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Wertminderung – ja oder nein?

30.07.2010 12:02 Uhr

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Wertminderung – ja oder nein?

Nach der Reparatur eines bei einem Verkehrsunfall beschädigten Fahrzeugs kommt es häufig zu Streitigkeiten über die Höhe der vom Unfallverursacher zu leistenden Wertminderung. Dabei fallen Begriffe wie „technische Wertminderung“ oder „merkantiler Minderwert“. Wie wird der Minderwert bestimmt? Welche Voraussetzungen für den Anspruch bestehen? Fragen, die Fuhrparkleiter – zumindest diejenigen, die selbst regulieren – beantworten können sollten.

Nach dem in Deutschland geltenden Schadenersatzrecht ist der Geschädigte eines Unfalles – wenn er schuldlos ist, sonst gequotelt – so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis stehen würde. Dies ergibt sich aus der zentralen Vorschrift des § 249 BGB. Erleidet das Fahrzeug des Geschädigten einen Schaden – eine gewisse Erheblichkeit des Schadens vorausgesetzt – umfasst der Schadensersatzanspruch grundsätzlich auch eine vom Schädiger zu leistende Wertminderung des Fahrzeugs. Voraussetzung ist zunächst, dass am Fahrzeug technische oder optische Mängel zurückbleiben (technische Wertminderung) oder dass durch den notwendigen Hinweis auf den Unfallschaden bei einem späteren Verkauf des Fahrzeugs mit einem Mindererlös zu rechnen ist (merkantiler Minderwert).

Technische Wertminderung

Eine technische Wertminderung liegt dann vor, wenn nach erfolgter Reparatur Mängel in der technischen Ausführung der Reparatur vorliegen, meist optisch wahrnehmbare Fehler. Dabei kann es sich um Beeinträchtigung der Gebrauchsfähigkeit, der Betriebssicherheit, der Nutzungsdauer bis hin zu Beeinträchtigungen des optischen Gesamteindrucks des reparierten Fahrzeugs handeln. In Betracht kommen Passungenauigkeiten ausgetauschter Karosserieteile oder Farbunterschiede lackierter Teile.

Der Geschädigte muss bei der Geltendmachung seiner erlittenen Wertminderung aber aufpassen: Der Ersatzanspruch entfällt, wenn die Reparatur unsachgemäß durchgeführt wurde und der Minderwert darauf beruht. Nun hat der Geschädigte Ansprüche gegen den Reparaturbetrieb wegen Schlechtleistung und nicht mehr gegen den Unfallgegner.

In den letzten Jahren wurden die Reparaturmethoden jedoch derart verfeinert, dass eine technische Wertminderung faktisch so gut wie ausgeschlossen ist. Dies umso mehr, als ansonsten den Werkstätten Ersatzansprüche des Kunden drohen.

Merkantiler Minderwert

Der merkantile oder wirtschaftliche Minderwert ist ein Ausgleich des „Odiums eines Unfallwagens“. Gemeint ist die Minderung des Verkaufswertes eines Fahrzeugs, die trotz ordnungsgemäßer Reparatur deshalb entsteht, weil bei einem Großteil des freien Marktes allein der Verdacht eines verborgen gebliebenen Schadens eine den Wert beeinflussende Angst gegen den Kauf eines unfallbeschädigten Fahrzeugs erzeugt. Diese Differenz zwischen Wert des Fahrzeugs vor dem Unfall und danach erzielbarem Erlös soll der merkantile Minderwert ausgleichen. Es liegt auf der Hand, dass dies in der Praxis ohne Sachverständigen kaum bestimmbar ist, von groben Faustregeln abgesehen. Die Höhe der von der generischen Haftpflichtversicherung zu leistenden Wertminderung ist im Einzelfall zu bestimmen. Maßgeblich sind hierbei Faktoren wie der Neuwert des Fahrzeugs, dessen Alter, Laufleistung, Zustand und Vorschäden. Nicht außer Acht gelassen werden darf die Marktgängigkeit des Fahrzeugtyps.

Voraussetzungen für Wertminderung

Auch haben sich in der Rechtsprechung Kriterien herausgebildet, die vorliegen müssen, will man eine Wertminderung geltend machen. So muss der Schaden zunächst jenseits der Bagatellschadengrenze von derzeit etwa 500 bis 750 Euro liegen. Hinzu kommt, dass die Gerichte dazu neigen, Schäden respektive Reparaturkosten unter zehn Prozent des Wiederbeschaffungswertes in der Regel als nicht geeignet anzusehen, um einen Minderwert zu begründen. Es müssen nicht unerhebliche Schweiß- oder Lackierungsarbeiten durchgeführt worden sein. Bei bloß auswechselbaren Teilen (Türen, Stoßstangen, mitunter auch Kotflügel) kommt eine Wertminderung ebenfalls nicht in Betracht.

Weiter darf das Fahrzeug nach Ansicht der Rechtsprechung nicht älter als vier bis fünf Jahre sein und nicht mehr als zirka 100.000 Kilometer Laufleistung aufweisen. Anderenfalls wird – im Juristendeutsch – „die Wertminderung durch die Wertverbesserung der Reparatur kompensiert“. All die zuvor genannten Voraussetzungen und Grenzen werden in der Rechtsprechung zunehmend nicht mehr als absolut oder starr angesehen. Abweichungen in der Rechtsprechung nehmen zu, sodass es sich durchaus lohnen kann, auch bei älteren Fahrzeugen oder geringeren Reparaturbeträgen eine Wertminderung geltend zu machen. Ursache für diesen Wandel in der Rechtsprechung ist nicht zuletzt der zu beobachtende Qualitätszuwachs der heutigen Fahrzeuge sowie deren zunehmende Langlebigkeit. Auch bei Nutzfahrzeugen, Fahrschulwagen, Taxis und Motorrädern kommt eine Wertminderung in Betracht.

Der merkantile Minderwert eines Fahrzeugs wird zum Zeitpunkt der beendeten Reparatur beziehungsweise im Zeitpunkt der Wiederinbetriebnahme bemessen. Hierbei kommt es nicht darauf an, wann der Geschädigte das Fahrzeug etwa verkauft. Der BGH geht davon aus, dass Verkehrsanschauung und Handelsübung prägende Kriterien für die Bemessung des merkantilen Minderwertes sind. Da es sich bei dem merkantilen Minderwert tatsächlich um ein psychologisches Phänomen des Gebrauchtwagenmarktes handelt, hat der BGH bisher keine der Methoden zur Berechnung der Wertminderung anerkannt. Er hat aber die Berechungsmethoden von Ruhkopf/Sahm und Halbgewachs bereits 1980 in einer Entscheidung als eine brauchbare Bewertungsgrundlage benannt. Im Ergebnis sollte daher zumindest bei großen Schäden ein Gutachter zu Rate gezogen werden.

Methode von Ruhkopf/Sahm

Bei der Methode von Ruhkopf/Sahm wird der Wiederbeschaffungswert im Verhältnis zu den Reparaturkosten gesetzt, wobei der Wiederbeschaffungswert mindestens 40 Prozent des Neuwertes betragen muss und die Reparaturkosten mindestens zehn Prozent des Wiederbeschaffungswertes ausmachen müssen. Je nach prozentualem Verhältnis der Reparaturkosten zum Wiederbeschaffungswert und zum Fahrzeugalter wird dann ein bestimmter Prozentsatz aus der Summe von Wiederbeschaffungswert und Reparaturkosten als Minderwert angenommen. Diese für den Laien komplizierte Methode berücksichtigt, dass beim Weiterverkauf eines Fahrzeugs in aller Regel nicht die Art des Vorschadens am Fahrzeug entscheidend ist, sondern vielmehr die Höhe der Reparaturkosten. Der Nachteil dieser Methode ist darin zu sehen, dass sie die Art des Vorschadens außer Acht lässt und damit die Wahrscheinlichkeit eines verbleibenden versteckten Mangels vernachlässigt.

Allerdings gibt es auch Rechtsprechung, die diese Methode für zu pauschal erachtet und deshalb die Schätzung eines Sachverständigen, der das beschädigte Fahrzeug selbst in Augenschein genommen hat, der Pauschalberechnungsmethode vorzieht. So wollen viele Gerichte nicht darauf verzichten, einen Sachverständigen hinzuzuziehen.

Es bietet sich daher an, den Sachverständigen, der die Schadenbegutachtung vornimmt oder vorgenommen hat, auch zugleich mit der Feststellung des Minderwertes zu beauftragen.

Es gibt aber auch die zuvor schon angesprochenen groben Faustregeln. Betragen die Reparaturkosten zehn bis 30 Prozent des Wiederbeschaffungswertes, können als merkantiler Minderwert im ersten Zulassungsjahr fünf Prozent, im zweiten Zulassungsjahr vier Prozent und im dritten Zulassungsjahr drei Prozent vom Wiederbeschaffungswert zuzüglich der Reparaturkosten verlangt werden. Beläuft sich die Beschädigung auf bis zu 60 Prozent des Wiederbeschaffungswertes, kommen im 1. Zulassungsjahr sechs Prozent, im zweiten Zulassungsjahr fünf Prozent und im dritten Zulassungsjahr vier Prozent vom Wiederbeschaffungswert in Betracht. Bei alledem gilt aber: im Zweifel ein Sachverständigengutachten einholen.

Dr. Michael Ludovisy

Schadenbedingte Reparatur

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Kraftfahrzeugsteuerrechtliche Behandlung von Pick-ups

Nach Ansicht des BFH ist die Unterscheidung zwischen Pkw und anderen Fahrzeugen anhand von Bauart, Ausstattung zur Personenbeförderung und sonstiger Einrichtung des Fahrzeugs, insbesondere zur Beförderung von Gütern, vorzunehmen. Dabei ist die objektive Beschaffenheit des Fahrzeugs unter Berücksichtigung aller Merkmale in ihrer Gesamtheit vom Tatsachengericht zu bewerten. Damit ist geklärt, dass es für diese Abgrenzung nicht auf die subjektiven Vorstellungen des Steuerpflichtigen wie auch die tatsächliche Nutzung des Fahrzeugs ankommt.

BFH, Aktenzeichen II B 96/09, DAR 2010, 346

Weigerung der Mitwirkung an Aufklärung: Fahrtenbuchauflage rechtmäßig

Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage ist rechtmäßig, wenn der Halter an der Aufklärung der Identität des Fahrzeugführers nicht mitwirkt und eine Vielzahl an Indizien für einen Zugang eines behördlichen Zeugenfragebogens bei dem Halter sprechen. An einer hinreichenden Mitwirkung des Fahrzeughalters, den Fahrzeugführer zu bezeichnen, fehlt es regelmäßig bereits dann, wenn der Halter den Anhörungsbogen der Ordnungswidrigkeitenbehörde nicht zurücksendet oder weitere Angaben zum Personenkreis der Fahrzeugbenutzer nicht macht.

OVG Lüneburg, Aktenzeichen 12 ME 47/10, Adajur-Archiv

Keine Pflicht zur Marktanalyse bei Beauftragung eines Sachverständigen

Gibt der Geschädigte zur Schadensermittlung ein Sachverständigengutachten in Auftrag, ist er im Rahmen seiner Schadenminderungspflicht nur dann zu einer Analyse des Sachverständigenmarktes verpflichtet, wenn sich ihm bei der Beauftragung ein unverhältnismäßiges Preis-Leistungs-Verhältnis aufdrängt. Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadenbehebung verlangt vom Geschädigten nicht, zugunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte. Erst wenn für ihn als Laie erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder er die offensichtliche Unrichtigkeit der Begutachtung oder der Honorarabrechnung missachtet, kann er vom Schädiger nicht mehr den vollständigen Ausgleich bezahlter Aufwendungen verlangen.

AG Nördlingen, Aktenzeichen 2 C 755/09, MDR 2010,503

Anscheinsbeweis bei Fahrspurwechsel mit Unfall

Wenn es in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Fahrstreifenwechsel eines Fahrzeuges zu einer Kollision mit einem auf einer anderen Fahrspur befindlichen Fahrzeug kommt, wird regelmäßig von einem Anscheinsbeweis für einen schuldhaften Verstoß des den Fahrstreifen wechselnden Fahrzeugführers ausgegangen.

LG Saarbrücken, Aktenzeichen 13 S 215/09; Adajur-Archiv

Ersatz überhöhter Sachverständigenkosten

Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls hat Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten. Dies gilt selbst dann, wenn diese überhöht sind. Er muss bei der Auswahl des Sachverständigen keine Marktforschung betreiben. Nach den schadensrechtlichen Grundsätzen hat der Schädiger dem Geschädigten die Kosten für ein Sachverständigengutachten auch dann zu erstatten, wenn dessen Kosten überhöht sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der vom Geschädigten hinzugezogene Sachverständige kein Erfüllungsgehilfe des Geschädigten ist. Der Geschädigte ist auch nicht verpflichtet, den ihm zugänglichen Markt zu erforschen, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Auch ist er nicht verpflichtet, etwa vor der Beauftragung eines Schadensgutachters mehrere Kostenvoranschläge von Sachverständigen einzuholen.

AG Nürnberg, Aktenzeichen 31 C 7076/09; Adajur-Archiv

Auch anlassbezogene Anfertigung von Beweisfotos unzulässig

Ein Bußgeldverfahren wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ist auch dann einzustellen, wenn das entscheidende Beweisfoto anlässlich einer verdachtsabhängigen Geschwindigkeitsüberwachung angefertigt wurde. Hierzu gibt es mittlerweile Entscheidungen verschiedener Amtsgerichte, die allesamt auch das anlassbezogene Anfertigen von Beweisfotos als unzulässig erachtet haben, da es hierfür an einer gesetzlichen Grundlage fehle. Es liege in jedem Fall ein unzulässiger Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vor (siehe auch die Entscheidung des BVerfG vom 11.08.2009, Az. 2 BvR).

AG Hannover, Aktenzeichen 246 OWI 7351 JS 85292/09 279/09, Adajur-Archiv

Keine Versicherungsleistung bei Diebstahl aus unverschlossener Garage

Es besteht kein Anspruch auf Leistung der Hausratversicherung wegen Diebstahls von vier Reifen aus einer Garage, wenn diese nicht ordnungsgemäß verschlossen war. Ein Versicherungsfall liegt nicht vor. Versicherte Gefahr ist gemäß § 3 der Versicherungsbedingungen nicht der einfache Diebstahl, sondern nur der Einbruchsdiebstahl. Ein Einbruchsdiebstahl ist zu bejahen, wenn die Tat durch Einbrechen in einen umschlossenen Raum begangen wird. Eine solche Begehungsweise liegt jedoch nicht vor, wenn die Garage, wie im verhandelten Fall, nicht ordnungsgemäß verschlossen war.

LG Essen, Aktenzeichen 15 S 297/08; Adajur-Archiv

Wiedererteilung des Führerscheins ohne neue Prüfung

Die Wiedererteilung respektive Verlängerung einer Fahrerlaubnis darf nach Zeitablauf nicht automatisch ohne Ablegen einer theoretischen oder praktischen Prüfung erfolgen. Zusätzlich muss die Verwaltung die Dauer des vormals besessenen Führerscheins, die Entziehungsgründe, die früheren Fahrleistungen sowie den Umstand, ob der Antragsteller zurzeit aufgrund einer anderen Führerscheinklasse am Verkehr teilnimmt, in ihre Entscheidung einfließen lassen. Der Verordnungsgeber geht dabei von dem Grundgedanken aus, dass die Befähigung im Regelfall weiterhin besteht und eine erneute Fahrerlaubnisprüfung nur im Ausnahmefall anzuordnen ist, nämlich wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Bewerber die durch die Prüfung nachzuweisenden Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr besitzt. Klar dürfte jedoch sein, dass bei der Prüfung, ob derartige Tatsachen vorliegen, der zeitliche Aspekt weiterhin eine ganz entscheidende Rolle spielt.

VG München, Aktenzeichen M 1 K 09/4504, SVR 2010, 152

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