Der erste Eindruck: Den kennen wir doch. Richtig, der Combo Life (so heißt die Pkw-Version) ist der Bruder von Peugeot Rifter und Citroën Berlingo. Ziemlich zeitnah kamen die Drillinge auf den Markt. Die größten optischen Unterschiede zeigen sich vorn. Der Peugeot spielt den Naturburschen, der Citroën den verspielten Familienfreund und der Opel den nüchternen Alleskönner - irgendwie deutsch eben. Seitenansicht und Heck sind eher eineiig, aber das geht in Ordnung. Im Interieur sind Differenzen beim Cockpit und beim Lenkrad zu sehen.
Opel-Fahrer wollen ein Opel-Lenkrad und kein Mini-Volant à la Peugeot. Wer keine Lust hat, auf die analogen Instrumente zu schauen, sollte die Option Head-up-Display für günstige 252 Euro wählen. Die in die Ausklappscheibe eingeblendeten Infos zum Tempo und beispielsweise Navi machen den Blick in andere Regionen des Cockpits überflüssig. Nicht dass es dort nicht ansehnlich zugeht. Aber so bleibt der Blick auf der Straße. Den ungewöhnlichen Automatik-Dreh-Knauf finden die meisten Menschen schnell gut. Und mit der Anordnung von Infotainment und Klimatisierung finden sich viele auf Anhieb zurecht. Nicht ganz gelungen ist die Materialauswahl. Was beim Kastenwagen noch durchgehen mag, stört die Pkw-Version-Kunden eventuell.
Materialauswahl teils mäßig
Der Kunststoff wirkt kostenoptimiert, die Passungen teils unschön und die im Testwagen vorhandenen Grate sind wenig handschmeichelnd. Zudem ist es kratzempfindlich. Das merkt man schnell an der großen Ablage mit Getränkehalter, die sich zwischen den Sitzen befindet. Auch die Fußmatten verdienen den Ausdruck nicht. Sie sehen nach 14.000 Kilometern bereits austauschbedürftig aus. Schön hingegen: Die große Handyablage mit Induktivlademöglichkeit, die sogar anzeigt, ob gerade geladen wird.
Der Fahrersitz ist Opel-untypisch weich. Hier kommen die Gene durch, obwohl Opel damals noch als Kooperationspartner an Bord war. AGR-Sitze sind selbstverständlich nicht zu haben. Und auch die mechanisch in den Rücken sich drückende Lendenwirbelstütze ist ebenso eher zweite Wahl wie die klappbaren Mittelarmlehnen vorn. Die Sitze sind dennoch komfortabel und auch auf Langstrecken zu gebrauchen. Seitenhalt ist wenig vorhanden, aber wir befinden uns in einem praktischen Automobil, nicht in einem sportlichen. Wenig praktisch ist hingegen die Platzierung der Sitzheizung direkt an der Seite der Sitzfläche. Zudem gelingt die Aktivierung dieser erst nach einigen Hundert Metern, wenn der Po den Sitz bereits angewärmt hat. Das Platzangebot ist enorm. Vorne wie hinten finden lange Menschen viel Raum, und sogar ganz hinten (Siebensitzer nur als Innovation) können Personen mit mehr als 180 Zentimetern auf weitere Strecken mitfahren - inklusive Cupholder, vernünftiger Kopfstütze und Gurtführung. Wir haben übrigens die Langversion, die mit 4,75 Metern von den Proportionen besser wirkt als die kurze und eben auch im Kofferraum mehr Platz bietet.
2.693 Liter
Hinzu kommt die umklappbare Beifahrerlehne, die Gegenstände von mehr als drei Metern im Combo verschwinden lässt. Apropos Klappen. Auch die Reihen zwei und drei lassen sich kinderleicht umlegen und ergeben 850 bis 2.693 Liter - die letzte Generation Combo schluckte zwar als Maximalwert 500 Liter mehr, war aber in Gänze nicht so durchdacht und gut gemacht. Positiv beeinflusst wird der praktische Eindruck von der separat zu öffnenden Heckscheibe, die je nach Ausstattung kostenfrei an Bord ist. Sie erleichtert den Zugang mit kleinem Gepäck ungemein, denn die Heckklappe ist groß, schwer und die Stehhöhe nicht für alle ausreichend.
Mehr als ausreichend ist der Diesel. 96 kW oder 130 PS leistet der 1,5-Liter und passt von der Kraftentfaltung hervorragend zur modernen Achtgang-Automatik (ab 1.512 Euro), die sonst - neben den Derivaten - in keinem Segment-Konkurrenten zu haben ist. Leider harmoniert sie besonders gut im manuellen Modus. Also dann, wenn man die serienmäßigen Schaltpaddel bedient. In Funktionsweise "D" ist sie unnötig hektisch und schaltet auf der Autobahn zu oft zurück, was vielleicht am fehlenden Hubraum liegt. Obwohl sich die 300 Newtonmeter Drehmoment niemals schlapp anfühlen. Flott ist der Combo 1.5 D in jedem Fall. Tacho 200 sind mach- und fahrbar. Die Energie reicht aus, um das Tempo fahren zu können, und das Gemüt ebenso. Klar, dass es dann in dem riesigen Innenraum nicht mehr leise zugeht. Für einen Hochdachkombi ist es aber akzeptabel. Die angenehmste Reisegeschwindigkeit liegt irgendwo bei 140 km/h. Dann reichen sich Verbrauch, Schnelligkeit und Fahrkomfort zufrieden die Hände. Der Verbrauch variiert daher stärker als bei einem klassischen Kombi irgendwo zwischen knapp sechs und gut acht Litern.
Der Fahrkomfort geht in Richtung komfortabel. Kurze Bodenwellen quittieren die 17-Zoll-Reifen mit flachem 50er-Querschnitt mit einem recht harten Ansprechen. Dennoch und gerade auf den hinteren Plätzen tritt die Einzelradaufhängung positiv in Erscheinung, die noch immer in diesem Segment keine Selbstverständlichkeit ist, wenn man mal in Richtung Wolfsburg schielt.
Dort werden auch andere Preise aufgerufen, wenngleich der Opel Combo als 1.5 D mit Achtgang-Automatik kein Schnäppchen ist. Mit 28.500 Euro sollte für einen gut konfigurierten Combo Life Innovation gerechnet werden. Die Top-Ausstattung Innovation ist unsere Empfehlung, da die Serienausstattung sinnvoll und schön ist (Panoramadach) und sich mit den günstigeren Linien nicht wirklich viel sparen lässt. So ist dann eigentlich alles drin. Nur LED-Scheinwerfer, die gibt es weder für Geld noch für gute Worte. Bei dem Preis unverständlich.
Von Autoflotte getestet
Top- Viel Platz, auch in Reihe drei- Klappbarer Beifahrersitz- Head-up-Display und 8-Gang ATFlop- Hektische Automatik- Materialien Nutzfahrzeug-typisch- Sitze nicht "opelig"
Opel Combo Life Edition XL
Preis Testwagen: 33.853 EuroR4/1.499 ccm | 96 kW/130 PS 300 Nm ab 1.750 | 8-Gang-AT 184 km/h | 11,4 s | WLTP 5,8 D 153g/km | 4.050 x 1.798 x 1.440 mm 850 - 2.693 LiterEffizienz: A+HK I VK I TK: 19 | 22 |19Wartung: jährlich/30.000 kmGarantie: 2 Jahre/ohne km-Grenze