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Der kleine Träger auf großer Tour

01.02.2022 06:00 Uhr

Porter heißt Träger oder tragen, je nachdem, ob man aus dem Englischen oder Französischen übersetzt. Wir haben den Piaggio Porter aus dem Werk in Pontedera ins Allgäu getrieben - ganz ohne Last.

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Ich kann sie bereits hören, die Stimmen, die sagen: "Wie kann man mit diesem Gefährt so eine Strecke fahren?" Rund 780 Kilometer sind es mit etwas Zickzack aus der Toskana, durch die Emilia-Romagna und die Lombardei über St. Moritz nach Tirol und dann ins Allgäu. "Na, Bandscheiben noch an Ort und Stelle?", ist eine weitere Frage, die unweigerlich kommt, wenn man Fahrzeug, Strecke und Alter des Fahrers in die Erzählung packt. Denn viele meinen, dass solch eine Art Nutzfahrzeug für den Nahverkehr gemacht sei. Ja, das ist es. Und wenn man verweichlicht, geräuschempfindlich, rückenschmerzengeplagt oder einfach wenig experimentierfreudig ist, wird es zur "Tortour". So viel vorab: Die Fahrt hat sich gelohnt. Zu erahnen ist das vielleicht auch beim Blick auf die Fotos. Das Wetter war traumhaft, die Strecke phänomenal und: Der Piaggio Porter ist ... nun ja, ein Nutzfahrzeug mit vielen Talenten. Doch fangen wir am Anfang an.

Aus Pontedera kommen Wespen

Die Hinfahrt von München nach Pontedera (und zurück) mit dem Hyundai Ioniq 5 haben wir in Heft 12/2021 beschrieben. Wir wollten mal sehen, wie das E-Autofahren in Italien funktioniert. Da Team Autoflotte gern ausprobiert, haben wir uns überlegt, mit einem ungewöhnlichen Gefährt die Rückreise zu bestreiten. Am Zielort Pontedera standen uns drei spezielle Optionen zur Auswahl.

Denn hier in der Tokskana wird seit 1946 die Vespa hergestellt. Die italienische Wespe, die die Herzen vieler Menschen allein beim Anblick erweicht. Um die Nachkriegswehen aufzuräumen, war die Vespa jedoch zu klein und Piaggio baute "einfach" eine Ladefläche drumherum. Ape nannte Enrico Piaggio, Sohn des Gründers Rinaldo, dieses merkwürdige Vehikel, wenngleich weltweit zu dieser Zeit dreirädrige, leichte und günstige Lastesel Hochkonjunktur hatten. Ape heißt übersetzt jedoch nicht (Last-)Esel sondern Biene. Auch die Ape sollte ja die Herzen erobern.

Transporter, seit 30 Jahren

Weniger fürs Herz als für die Arbeit hat Piaggio Anfang der 1990er Jahre den Porter nach Europa gebracht. Eigentlich hieß der Porter Hijet und Daihatsu waren die Eltern. Piaggio übernahm die Produktion für diesen Mini-Japaner in Europa. Die"erste" Generation des Porter schaffte es bis ins Jahr 2020. Dann war Schluss. Mit dem Schluss begann eine neue Ära in Pontedera. Das Werk des Porter, direkt neben dem Vespa-Werk, wurde modernisiert und die 2. Generation, der NP6, läuft dort nun vom neuen Band. Die Rohkarosse "spendet" Foton aus China, deren Modell Gratour der optische Zwilling ist. Unter dem Blech, das in der Toskana nach Wunsch lackiert (fünf Farben) wird, werden eigene Spezifikationen integriert. Genau in diesem Werk beginnt unsere Tour.

Hier schaffen es derzeit 36 Porter täglich (maximal 100 sind möglich), die 200 Meter lange Montagestrecke mit ihren 37 Stationen zu durchlaufen. Etwa 13 Stunden dauert die Geburt. Standardmäßig gibt es die zwischen 4,10 (Radstand 2,65 Meter) und 5,10 Meter (Radstand maximal 3,25 Meter) langen NP6 als Fahrgestellversion, auf die diverse Aufbauten individuell montiert werden können, sowie als Kipper und Pritsche. Markus Ellenrieder vom Autohaus Ellenrieder im Allgäu wählt gerne die Fahrgestellversion und montiert in Dösingen den passenden, manchmal auch individuellen Aufbau drauf. Zu ihm kommen wir später nochmal.

Treibstoffe: Benzin, CNG, LPG

Nach dem Lackieren geht es hängend in Richtung Montage, wo die Hochzeit stattfindet. Hier bekommt der Porter nicht nur seinen Antrieb, der (bislang) stets vier Brennräume auf 1,5 Liter Hubraum verteilt. Gespeist wird der 106-PS-Verbrenner entweder von Benzin und LPG (Flüssiggas) oder von Benzin und CNG (Compressed Natural Gas). Gerade in Italien sind Gaskraftstoffe nach wie vor sehr gefragt. Und auch in Deutschland freuen sich oft kommunale Einrichtungen darüber. Gab es den alten Porter auch mal mit E-Antrieb, ist ein solcher aktuell nicht erhältlich, aber eine E-Version wird kommen. Wir kommen zum Ende der Produktionshalle und vor uns steht ein neuer Porter NP6 in betörendem Weiß. Letzte Elektronik- und Nässechecks werden durchgeführt und danach geht es an die frische Luft.

Unser Kumpel für die kommenden zwei Tage wurde bereits produziert und wartet auf dem Parkplatz vor der Werkshalle auf uns. Ebenfalls weiß, serienbereift (es gibt auch Zwillingsbereifung für bis zu 1.610 Kilogramm Zuladung), als Kipper und mit LPG als Zusatz-Brennstoff. Markus Ellenrieder hat die Nummernschilder dabei und übergibt uns den Fahrzeugschlüssel und die Papiere, sodass unsere Tour gen Norden starten kann.

Da der heutige Tag bereits mehr als die Hälfte seiner Zeit hinter sich gebracht hat, ist unser erklärtes Ziel das nördliche Ende des Comer Sees. Wir haben uns in Chiavenna einen Schlafplatz gebucht, hoch oben in den Bergen mit phänomenaler Aussicht. 430 Kilometer sind es bis dorthin. Anfangs ein Stück durch die Toskana am Meer entlang, dann über die Autobahn durch die gerade im Spätherbst wunderschöne Emilia-Romagna ins staugeplagte Mailand. Da geht leider kein Weg dran vorbei. Der kleine Porter wird auf der Fahrt oft kritisch beäugt. Denn nicht nur uns scheint aufzufallen, wie flott der 1,5 Tonner vorwärtsgeht. Bei Tempo 115 pendelt sich die Autobahn-Reisegeschwindigkeit ein.

Dann halten sich Wind- und Motorgeräusche die Waage, die Musik aus dem Radio ist noch wahrzunehmen und man schwimmt gut mit. Unser Begleitfahrzeug, der Hyundai Ioniq 5 muss nach 250 Kilometern zum naheliegenden Superschnelllader. Der Porter kann noch gut 600 Kilometer fahren, ohne auftanken zu müssen. Dann aber wurde der große LPG-Tank (es gibt einen mit 15 und einen mit 46 Litern) voll ausgenutzt und der Benzintank ebenso. Mit dem günstigen LPG sind - je nach Fahrweise und Beladung - 400 Kilometer möglich.

Bis kurz vor unserem Übernachtungsstopp reicht das LPG, dann springt unmerklich das Benzin als Brennstoff ein. Glücklicherweise gibt es in Italien viele LPG- und auch CNG-Tankstellen, wir füllen 36,8 Liter Flüssiggas in den Tank und wundern uns, wo die letzten neun Liter sein sollen. In Chiavenna hängen wir den Hyundai an die Ladesäule und verabschieden uns um 21 Uhr in die Berge. Hoch oben in Pianazzola ist es ruhig und frisch.

Am nächsten Morgen geht es um sieben Uhr los. Erstes Ziel: der Malojapass. Hier zeigt der Porter, dass Leistung vorhanden ist. Oft bremst uns das ESP ein, wenn das leere Heck auf den leicht feuchten Serpentinen zum Schwenk ansetzt. Oben angekommen genießen wir den Ausblick und freuen uns über die Sonne, die gerade über die Berge lugt und Silser- und Silvaplanersee um die Wette funkeln lässt. In St. Moritz stellen wir uns selbstbewusst in die Baustellen-Schlange, die aus Bentley Bentayga, Audi SQ7, Ferrari FF und einem Golf besteht - der hat ein deutsches Kennzeichen. Mit St. Moritz haben wir auch unseren höchsten Punkt der Reise erreicht. Von gut 1.800 Metern über null geht es nun nur noch bergab - geografisch. Gut für den Verbrauch. In Imst gibt es Strom und ein Mittagessen. Danach ist das Ziel, Autohaus Ellenrieder in Dösingen, fast in Sicht.

Juniorchef Markus Ellenrieder empfängt uns am Firmensitz, direkt am Ortseingang. "Wie war denn die Fahrt?", strahlt er uns an. So mit einem Satz ist das kaum zu beschreiben. Es hat Spaß gemacht, der NP6 ist flott und fährt sich besser als befürchtet. Und vor allen Dingen: Er bietet die Kombination aus schmal und kurz mit großer Zuladung. Richtig wohl fühlt er sich im urbanen Einsatz, das ist klar. Mit Bio-CNG betrieben, fährt er zudem fast so sauber wie ein Elektroauto, das mit wirklich grünem Strom betrieben wird.

Auto Ellenrieder

Auto Ellenrieder war 2021 der "größte" Piaggio-Händler in Deutschland. Seit rund 35 Jahren gibt es den Kfz-Spezialisten in Dösingen im Allgäu. Piaggio begleitet "die Ellenrieders" seit mehr als 20 Jahren und Seniorchef Wenzel Ellenrieder bezeichnet es als Liebe auf den ersten Blick - wobei er damit die Liebe zur Ape meint. "Die Porter werden fast ausschließlich gewerblich genutzt von Kommunen sowie von Hausmeisterdiensten, Gärtnereien und anderen Kleinunternehmern", ergänzt Markus Ellenrieder. Als Kaufgründe für den mindestens 16.550 Euro teuren Porter werden die kompakten Abmessungen, die Wendigkeit sowie das Preis-Leistungs-Verhältnis genannt. Bis zu 80 Porter stehen oft"abholbereit" auf dem Hof. Neben Piaggio hat Ellenrieder noch etwas Besonderes - selbst erfunden. Den "Ellenator". Das ist ein umgebauter Fiat 500, der bereits ab 16 Jahren gefahren werden darf. Aber das ist eine andere Geschichte.

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