Herr Kemmerer, die Elektromobilität beschert vielen eine Menge Redebedarf. Wie sieht dies bei Ihnen aus?
Frank Kemmerer: Dialog war und ist mir schon immer sehr wichtig. Deshalb haben wir unsere Vertriebsorganisation auch so aufgebaut wie sie jetzt ist - stets offen und gesprächsbereit. Im Moment konzentriert sich vieles auf gewisse Überschriften wie Elektromobilität.
Dabei müssen wir zusammen mit dem Kunden nicht allein diese definieren, sondern auch den passenden Fließtext bis hin zu den kleinsten Fußnoten. Es ist komplex und es gibt viel zu bereden im Moment. Wichtig ist, dass es dabei keine pauschale Antwort geben kann, sondern stets eine fuhrparkindividuelle.
Was heißt das für den Fuhrparkleiter?
F. Kemmerer: Er muss definieren, welche Unternehmens-Philosophie er auch in den Fuhrpark bringen möchte. Auf welchem Weg ist er dafür bereits und wie ist sein Wissensstand? Diese Fragen sind die Basis. Pauschal zu sagen, wir müssen morgen den Fuhrpark komplett umstellen, ist nicht der richtige Ansatz.
Bekommt der Fuhrparkleiter die Antworten von Ihnen dann aus einem Mund nach dem Ansatz: One face to the customer?
F. Kemmerer: Wir sprechen eher auf der Ebene des First- und Second-Level-Supports. Der erste Ansprechpartner kann dabei die Räume definieren, in denen wir uns bewegen wollen. Will man diese Räume, zum Beispiel mit dem Thema Ladeinfrastruktur ausfüllen, kommt oft ein zweiter Experte dazu.
Wer sind dann diese Experten für die Ladeinfrastruktur?
F. Kemmerer: Für die Privatkunden greifen wir auf die Expertise von The Mobility House zurück. Bei den Gewerbekunden ist New Motion unser Partner.
Wie würde eine solche Beratung aussehen, wenn ich sage, ich bestelle für meine Flotte zehn der neuen SUV-Stromer EQC?
F. Kemmerer: Da müssten wir zuerst eine Ebene tiefer einsteigen und grundsätzlich klären, wie ihre aktuelle Situation im Fuhrpark ist. Was wollen Sie erreichen? Und wie deckt sich dies mit ihrer bestehenden Car Policy? Daraus ermittelt sich der direkte Bedarf. Sind dabei E-Fahrzeuge wie unser neuer EQC sinnvoll, dann stellt sich sofort die Frage nach der passenden Ladeinfrastruktur und wir landen bei unseren Experten.
Sind Partner dafür bereits beim Kunden vorhanden, arbeiten wir natürlich mit denen zusammen. Das Ganze ist sehr adaptiv zu sehen.
Wie ist die zeitliche Dimension?
F. Kemmerer: Hier sollte man in der Regel mit einem halben Jahr Vorlauf rechnen. Dabei kann es aber auch zu Engpässen führen, gerade was die Verfügbarkeit der lokalen Elektriker betrifft.
Das ist dann allerdings auch wieder individuell zu klären. Welche Lademöglichkeiten brauche ich? Wie viele Fahrzeuge sollen parallel laden? Muss ich für die Anschlüsse Grabungen durchführen? Das ist am Ende eine Individualanalyse.
Der Redebedarf wächst also deutlich im Vergleich zu früher, als kurz vor dem Leasingende einfach das neue Modell bestellt wurde?
F. Kemmerer: Die Kunden richten sich in der Tat momentan neu aus. Dabei geht es nicht nur um die reine Fahrzeugbestellung, sondern um die Frage der Lösungskompetenz des Partners. Wie kann mein Partner das ermittelte Mobilitätsprofil am effektivsten abdecken?
Die Antwort wird dabei aber nicht immer Elektrofahrzeug lauten können.
F. Kemmerer: Nein. Es bleibt ein Mix aus Verbrennern, Plug-in-Hybriden und reinen E-Fahrzeugen, die rein batterieelektrisch oder wie der GLC F-Cell in Kombination mit der Brennstoffzelle vorankommen. Neben dem Einsatzbereich spielen hier die anvisierten Kosten- und die Hierarchieebenen die entscheidende Rolle.
Wie ermitteln Sie das Mobilitätsverhalten des Kunden?
F. Kemmerer: Man kann den Kunden dazu befragen oder beispielsweise das Mobilitätsverhalten mit der EQ-Ready-App abgleichen. Dabei wird das eigene Fahrprofil ermittelt und mit dem eines E-Fahrzeuges verglichen.
Beim Thema Plug-in spielt Daimler mit dem Diesel-Hybrid in einer eigenen Liga. Wie kommen die Selbstzünder-Doppelherzen beim Kunden an?
F. Kemmerer: Wir sagen hier nicht umsonst, dies ist das Beste aus zwei Welten. Die Nachfrage beispielsweise nach dem E300 de zeigt, dass wir die richtige Antwort auf eine drängende Frage im Fuhrpark haben. Aktuell starten die Bestellungen für den C-Klasse-Diesel-Plug-in. Beide Fahrzeuge decken die geforderte Flexibilität im Fuhrpark ab, wenn es um Reichweite geht. Der Plug-in-Hybrid hilft dabei, sparsamer zu sein und auf Teilstrecken vollelektrisch voranzukommen.
Einer der Vorteile eines E-Fahrzeugs liegt bekanntlich in dem geringeren Serviceaufwand. Beim EQC sind die Serviceintervalle gegenüber dem Verbrenner indes gleichgeblieben - 25.000 Kilometer oder jährlich. Der Aufwand für den Dienstwagenfahrer bleibt also gleich?
F. Kemmerer: In Deutschland wird der EQC mit einem Servicepaket angeboten, so dass das Fahrzeug zur Wartung abgeholt und wieder zum Kunden zurückgebracht wird.
So wollen ja bekanntlich mit der Brennstoffzelle im GLC F-Cell auch neue Erfahrungswerte sammeln. Gibt es schon erste Erkenntnisse um die Flottentauglichkeit dieser Diesel-Alternative?
F. Kemmerer: Der F-Cell ist ein ganz besonderer Plug-in-Hybrid, der erstmalig Batterie und Brennstoffzelle kombiniert. Wir haben in 2018 die ersten Fahrzeuge an Kunden in ausgesuchten Metropolregionen übergeben. Im Hinblick auf den gerade startenden Ausbau des Wasserstoff-Tankstellen-Netzwerks richtet sich das Angebot vorwiegend an Kunden, die in ihrer Nähe auch bestehende Wasserstofftankstellen und damit die nötige Infrastruktur haben.
Für die Marke Smart wird es weitergehen, allerdings mit der Fertigung in China. Gab es hierzu schon Reaktionen seitens der deutschen Flottenkunden?
F. Kemmerer: Smart wird die erste Automobilmarke der Welt, die von Verbrennungsmotoren komplett auf rein elektrischen Antrieb umsteigt. Die Nachfrage sowohl nach unseren EQ-Modellen wie auch nach den Benzinern ist in Deutschland nach wie vor sehr hoch.
Wie sind eigentlich Ihre persönlichen Erfahrungen als Vielfahrer mit den heutigen E-Fahrzeugen von Daimler?
F. Kemmerer: Ich bin kein reiner Verfechter für den Verbrenner oder für das E-Fahrzeug, sondern ich freue mich über die große Bandbreite an Fahrzeugen, die wir anbieten. Auf jeden Fall machen unsere Fahrzeuge mit Elektroantrieb viel Spaß, ohne dass man auf die Mercedes-Benz-typischen Tugenden verzichten muss.
Herr Kemmerer, herzlichen Dank für das Interview.
Interview: M. Blumenstein, R. Swantusch