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CEO von MBVM im Interview: "Höchste Nachfrage beim klassischen Kastenwagen"

13.05.2020 09:00 Uhr
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Stefan Sonntag leitet seit Ferbuar die Mercedes-Benz Vans Mobility GmbH.
© Foto: Daimler

Wie sich aktuell die Nachfrage im Transporter-Vermietgeschäft gestaltet und vor welchen Herausforderungen die Branche steht - darüber spricht Stefan Sonntag, seit Februar CEO der Mercedes-Benz Vans Mobility GmbH, im Interview mit Autoflotte.

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Stefan Sonntag ist ein echtes Daimler-Gewächs. Seit 20 Jahren ist der Manager im Unternehmen und baute in der Zeit unter anderem "CharterWay" mit auf. Flottenmanagement, Marketing und After Sales stehen ebenso auf seiner Daimler-Vita wie vor allem der Vertrieb. Zuletzt war er fünf Jahre lang Leiter Verkauf Mercedes-Benz Transporter und Vans. Seit Februar schmückt der Titel CEO Mercedes-Benz Vans Mobility GmbH sein Namensschild. Sehr entspannt und voller Freude erzählte Sonntag, was das Transporter-Vermietgeschäft (Mercedes-Benz Van Rental) gerade an Herausforderungen erlebt und wo er damit hinmöchte: "Die Voraussetzungen sind momentan für alle Vermieter gleich und es wird möglicherweise weitere Einschnitte geben. Aber wir werden weitermachen und zeigen, dass wir schon vor der Krise gut aufgestellt waren." Das Anfangs-Statement klingt schon mal kämpferisch.

Autoflotte: Wie verschafft man sich aus dem Homeoffice einen Überblick über das Vermietgeschäft in ganz Deutschland?

Stefan Sonntag: Mein Vorteil ist, dass ich 2001 schon die Lkw-Miete bei Mercedes-Benz mit aufgebaut habe, von daher ist mir das Thema nicht fremd. Die Fragen und die Herausforderungen ähneln sich immer noch sehr stark.

Welche Dauerbrenner sind das?

S. Sonntag: Da geht es um Bonitäten, es geht um Dienstleistungen und einen hohen Grad an automatisierten Abläufen. Das schauen sich mein Team und ich sehr genau an. Das geht auch aus dem Home Office heraus, da die Prozesse digital laufen.

Ist Kurzarbeit ein Thema?

S. Sonntag. Nein, und darüber bin ich sehr glücklich. Wir ziehen durch. Durch den aktuell stark gestiegenen Onlinehandel entstehen für viele Firmen Auftragsspitzen, die gerne durch Mietfahrzeuge abgedeckt werden. Das ist in der momentanen Lage und in anderen Bereichen nicht üblich.

Die Krise wird aber auch nicht an Mercedes-Benz Van Rental spurlos vorübergegangen sein?

S. Sonntag: Sicherlich nicht. Aber wir nutzen jetzt die Zeit, um Dinge voranzubringen, um unsere Prozesse noch stärker zu digitalisieren und unseren Kunden noch besseren Service bieten zu können. Diese Herausforderung nehmen wir an.

Sind Ihre Partner, die Sie dafür brauchen, ebenso agil und angriffslustig?

S. Sonntag: Für das, was wir vorhaben, brauchen wir natürlich Partner, sonst kommt man auch nicht auf die nötige Geschwindigkeit. Auf der anderen Seite funktioniert gerade bei den IT-Projekten die momentan oberste Regel, Distanz zu wahren, sehr gut. So nutzen wir gerade sehr viele Möglichkeiten, um unsere Prozesse weiter zu digitalisieren. Die Vermietung lebt von einem sehr hohen Automatisierungsgrad. Mercedes Benz Van Rental auf dieses sehr hohe Niveau zu bringen, ist nun meine Aufgabe als neuer CEO.

Gibt es also bald die Möglichkeit, ähnlich wie bei den Pkw einen Transporter per App zu mieten?

S. Sonntag: Van Rental war schon bei einigen Pilotprojekten dabei, die darauf abzielten. Zum Beispiel bei "VAN2SHARE": Zusammen mit unseren Kollegen haben wir mehrere hundert Fahrzeuge mit der Technik ausgestattet, die ein schlüsselloses Öffnen und damit prinzipiell auch ein counterloses Vermieten ermöglicht.

Wie geht es da weiter?

S. Sonntag: Wir wollen das Kommunikations-Tool, das seit 2018 serienmäßig in jedem Sprinter verbaut ist, für "VAN2SHARE" nutzbar machen. Das wollen wir mittelfristig der breiteren Kundschaft anbieten.

Das heißt, es wird dies nicht für alle Kunden geben?

S. Sonntag: Da muss man ein Stück weit der Realität ins Auge blicken. Nicht jedes Kundensegment passt dazu und nicht jeder Kunde fragt dies nach. Wenn man den Kunden bereits kennt und eine Vertrauensbasis hat, kann man ihn leichter dazu bringen, etwas Innovatives auszuprobieren, als wenn der Kunde neu ist.

Ist mit dem Kommunikationsmodul die Konnektivitätslösung Mercedes Pro Connect gemeint?

S. Sonntag: Über das Kommunikationsmodul laufen heute bereits die Mercedes Pro Connect-Telematikdienste und zukünftig auch der Dienst "VAN2SHARE". Damit kann man beispielsweise bei der Fahrzeugrückgabe automatisch den Kilometerstand und den Tankstand erfassen sowie schlüssellos verriegeln.

Gibt es eine Kenngröße für den Automatisierungsgrad, den es dabei zu erreichen gilt?

S. Sonntag: Ich würde eher sagen, dass man sich als Dienstleister zunächst selbst automatisieren muss, um schneller, besser und möglichst fehlerfrei zu werden. Daraus ergeben sich viele Benefits für unsere Kunden. Und abhängig von der Branche werden diese Benefits dann auch genutzt.

Welche Branchen nutzen denn momentan das Vermietgeschäft von Van Rental am stärksten?

S. Sonntag: Wir haben zunächst den deutschlandweit größten Transporter-Vermiet-Fuhrpark, was spezielle Branchenlösungen betrifft. Das ist unsere Stärke. Und das zeigt auch, dass wir gerade im gewerblichen Bereich sehr stark sind. Derzeit laufen gerade die Kühl- und Tiefkühlfahrzeuge sehr gut, was sicherlich der aktuellen Situation geschuldet ist. Aber auch die Personentransporter für die Verkehre von Menschen mit eingeschränkter Mobilität sind stark nachgefragt. Im Speditionsbereich sind die klassischen Kofferfahrzeuge mit Ladebordwand gefragt. Die höchste Nachfrage liegt aber beim klassischen Kastenwagen, der für die letzte Meile gebraucht wird.

Die Carsharer und Vermieter bieten gerade für systemrelevante Kunden spezielle Aktionen an. Wie sieht es bei Van Share aus?

S. Sonntag: Aktuell laufen viele Aktionen bei uns zentral gesteuert über die Daimler AG. So bieten wir karitativen Organisationen an, zentral nach Fahrzeugen anfragen zu können, die dann über unsere Mietstützpunkte kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Für diese Aktion haben wir bereits mehrere Fahrzeuge bereitgestellt. Zum Zweiten gibt es einen vergünstigten "Partnerschafts-Tarif" für Kunden aus sogenannten "systemrelevanten Bereichen".

Wie hoch ist generell gerade die Auslastung?

S. Sonntag: Bei den Kastenwagen ist die Auslastung sehr gut. Aufgrund der gegenwärtigen Reise- und Kontaktbeschränkungen gibt es dagegen bei den Personentransportern hohe Stornierungsraten, so ähnlich wie es den Carsharing- oder Ridesharing-Angeboten im Moment generell geht.

Wie setzen Sie die Hygienemaßnahmen im Mietbereich um?

S. Sonntag: Wir müssen natürlich die Kunden, aber genauso unsere Mitarbeiter schützen. Das haben wir konzernweit vorbildlich gemacht. Die Händler, die jetzt die Fahrzeuge deutlich mehr pflegen müssen, erhalten diesen Aufwand von uns vergütet. Die Abstandsregeln werden natürlich genau so konsequent angewendet, letztlich will sich niemand selbst anstecken.

Wie viele Stützpunkte gibt es denn in Deutschland?

S. Sonntag: Wir haben aktuell 155 Mietstützpunkte. Davon sind über 80 Prozent ohne Einschränkungen geöffnet.

Einige E-Transporter gibt es bereits, werden diese von den Kunden auch angemietet?

S. Sonntag: Wir gehören sicherlich zu den größten E-Flottenbetreibern in Deutschland. Einen großen Bedarf sehen wir hier in den Bereichen des Ride-Sharings, aber auch bei Shuttle-Fahrzeugen für Hotels oder am Flughafen. Hier spielt neben dem E-Vito Tourer bald auch der EQV eine wichtige Rolle. Auch haben sich einige Logistiker dem Ziel verpflichtet, die letzte Meile grün zu gestalten, sprich E-Fahrzeuge für die finale Zustellung zu verwenden. Das decken Sie dann auch mit unseren E-Transportern ab.

Wie lange ist die Mietdauer für E-Fahrzeuge?

S. Sonntag: Da fehlen uns gerade durch die aktuelle Schließung der Hotels ein paar Erfahrungswerte. Ich gehe aber davon aus, dass ein Elektrofahrzeug sehr viel langfristiger in der Vermietung läuft, da der Kunde sich auf die neue Technik einstellt und auch für sich eine Ladeinfrastruktur anschaffen muss. Teilweise kann man auch vorhandene Ladeinfrastruktur nutzen, so zum Beispiel an unserem Base Camp in Bochum[LA(1], wo Logistiker ihre E-Fahrzeuge von Van Rental laden können.

Wer hilft, wenn ich noch keine eigene Ladeinfrastruktur habe?

S. Sonntag: Für diese Fragen haben wir Partner, wie The Mobility House, die vor Ort beraten und den Aufbau unterstützen.

Klassischerweise zieht in einer Krise das Mietgeschäft stärker an als Leasing oder Kauf. Erwarten Sie dies auch in dieser Corona-Zeit?

S. Sonntag: Da schlagen sicherlich zwei Herzen in meiner Brust, da ich ja aus dem Verkauf komme. Andere Krisen habe allerdings gezeigt, dass Miete in einer Krise eher gefragt ist, aber das hängt stark von der Branche ab. Die letzten Jahre hat der Vermietbereich bei den Transportern bereits überproportional zugelegt. Deshalb wollen wir weiterhin zweistellig wachsen.

Wir lernen alle gerade, wie digital das Leben schon laufen kann. Wird auch die Miete bald ein voll digitaler Prozess sein?

S. Sonntag: Absolut und das sehen wir ja heute schon. Im Pkw-Bereich ist das bereits heute nahezu Standard. Im gewerblichen Transporterbereich mag es immer noch etwas "nice to have" sein und man ruft immer noch direkt an, wenn man ein Fahrzeug braucht, aber es wird auch hier digitaler werden.

Digital etwas zu konfigurieren ist im Pkw-Bereich sehr einfach, wie läuft es bei speziellen Ausbauten im Transporterbreich?

S. Sonntag: Da stellt sich zunächst die Frage, welchen Aufbau der Kunde haben möchte und dann schaut man, wie lange die Vermietung dauern wird. So dass sich dieser Aufwand für beide Seiten rechnet. Aber wir möchten die Kunden gern ermutigen, uns ihre Vorstellungen zu nennen, dann schauen wir, was geht. Das ist eine unserer Stärken.

Finden diese Spezialfahrzeuge dann leicht einen Käufer fürs zweite Leben?

S. Sonntag: Solche Exoten werden im Gebrauchtfahrzeugmarkt durchaus heiß gehandelt.

Wie passen Sie die Laufzeiten der Fahrzeuge an die aktuelle Situation an?

S. Sonntag: Wir schauen natürlich auf jedes Fahrzeug. Ist der Kilometerstand hoch, werden sie ins Remarketing gebracht, haben sie noch Luft bei den Kilometern, dann laufen sie auch länger. Das ergibt dann ein Zeitfenster von zwölf bis 24 Monaten.    

Herr Sonntag, herzlichen Dank für das Gespräch.  (mb, rs)

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