Ein lohnender Weg
Die Seeberger KG setzt seit 2006 auf Risk-management. Jetzt hat das Unternehmen die erste Jahresbilanz gezogen. Demnach haben sich die Anzahl der Schäden und die Schadensaufwendungen drastisch reduziert. Das belohnt der Versicherer mit sinkenden Prämien und einer Gewinnbeteiligung.
Je größer der Fuhrpark ist, desto mehr lohnt sich Riskmanagement. Je kleiner der Fahrzeugbestand, desto geringer der Nutzen. Fuhrparkmanager mit mittleren und kleinen Flotten sollten sich daher gut überlegen, ob sie überhaupt in Riskmanagement investieren. Dass diese landläufige Meinung nicht stimmt, beweist die Seeberger KG. Für ihre Flotte, die aus 62 Firmenwagen, 15 Transportern und fünf Lkw plus Hänger besteht, hat das Unternehmen Ende 2006 in Zusammenarbeit mit der Firmenconsulting und Versicherungsdienste mbH (FCVD) ein konsequentes Riskmanagement eingeführt und bereits nach kurzer Zeit erste Erfolge erzielt (wir berichteten in Ausgabe 11/2007).
Nun liegen die endgültigen Auswertungen für 2007 vor. Sie belegen, dass sich die Investitionen in barer Münze ausgezahlt haben. Laut den Analysen und statistischen Erhebungen der FCVD ist die Anzahl der Schäden von 45 in 2006 um 18 auf 27 Schadensereignisse im vergangenen Jahr gesunken. Gleichzeitig haben sich die Schadensaufwendungen um 33 Prozent reduziert. "Wenn wir noch die indirekten Kosten hinzurechnen, die unter anderem aus dem internen Aufwand für die Schadenbearbeitung entstehen, dann haben wir noch deutlich mehr Kosten eingespart", sagt Karl Scheck, Abteilungsleiter Materialbeschaffung bei Seeberger und verantwortlich für den Fuhrpark.
Das positive Ergebnis hat Seeberger erreicht, indem das Risk- und Schadenmanagement zur Chefsache erklärt und Maßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen eingeführt wurden. Dazu zählen die Ausstattung der Firmenwagen mit Parctronic, eine detaillierte Erfassung der Schäden durch die FCVD, die schnelle Kommunikation dieser Ereignisse an die Fuhrparkverantwortlichen und die sofortige Kontaktaufnahme mit dem Fahrer. Vor allem die direkte Kommunikation zwischen Fuhrparkleitung und Fahrer ist der entscheidende Hebel. Sie hat das Bewusstsein der Fahrzeugnutzer verändert. "Die Sensibilität haben wir speziell durch das Schadenmeldeformular erhöhen können, das nach einem Unfall im Gespräch mit mir ausgefüllt und unterschrieben werden muss", sagt Achim Gerlach, der bei Seeberger die operativen Tätigkeiten im Schaden- und Riskmanagement übernimmt. Auf zwei Fragen reagieren die Fahrer dabei besonders sensibel: War der Unfall aus Ihrer Sicht vermeidbar? Und welche Vorbeugemaßnahmen ergreifen Sie, um einen solchen Unfall künftig zu vermeiden? "Selbst Fahrer, die keinen Unfall hatten, kommen jetzt auf mich zu und wollen wissen, warum sie diese Frage beantworten müssen. Die Maßnahme hat ihre Wirkung folglich entfaltet", erzählt Gerlach.
Schadensereignisse und
Konsequenzen
Der Erfolg im Riskmanagement spiegelt sich auch in den Schadensereignissen des vergangenen Jahres wider. "Bei insgesamt sinkenden Schadenzahlen sind in 2007 die Glasschäden mit der höchsten Schadenhäufigkeit und die Rangierschäden mit dem höchsten Schadensaufwand vertreten gewesen", erläutert Ralph Feldbauer, Geschäftsführer der FCVD. Abbiege-, Ausweich-, Auffahr- und Parkschäden sind im Verhältnis zur Fuhrparkgröße hingegen gering (siehe Grafik "Anzahl der Schäden nach Schadensarten" S. 76). Der Fokus richtet sich bei Seeberger deshalb auf die Rangier- und Glasschäden. Insbesondere Erstere schlagen mit 53 Prozent der Aufwendungen kräftig zu Buche (s. Grafik "Aufwendungen nach Schadensarten" rechts unten).
Im Gegensatz dazu belaufen sich die direkten Kosten für Glasschäden nur auf acht Prozent, obwohl sie die höchste Stückzahl aufweisen. "Trotzdem bleibt es interessant, diese Schadensart näher zu beleuchten, wenn man die indirekten Kosten einbezieht. Schließlich muss ja derselbe interne Verwaltungs- und Organisationsprozess angestoßen und betrieben werden wie bei Schäden mit höheren direkten Kosten", konstatiert Feldbauer. "Folglich muss auch der Versicherer sich etwa bei der Hälfte aller Schäden mit kleinen Vorfällen befassen, welche den Aufwand und damit die Kosten nach oben treiben. Deshalb stellt sich grundsätzlich die Frage, ob es wirtschaftlicher ist, die Glasschäden aus dem Rahmenvertrag mit dem Flottenversicherer zu nehmen."
Zwischen Karl Scheck, Achim Gerlach und Ralph Feldbauer beginnt eine Diskussion darüber, was Seeberger tun kann, um die Glasschäden zu verringern. Als Erstes soll künftig ermittelt werden, welche Fahrer die Glasschäden verursachen. Dann wird jeder zum Gespräch gebeten, um herauszufinden, woher der Schaden kommt und wie er behoben wurde. Karl Scheck resümiert: "Es ist unsere Aufgabe, einen verbindlichen Prozess zu installieren und Verhaltensvorgaben zu machen, nach denen sich jeder Fahrer richten muss, wenn er einen Glasschaden hat."
Als nächster Punkt auf der Tagesordnung: In welchen Monaten sind die Schäden hauptsächlich aufgetreten? Das Ergebnis: Die meisten Vorfälle haben sich im Januar und Dezember ereignet. Ralph Feldbauer gibt jedoch Entwarnung: "Es sind alles Schäden gewesen, die auch im Sommer passieren und deren Ursachen behoben werden können." Heruntergebrochen auf die Werktage zeigen die Erhebungen, dass sich vor allem montags und donnerstags die Unfälle ereignen. "Es gilt nun zu analysieren, warum das so ist." Liegt es am Donnerstag beispielsweise an der Tourenplanung?", fragt Feldbauer. Karl Scheck will sich das zusammen mit Achim Gerlach künftig genauer ansehen.
Versicherer honoriert positive Entwicklung
Für Seeberger geht es jetzt darum, das erreichte hohe Niveau zu halten und weiter zu optimieren. Denn der Flottenversicherer erkennt die messbaren Fortschritte auch monetär an. So ist bereits der positive Verlauf in 2007 belohnt worden. Die Früchte des Erfolgs: Der Schadenverlauf hat zu einer Reduktion der Prämie geführt, eine Gewinnbeteiligung wurde vom Versicherer ausgeschüttet und die FCVD hat Zuschüsse für weitere Riskmanagement-Maßnahmen erarbeitet.
Wie die Zuschüsse eingesetzt werden, will wohlüberlegt sein. Karl Scheck: "Wir werden die Zuschüsse voraussichtlich in weitere technische Maßnahmen investieren." Allerdings ist das keine beschlossene Sache. Der Fuhrparkmanager wartet noch ab, bis neben den Lkw demnächst auch alle Transporter mit einem elektronischen Fahrtenbuch ausgestattet sind. Dann wird Scheck in einem unabhängigen Online-Portal nicht nur die Daten für die Nutzfahrzeuge automatisch erfassen, sondern auch die relevanten Informationen für das Riskmanagement der Pkw-Flotte einstellen lassen. Auf Basis dieser Zahlen werden weitere detaillierte Auswertungen generiert, aus denen hervorgehen soll, ob sich zusätzliche Investitionen in technisches Equipment lohnen. Eine andere potenzielle Maßnahme sind Fahrsicherheitstrainings. "Wenn wir uns aber die Schadenhäufigkeit und -arten ansehen, muss man feststellen, dass Fahrertrainings eher eine Incentive-Veranstaltung wären", sagt Ralph Feldbauer. Seiner Ansicht nach ist es daher sinnvoller, Investitionen in technische Maßnahmen zu tätigen.
Ein Thema ist und bleibt darüber hinaus die konsequente Umsetzung des Riskmanagements im Unternehmen. Feldbauer begründet: "Die Sensibilisierung der Fahrer und der Bewusstseinswandel im Unternehmen ist das A und O. Dieser Prozess muss permanent am Laufen gehalten werden, um die Verbesserungen fortzuführen." Damit auch die Fahrer sehen, dass ihr umsichtiges Verhalten das Unternehmen im vergangenen Jahr entlastet hat, will Karl Scheck die Zahlen in der Mitarbeiterzeitschrift "Seeberger aktuell" veröffentlichen. Ziel ist es, die Aufmerksamkeit hoch- zuhalten. So scheint Seeberger in 2008 den Erfolgskurs fortzusetzen. Denn das Unternehmen hat bisher lediglich zwei Schäden registriert. ANNEMARIE SCHNEIDER
Af: Herr Weirich, wie bewerten Sie als Versicherer das Riskmanagement der Seeberger KG?
Weirich: Persönlich konnte ich mir einen Eindruck über die professionelle Arbeitsweise des eingeschalteten Riskmanagers, Herrn Feldbauer, machen. Insofern ist das Qualitätsniveau erfahrungsgemäß sehr hoch – was sich in den sehr positiven nachweisbaren Ergebnissen wieder bestätigt. Die konkrete Umsetzung mit den fundierten Zielmaßnahmen macht das Riskmanagement bei Seeberger KG dadurch grundlegend erfolgreich. Zusammen mit der hohen Kundenmotivation des Fuhrparkverantwortlichen Herrn Scheck ist das Riskmanagement-Konzept daher als sehr positiv zu werten. Unser Vertrauen in die nachhaltige Geschäftsverbindung als wirkliche Partnerschaft wurde damit klar bestätigt.
Af: Welche Auswirkungen hat die Implementierung eines erfolgreichen Riskmanagements auf die Vertragsverhandlungen?
Weirich: Die effektive Implementierung des Riskmanagements hat zur Folge, dass zum einen die Firma Seeberger ihre schadenseitigen Besonderheiten und folglich alle dann deckungs- und vertragsrelevanten Punkte sehr genau kennt. Dies allein ist für die Vertragsverhandlung schon für alle Beteiligten sehr positiv zu werten. Zum anderen haben aber insbesondere wir als Risikoträger durch das Riskmanagement ein wesentlich genaueres Bild vom tatsächlichen subjektiven Risiko, den konkreten Maßnahmen zur Prävention und können Schadenerwartungswerte nun sehr zielgenau kalkulieren und damit den Vertrag, Prämien und Abwicklung optimal stellen. Die fast logische Folge ist, dass Vertragsverhandlungen dann für alle Beteiligten fair und in hohen Vorteilen geführt werden.
Af: Welche Bedeutung nimmt das Riskmanagement generell bei Ihnen als Flottenversicherer ein?
Weirich: Zielstellung unseres Hauses ist klar eine ertragsorientierte Zeichnungspolitik, weil wir uns nicht an zyklischen Umsatzperioden des Marktes beteiligen wollen. Und hier nimmt das Riskmanagement im Flottenversicherungsbereich für uns eine hohe Bedeutung ein. Wie Sie am Beispiel der Firma Seeberger KG erkennen, kann mit professionellem Riskmanagement die langfristige nachhaltige Geschäftsverbindung im Sinne aller Vertragspartner gesichert werden. Weil genau dies der Sichtweise unseres Unternehmens entspricht, werden wir diesen wichtigen Teil weiter forcieren. Zudem bin ich der Meinung, dass Riskmanagement im individuellen Flottenversicherungsgeschäft ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor sein wird.
Interview: A. SCHNEIDER