Orakeln und nachjustieren
Teil 18: Anpassung von Leasingverträgen | Fahrzeugfinanzierung mit Kilometerabrechnung und fixem Restwert ist eine feine Sache. Deutliche Abweichungen bei der Nutzung können jedoch teuer werden.
— Wer einen Leasingvertrag abschließt, muss sich festlegen: Wird der Fahrer während der Laufzeit viel oder wenig unterwegs sein? Sind es am Leasingende 20.000, 25.000 oder 30.000 Kilometer pro Jahr? Viele Unternehmen wählen eher den geringeren Kilometersatz. Auf den ersten Blick eine schlüssige Entscheidung – immerhin erhält man so die niedrigere Leasingrate. War die Tendenz in den letzten zwei Jahren jedoch steigend, sollte man zur Sicherheit gleich eine Stufe höher gehen.
Probleme treten in der Praxis oft bei neuen Mitarbeitern oder veränderten Rahmenbedingungen im Unternehmen auf. Noch schwieriger haben es Flotten, bei denen dem Mitarbeiter in der Car Policy eine feste Rate zur Verfügung steht. Kostet das Auto mehr, muss der Fahrer eine Zuzahlung leisten oder die Menge der Sonderausstattungen reduzieren. Der Mitarbeiter wird dazu verleitet, weniger Fahrkilometer einzuplanen und dafür ein hochwertigeres Fahrzeug zu konfigurieren. Hier sollte der Fuhrparkverwalter unbedingt die Fahrleistung selbst bestimmen oder zumindest ein Vetorecht erhalten.
Berechnung der Mehr-/Minderkilometer | Nahezu alle Leasinggesellschaften arbeiten mit einer ähnlichen Regelung zur Kostenverrechnung: Für jeden zusätzlichen Kilometer muss der Kunde einen fixen Betrag bei der Rückgabe bezahlen. Bei geringeren Fahrleistungen erhält er eine Gutschrift. Hat man neben dem eigentlichen Leasingvertrag auch Servicebausteine gewählt, wird in den Verträgen meist ein getrennter Kilometersatz für die Finanzierung und für die Full-Service-Produkte benannt.
Oft unterscheiden sich die Kosten von Mehrkilometern und die Erstattungsbeträge bei Minderfahrleistungen deutlich. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht könnten diese Sätze auch gleich hoch ausfallen, bei größeren Flotten wird dies meist auch so gehandhabt. Zusätzlich bieten die Leasinggesellschaften eine Freigrenze oder einen Freibetrag bei geringen Überschreitungen an. In der Praxis ist diese Vorgehensweise durchaus sinnvoll – andernfalls würden Kleinbeträge verrechnet, die einen ungleich höheren Aufwand in der Buchhaltung erzeugen.
Einen kleinen, aber feinen Unterschied gibt es bei den Begriffen „Freigrenze“ und „Freibetrag“: Im ersten Fall erfolgt bei Überschreiten der Kilometeranzahl eine Weiterbelastung aller zusätzlichen Kilometer. Bei der zweiten Option wird bei Überschreiten nur der darüber hinausgehende Kilometersatz fällig.
Optionen für die Vertragsanpassung | Weicht die ursprünglich angenommene Fahrleistung deutlich von den aktuellen Daten ab, bieten die meisten Leasinggesellschaften die Möglichkeit einer Vertragsanpassung während der Laufzeit. Neben der üblichen Änderung der Laufleistung nach oben oder unten könnte auch eine kürzere oder längere Nutzungsdauer in Frage kommen. Dieser Mechanismus wird jedoch nur selten genutzt, meist wird die kalkulierte Fahrleistung an die tatsächliche Nutzung angepasst. Am sinnvollsten ist diese Vertragsänderung, wenn man bereits im ersten Jahr eine gravierende Abweichung feststellt. Allerdings sollte man gerade hier Ausnahmefälle (längere Krankheit, Urlaub, saisonale Schwankungen) berücksichtigen und immer Rücksprache mit dem jeweiligen Vorgesetzten und Mitarbeiter halten.
Angebote der Leasinggesellschaften | Während einige Leasinggesellschaften von sich aus eine Vertragsanpassung befürworten, halten sich andere Anbieter bei diesem Thema deutlich zurück. Achtung: Unter Umständen wird bei einer Neuberechnung ein pauschaler Verwaltungsaufwand von einigen hundert Euro fällig. Meist rechnet sich eine Änderung schon allein aufgrund dieser zusätzlichen Gebühren nicht mehr.
Gleichzeitig sollte man bedenken, dass vor allem beim Herstellerleasing in der ursprünglich kalkulierten Rate oft auch Subventionen des Lieferanten und/oder künstliche Restwerterhöhungen enthalten sind. Fallen Subventionen weg oder trägt ein Händler das Restwertrisiko bei der Vermarktung und will den Weg des Kunden nicht mitgehen, kann das Ergebnis ernüchternd sein: Trotz Anpassung kann der Vertrag dann deutlich teurer werden.
Selbst nachrechnen | Wer bei der Endabrechnung keine böse Überraschung erleben will, sollte regelmäßig den Kilometerstand in seiner Flotte überprüfen. Auf Basis einer Hochrechnung lässt sich abschätzen, mit welchen Mehrkosten am Ende des Fahrzeugzyklus zu rechnen ist. Wer mit seiner Leasinggesellschaft in einem Rahmenvertrag Konditionen zu den einzelnen Fahrleistungs-/Haltedauerkombinationen getroffen hat, sollte nachprüfen, ob sich eine Anpassung für das eigene Unternehmen rechnet. Wie hoch die Kosten in der Praxis wirklich ausfallen, kann aber immer nur ein verbindliches Angebot der Leasinggesellschaft zeigen.
Fazit | Die Kosten für Mehr- und Minderkilometer bei Fahrzeugen bewegen sich bei vielen Flotten in akzeptablen Größenordnungen. Rechnet man Fahrzeuge, bei denen die Laufleistung nur geringfügig angepasst wurde, am Ende nochmals gegen, wird man meist keine großen verpassten Einsparpotenziale feststellen. Extreme Ausreißer sollte man aber immer rechtzeitig anpassen. Andernfalls kommt am Ende die böse Überraschung – und die Dienstwagennutzer wollen von nichts gewusst haben.
| Peter Hellwich
Sporadische Ausreißer | Alternativen zur Vertragsanpassung
– Wer regelmäßig hohe Beträge für Mehr-/ Minderkilometer auf der Leasingabrechnung findet, sollte unbedingt reagieren. Bei nur sporadisch vorkommenden Ausreißern sind auch andere Wege zur Kostenreduzierung denkbar:
Interimsfahrzeug: Lässt sich bei neuen Einsatzbedingungen die Kilometerleistung im Vorfeld nicht absehen, kann ein Interimsfahrzeug zum Einsatz kommen. Oft bieten Leasinggesellschaften vorzeitige Rückläufer zu guten Konditionen an. Besonders charmant ist diese Variante, wenn sich der Fahrer in der Probezeit befindet. Alternativ zu einem gebrauchten Leasing- kann auch ein Mietfahrzeug genutzt werden.
Bestandsfahrzeug: Eventuell kann ein bereits vorhandenes Dienstauto, das aufgrund des Ausscheidens eines Mitarbeiters nicht mehr benötigt wird, oder ein Fahrzeug mit zu geringen Kilometerfahrleistungen im Austausch gegen den „Ausreißer“ eingesetzt werden.
Verkürzte Haltedauer: Ist man als Unternehmen auf fest zugeordnete Fahrzeuge angewiesen, sollte man bei Vielfahrern nach Möglichkeit eine relativ kurze Haltedauer wählen.
Geht der Fuhrparkchef etwa von einer Fahrleistung von 20.000 Kilometern aus, wobei in Extremfällen aber auch 20 Prozent mehr Fahrleistung zu erwarten sind, würden sich die Mehrkilometer bei einer vierjährigen Nutzung schlimmstenfalls auf 16.000 Kilometer aufaddieren. Wird das Fahrzeug allerdings nur zwei Jahre benutzt, halten sich die Zahlungen am Vertragsende in Grenzen.
„Ein bisschen mehr“: Gerade bei Vertriebsflotten wird die Kilometerleistung oft zu gering eingeschätzt. Sind die Mitarbeiter unter Druck, denkt niemand mehr an den Tachostand. Eventuell lohnt es sich in diesem Fall, die jährliche Fahrleistung geringfügig höher anzusetzen. Sind gegen Leasingende noch Kilometer „offen“, kann die Bestellung des Folgefahrzeuges und die Terminierung des Fahrzeugtausches auch erst zwei bis drei Monate nach Ablauf der eigentlichen Leasinglaufzeit erfolgen.
Beispielrechnung | Überprüfung der Fahrleistung
– Wer seine Leasingverträge überprüfen will, sollte im ersten Schritt den voraussichtlichen Kilometerstand gegen Ende der Nutzung ermitteln. Vorsicht: Sind erst wenige Monate vergangen, ist die Datenbasis nicht sehr zuverlässig. Befindet sich das Fahrzeug dagegen bereits im letzten Drittel der vorgesehenen Nutzung, ist es für eine Vertragsanpassung meist schon zu spät.
Bei deutlichen Abweichungen bei der Kilometerleistung sollte man anhand der eigenen Rahmenabkommen die finanziellen Auswirkungen berechnen. Wird bei einer Angleichung nach oben die Kilometerleistung nur geringfügig erhöht (Beispiel unten links: von 20.000 auf 30.000 km/Jahr), bietet sich durch die Änderung meist kein Kostenvorteil. Weichen die Fahrleistungen allerdings deutlich ab (siehe Beispiel unten rechts: 40.000 statt 20.000 km/Jahr), kann sich die Anpassung schnell auszahlen.
Ergeben sich anhand der eigenen Berechnungen deutliche Einsparungen, sollte man beim Leasinggeber nachfragen. Dieser berechnet ein verbindliches Angebot für die Vertragsanpassung.
- Ausgabe 9/2014 Seite 50 (3.0 MB, PDF)