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Wenn am Privileg gerüttelt wird

04.10.2016 06:00 Uhr

Der Dienstwagen ist Gehaltsbestandteil. Damit geht es um Geld, und das führt bekanntlich schnell zu Unstimmigkeiten. Was geschieht mit ihm bei Krankheit, Teilzeit, Elternzeit oder Kündigung?

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_ Rechtliche Grundlage für die Dienstwagenüberlassung - auch bei Nutzung zu privaten Zwecken - ist immer der Arbeitsvertrag oder eine Zusatzvereinbarung beziehungsweise eine gesonderte Dienstwagen- Überlassungsvereinbarung. Neben Motivationsaspekten ist in erster Line Zweck einer solchen Vereinbarung, dass der Arbeitgeber sicherstellen möchte, dass Mitarbeiter, die beruflich häufig unterwegs sind, ihre Einsatzorte zügig erreichen und ihre Aufgaben reibungslos erledigen können. Es entspricht heute dabei der Regel, dass Fahrzeuge nicht nur zum dienstlichen Gebrauch überlassen werden, sondern gleichzeitig auch die unentgeltliche private Nutzung gestattet wird. Damit stellt die Überlassung eines Dienstwagens eine selbstständig neben dem Gehalt stehende Sachleistung des Arbeitgebers dar. Der Dienstwagen wird so fester Bestandteil der Vergütung.

An dieser Stelle zeigt sich schon die erste rechtliche Hürde. Wenn sich der Arbeitgeber nicht sicher ist, ob er eine solche Regelung auch für die Zukunft möchte, könnte er auf die Idee kommen, die Überlassung unter den Vorbehalt der Freiwilligkeit zu stellen. Dies wäre keine gute Lösung, denn der Freiwilligkeitsvorbehalt in Form einer als AGB auszulegenden formularvertraglichen Klausel wäre schlicht unzulässig.

Auch der oft verwendete Vorbehalt der Widerruflichkeit ist für den Arbeitgeber nicht ungefährlich. Da die erlaubte Privatnutzung Bestandteil des Gehaltes (eben als Sachleistung) ist, würde ein allgemeiner Widerrufsvorbehalt dem Arbeitgeber ermöglichen, jederzeit in die Gehaltshöhe des Mitarbeiters ohne Begründung, einfach durch teilweise Entziehung der Sachleistung einzugreifen. Dies hält das Bundesarbeitsgericht (BAG) für unzulässig (BAG, Entscheidung vom 12.01.2005, Az. 5 AZR 364/04). Wer dennoch mit dem Instrument des Widerrufsvorbehaltes arbeiten möchte, sollte die Widerrufsgründe (nur Sachgründe) von Anfang an wenigstens stichwortartig im Überlassungsvertrag aufzählen. Damit kann sich der Arbeitnehmer auf die Sachgründe eines späteren eventuellen Widerrufs einstellen und so die Zulässigkeit beurteilen. Aber auch dieser Weg birgt Risiken und ist rechtlich zumindest nicht unumstritten.

Krankheit und Dienstwagenüberlassung

Grundsätzlich schuldet der Arbeitgeber die Überlassung des Dienstwagens so lange, wie er Lohnfortzahlung leisten muss.

Anders ausgedrückt: Bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit bleibt die Nutzungsmöglichkeit des überlassenen Fahrzeugs durch den Mitarbeiter bestehen. Das BAG hat hierzu eindeutig Stellung bezogen (BAG, Entscheidung vom 14.12.2010, Az. 9 AZR 631).

Die Überlassung des Dienstfahrzeuges zur privaten Nutzung stellt eine zusätzliche steuer- und abgabenpflichtige Vergütung für die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung dar. Wird dem Mitarbeiter das Fahrzeug vertragswidrig entzogen, kann er sogar Nutzungsausfallentschädigung verlangen.

Besteht bei andauender Arbeitsunfähigkeit nach § 3 Abs. 1 EFZG keine Entgeltfortzahlungspflicht mehr, entfällt auch die Grundlage für die Überlassung des Dienstwagens als zusätzlicher Gehaltsbestandteil. Der Entzug des Dienstwagens ist dann nicht mehr vertragswidrig. Damit erlischt der Anspruch des Mitarbeiters auf die private Nutzung des Dienstfahrzeugs - der Arbeitgeber macht sich mit der Entziehung des Fahrzeugs nicht schadensersatzpflichtig.

Mutterschutz: Streit ist vorprogrammiert

Die Ausgangslage: Mit Beginn der Mutterschutzfrist werden die gegenseitigen Hauptleistungspflichten aus dem gemeinsamen Arbeitsvertrag ausgesetzt. Der Arbeitgeber schuldet der schwangeren Mitarbeiterin keine Vergütung, die Schwangere selbst wird von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung entbunden.

Man könnte nun analog dem zuvor Gesagten annehmen, die Mitarbeiterin müsse das Fahrzeug herausgeben, da der Sachbezug Gehaltsbestandteil ist und dieser gerade nicht mehr geschuldet wird. Dem ist nicht so.

Wieder das BAG (Entscheidung vom 10.12.2000, Az. 5 AZR 240/99) hat entschieden, dass der Anspruch der Schwangeren auf Überlassung des Dienstwagens zu diesem Zeitpunkt aus § 14 Abs. 1 Satz 1 MuSchG folgt. ("Frauen, die Anspruch auf Mutterschaftsgeld nach § 24i Abs. 1, 2 Satz 1 bis 4 und Abs. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder § 13 Abs. 2, 3 haben, erhalten während ihres bestehenden Arbeitsverhältnisses für die Zeit der Schutzfristen des § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 sowie für den Entbindungstag von ihrem Arbeitgeber einen Zuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen 13 Euro und dem um die gesetzlichen Abzüge verminderten durchschnittlichen kalendertäglichen Arbeitsentgelt.")

Der Gesetzeswortlaut verbietet es dem Arbeitgeber nicht, das Mutterschaftsgeld als Sachbezug zu zahlen. Anderenfalls wäre - so der dahinterstehende Gedanke - die Schwangere in der Phase erhöhter Schutzbedürftigkeit gezwungen, sich um ein Ersatzfahrzeug zu bemühen. Das Gericht legt §14 MuSchG deshalb dahingehend aus, dass weiterhin ein Anspruch auf Sachbezug besteht - allerdings nur dann, wenn die Arbeitnehmerin während der letzten drei Monate vor dem Beginn der Schutzfrist einen Anspruch auf einen Dienstwagen hatte.

Eindeutige Regel in der Elternzeit

Ganz anders und einfach ist es während der Elternzeit: Es besteht kein Vergütungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber. Das bedeutet: keine Gehaltszahlung, kein Dienstwagenanspruch. Eine ähnliche Vorschrift wie der zuvor erwähnte § 14 MuSchG besteht für die Dauer der Elternzeit nicht. Nun möchten Eltern aber durchaus das Fahrzeug während der Elternzeit weiter nutzen und manche machen dies auch mit Zustimmung ihres Arbeitgebers so. Nun wird es richtig kompliziert. Wird der Dienstwagen respektive dessen Nutzung als geldwerter Vorteil auf das Elterngeld angerechnet? Dazu das Sozialgericht Stuttgart (Entscheidung vom 19.03.2012, Az. S 17 EG 6737/10):"Arbeitnehmer, die während der Elternzeit nicht berufstätig sind und ihren Dienstwagen weiter nutzen dürfen, müssen keinen Abschlag beim Elterngeld hinnehmen." Der geldwerte Vorteil aus der privaten Dienstwagennutzung in dem Zeitraum ohne Erwerbstätigkeit kann nicht als Einkommen berücksichtigt werden, so das Sozialgericht Stuttgart.

Dazu das Landessozialgericht Baden-Württemberg (Entscheidung vom 22.01.2013, Az. L 11 EG 1721/12): "Die Überlassung eines Pkw (Dienstwagen) durch den Arbeitgeber zur privaten Nutzung während des Bezugs von Elterngeld stellt einen geldwerten Vorteil dar, der im und für den Elterngeldbezugszeitraum erarbeitet wird und daher zum nachgeburtlichen Einkommen zählt." Verständlich ausgedrückt: Ein Dienstwagen bleibt auch in der Elternzeit ein geldwerter Vorteil. Und ein geldwerter Vorteil kann ebenso wie ein zusätzliches Gehalt dazu führen, dass das Elterngeld um diesen berechenbaren Vorteil gekürzt wird. Dies ist Stand der Rechtsprechung.

Altersteilzeit

Ob der Arbeitnehmer seinen Dienstwagen während der Altersteilzeit weiter nutzen darf, hängt von den getroffenen Regelungen ab. In der Regel wählt der Mitarbeiter für die Altersteilzeit ein sogenanntes "Blockmodell". Er arbeitet zunächst in Vollzeit und baut dadurch ein Zeitguthaben auf. In der darauf folgenden Freistellungsphase ist er dann aufgrund des Zeitguthabens von der Arbeit freigestellt. Deshalb muss er im Ergebnis in der Freistellungsphase auch nicht auf seinen Dienstwagen verzichten.

Entscheidend ist, dass im Arbeitsvertrag beziehungsweise im Altersteilzeitarbeitsvertrag konkrete Regelungen über den Dienstwagen und die weitere Nutzung getroffen wurden. Mit enthalten sein muss im Vertrag wieder die Erlaubnis der Nutzung des Fahrzeugs für private Zwecke. Dann ist der Dienstwagen auch in dieser Fallkonstellation als Sachbezug zu sehen und damit ein geldwerter Vorteil. Diese Leistung des Arbeitgebers bleibt so lange geschuldet, wie er auch Arbeitslohn leisten muss.

Problem dabei und letztlich eine Frage der konkreten Berechnung der gegenseitigen Vorteile: Der Arbeitnehmer nutzt in der Regel den Dienstwagen auch in der Passivphase in vollem Umfang, obwohl ihm der Arbeitgeber während der Gesamtdauer der Altersteilzeit nur die Hälfte seines Arbeitslohnes schuldet. Dies bedeutet aber nicht, dass er den Dienstwagen in der Freistellungsphase nicht mehr nutzen darf (so das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Entscheidung vom 12.03.2015, Az. 5 Sa 565/14).

Regeln wie bei Teilzeit

Das Gericht legt näher dar, dass die gleichen Regeln gelten wie bei der Teilzeit. Solange Gehalt gezahlt wird, solange muss auch bei entsprechender vertraglicher Einigung der Dienstwagen bereitgestellt werden. Auch bei Nichtbeschäftigung, etwa Krankheit, ist der Dienstwagen zu gewähren.

Gehalt und andere geldwerte Leistungen lassen sich anteilig berechnen; dies funktioniert bei der privaten Dienstwagennutzung aber nicht. Aus diesem Grund kann der Mitarbeiter (wie bei Teilzeit) verlangen, dass ihm der Dienstwagen als geldwerte Leistung komplett vom Arbeitgeber gestellt wird. Die entscheidende Aussage des Gerichts: Der Arbeitgeber kann zwar die dadurch überhöhte Bezahlung seines Mitarbeiters an anderer Stelle kompensieren. Dies aber muss explizit geregelt werden.

Häufiger Fehler dabei ist, dass die Parteien gerade zu dieser Frage meist nur unzureichende oder sogar gar keine Regelungen treffen. Wenn etwa der Dienstwagen ohne Widerrufsvorbehalt oder andere Rücknahmemöglichkeiten überlassen wurde und somit keine Anpassungsmöglichkeiten für die Altersteilzeit oder Teilzeitphase vereinbart wurden, gilt die ursprüngliche Dienstwagenvereinbarung bis zur Beendigung des (Alters-)Teilzeit- Arbeitsverhältnisses.

Aber auch eine Widerrufsklausel hilft dem Arbeitgeber bei unklarer Formulierung nur bedingt. Eine solche Klausel muss gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB transparent sein. Dies bedeutet, der Arbeitnehmer muss genau wissen, wann ein Widerruf droht, und muss sich darauf einstellen können. Konkret bedeutet dies, dass die möglichen Gründe für einen Widerruf genau benannt werden müssen (zum Beispiel in den konkreten Fällen der Freistellung oder die genau beschriebenen Veränderungen der Tätigkeiten des Arbeitnehmers). Ein typischer Fall für eine konkrete Umschreibung des Widerrufsvorbehaltes ist der Entzug der Fahrerlaubnis.

Die Rechtsprechung gibt zur Ausgestaltung der Widerrufsregelung detaillierte Hilfe. So ist es grundsätzlich zulässig, den Firmenwagen für den Fall einer Freistellung bei Kündigung vertraglich zurückzuverlangen. Dazu muss aber im Dienstwagenüberlassungsvertrag eine Ankündigungsfrist - in der Regel mindestens vier Wochen - vereinbart werden. Anderenfalls ist die gesamte Widerrufsklausel unwirksam - mit der Folge, dass der Arbeitgeber dann keine vertragliche Grundlage mehr für eine (vorzeitige) Rückforderung des Dienstwagens hat.

Kündigung

Einfacher stellt sich die Rechtslage bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Kündigung) dar. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist der Dienstwagen an den Arbeitgeber herauszugeben.

Größtes Problem in diesem Zusammenhang ist die Frage der Rückgabe dann, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als solche oder nur der Zeitpunkt der Beendigung zwischen den Vertragspartnern streitig ist. Wählt der Arbeitnehmer den Weg der Kündigungsschutzklage, sollte der Arbeitgeber mit der Rückforderung des Dienstwagens vorsichtig sein - ihm droht unter Umständen eine Schadensersatzforderung des Arbeitnehmers auf Nutzungsausfall, wenn dieser die Kündigungsschutzklage gewinnt. Der Arbeitnehmer ist dann nämlich so zu stellen, als hätte er den Wagen die ganze Zeit weiterbenutzen dürfen.

Trotz alledem können die Vertragsparteien auch regeln, dass der Arbeitgeber den Firmenwagen entschädigungslos zurückverlangen kann. Voraussetzung ist aber, dass das Zurückverlangen des Fahrzeugs "billigem Ermessen" entspricht, was spätestens bei einer Kündigungsschutzklage zweifelhaft ist und auch spätestens an diesem Punkt ebenfalls zu Streit führen wird.

Ebenso kommt als Schadensersatz für den entzogenen Dienstwagen auch in Betracht, dass der Arbeitnehmer die Kosten für einen vergleichbaren Mietwagen geltend macht. Wenn er keine konkreten Aufwendungen für einen solchen hatte, gibt es mehrere Möglichkeiten der Berechnung.

Bei der einen Berechnung wird der Nutzungsausfall nach der Ein-Prozent-Regelung, mit der auch das Finanzamt die private Nutzung von Dienstwagen bemisst, bewertet (monatlich ein Prozent vom Listenpreis zur Zeit der Erstzulassung). Bei einer anderen Berechnung wird die Nutzugsausfall-Tabelle von Sanden-Danner-Küppersbusch herangezogen. Wer diese beiden Methoden näher vergleicht, wird sehr schnell bemerken, dass die Nutzungsausfalltabelle als Grundlage für die Bemessung des Schadensersatzes des Arbeitnehmers für diesen weitaus günstiger ist als die Ein-Prozent-Regelung. Welche Berechnung damit im Einzelfall zum Zuge kommt, birgt wiederum Potenzial für rechtliche Auseinandersetzungen. Auch hier gilt, besser auch diesbezüglich im Vertrag für alle späteren Eventualitäten vorzubeugen.

Dem zuvor Gesagten ist damit eine wichtige Hauptaussage zu entnehmen: Beim Dienstwagenüberlassungsvertrag ist es von grundlegender Bedeutung, bereits zu Beginn des Vertragsverhältnisses weitreichende Regelungen zu vereinbaren. Das gilt auch für solche Fälle, an die in einem intakten Arbeitsverhältnis zunächst niemand denken mag.

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