehlverhalten im Straßenverkehr festgestellt worden ist.

OLG Bamberg vom 16.07.2008, II SS OWI 835/08; ACE-VJ, 4/08 19

Kleiner Schaden – erhebliche Folgen

Bereits ein kleiner Crash kann erhebliche Kosten verursachen: Lassen sich die Folgen eines Unfalls an einem fabrikneuen Fahrzeug durch das bloße Austauschen von Karosserieteilen nicht vollkommen beheben, muss der Schädiger die Kosten für die Anschaffung eines Neufahrzeugs tragen. Im verhandelten Fall wurde ein Neuwagen (Laufleistung: 623 km) bei einem Unfall beschädigt. Laut Gutachter hätte dieser aufgrund der „erheblichen“ Schäden nach dem Zusammenstoß nicht mehr in den Urzustand versetzt werden, sondern nur „so gut es geht“ repariert werden können. Daher entschieden die Richter, dass der Unfallverursacher die Neuanschaffung bezahlen muss. Der ADAC, der über den Fall berichtete, hält die Frage der „Erheblichkeit“ allerdings für reine Ermessenssache.

OLG Nürnberg, Az. 5 U 29/08

-- Anzeige --
-- Anzeige --

MEISTGELESEN


-- Anzeige --

STELLENANGEBOTE


BMW Serviceleiter (m/w/d)

Heidenheim an der Brenz

-- Anzeige --
KOMMENTARE

SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --
WEITERLESEN



NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


Autoflotte ist die monatlich erscheinende Fachzeitschrift für den Flottenmarkt im deutschsprachigen Raum. Zielgruppe in diesem wachsenden Markt sind die Fuhrpark-Entscheider in Unternehmen, Behörden und anderen Organisationen mit mehr als zehn PKW/Kombi und/oder Transportern. Vorstände, Geschäftsführer, Führungskräfte und weitere Entscheider greifen auf Autoflotte zurück, um Kostensenkungspotenziale auszumachen, intelligente Problemlösungen kennen zu lernen und sich über technische und nichttechnische Innovationen zu informieren.