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Eine Flotte für alle Fälle

03.07.2017 06:00 Uhr
Eine Flotte für alle Fälle

In einem Pilotprojekt testet zunächst das technische Rathaus, wie sich ein Corporate-Carsharing-Pool für Dienstfahrten nutzen lässt - statt wie bisher die Privatautos der Mitarbeiter. Erste Ergebnisse.

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_ Lieber ein Fahrzeug zu viel als eines zu wenig, dafür eine Nummer kleiner statt überdimensioniert. Seit April 2016 stehen sechs Volkswagen Up, vier E-Up, ein Golf Variant und ein Caddy Maxi mit sieben Sitzen für die Mitarbeiter des Technischen Rathauses der Stadt Paderborn zur Anmietung für Dienstfahrten bereit.

Darin enthalten sind bereits zwei vor der Einführung vorhandene Fahrzeuge, die nun in die digital gemanagte Carsharing-Flotte integriert wurden. Ergänzt wird die Flotte auf vier Rädern durch einen E-Roller, vier Pedelecs, drei herkömmliche Fahrräder und Fahrkarten für die öffentlichen Verkehrsmittel.

Passgenaues Angebot, das funktioniert

Im ersten Jahr des Pilotprojektes war das Hauptziel für Christoph Lüthen, Abteilungsleiter Verwaltung und Finanzen beim Abfallentsorgungs- und Stadtreinigungsbetrieb Paderborn (ASP), dem auch die Verantwortung für den städtischen Fuhrpark obliegt, die Mitarbeiter dauerhaft für das Corporate Carsharing zu gewinnen. Er wusste, dass das nur gelingen kann, wenn das Angebot passgenau zugeschnitten ist und es auf Anhieb funktioniert.

"Wichtig ist die sofortige Akzeptanz des neuen Systems. Wenn ich die Leute nicht mit dem ersten Ansatz überzeuge, dann kriege ich sie nicht mehr", ist Lüthen überzeugt. Soll heißen: Die städtischen Angestellten dürfen nicht in die Situation kommen, vor einem leeren Parkplatz zu stehen, wenn sie zu einem Termin fahren müssen, weil sie dann in alte Mobilitätsmuster zurückfallen könnten.

Alte Mobilitätsmuster - das sind bei der Stadt Paderborn vor allem die dienstlichen Fahrten mit den Privatfahrzeugen der Mitarbeiter, die mit den üblichen 30 Cent pro Kilometer vergütet werden. Mehr als eine halbe Million Kilometer haben 450 städtische Mitarbeiter auf diese Weise innerhalb eines Jahres zurückgelegt. Auch wenn Lüthen den reinen Abrechnungssatz von 30 Cent nach wie vor für finanziell lukrativ hält, sieht er auch die Nachteile: Diese Fahrten mussten individuell abgerechnet werden, es gibt kein einheitliches Erscheinungsbild der Stadt nach außen, weil der eine mit seinem teuren Sportwagen vorfährt und der andere mit einer "alten Möhre", und außerdem müssen für die Privatwagen viele Parkplätze in Arbeitsplatznähe bereitgehalten werden. Weil Flächen dafür auch in einer 150.000-Einwohner-Stadt wie Paderborn knapp sind und die Stadt sich für Umwelt- und Klimaschutz einsetzt, sollen Anreize geschaffen werden, ohne Auto zur Arbeit zu fahren.

Mit sieben Anbietern von Corporate Carsharing hat die Projektleitung der Stadt gemeinsam mit dem ASP Gespräche geführt und sich deren Produkt vorstellen lassen. Nur drei von ihnen erfüllten die drei Hauptkriterien und schafften es in die offizielle Ausschreibung: Eine rechtssichere Führerscheinkontrolle war Systemvoraussetzung, es mussten Elektrofahrzeuge verfügbar sein und es durfte keine Festlegung auf bestimmte Marken und Modelle geben. Den Zuschlag bekam schließlich Ubeeqo, mit dessen Lösung Lüthen sehr zufrieden ist: "Es ist ein nahezu selbstständig funktionierendes System."

Bei der Umstellung auf Corporate Carsharing hat die Stadt Paderborn auf Freiwilligkeit gesetzt. Die Mitarbeiter, die nicht am Pilotprojekt teilnehmen, können die Poolfahrzeuge nicht für Dienstfahrten buchen und müssen weiterhin ihren Privatwagen für Termine nutzen. Dennoch haben sich gleich zu Beginn der Pilotphase 70 Mitarbeiter als Nutzer registrieren lassen, mittlerweile sind es mit 120 Mitarbeitern rund 50 Prozent der Belegschaft des technischen Rathauses, was ein sehr guter Wert ist, da einige bei ihrer Tätigkeit keine Außentermine wahrnehmen und so keinen Mobilitätsbedarf haben.

Zwei Prioritäten bei der Vergabe

Die Mitarbeiter buchen einen der zwölf Wagen über die Software. Die erste Priorität bei der Vergabe ist, dass das System immer das für den angegebenen Zweck kleinstmögliche Fahrzeug auswählt. Als Zweites wird dann, wenn vorhanden und aufgrund der voraussichtlichen Fahrstrecke möglich, ein Elektrofahrzeug reserviert. Dabei erkennt das System, bei welchen von ihnen der aktuelle Ladezustand des Akkus für die geplante Fahrt noch ausreicht und bei welchen nicht.

Die Wagen öffnen sich, indem der Fahrer, der den Wagen gebucht hat, seinen mit RFID-Chip versehenen Führerschein an das Lesegerät hinter der Frontscheibe hält. Der Schlüssel, der für die restliche Buchungszeit benötigt wird, befindet sich in einer Box im Handschuhfach. Zwei Fragen zum Zustand des Wagens muss der Nutzer auf dem Display beantworten, dann kann die Fahrt beginnen. Einmal im Monat werden die Poolfahrzeuge von einem Dienstleister standardmäßig von innen und außen gereinigt - wenn die Fahrer bei der Übernahme einen verdreckten Zustand angeben, auch öfter. Tankfüllungen bezahlen die Mitarbeiter bargeldlos mit einer Tankkarte, die ebenfalls durch den Dienstleister bereitgestellt wird.

Zwei Stoßzeiten

Stark genutzt wird der Fahrzeugpool morgens um kurz nach neun Uhr, wenn die Mitarbeiter zu ihren Terminen starten. Mittags kehren sie größtenteils zurück, am Nachmittag gibt es eine zweite Welle. Da sich die Nutzung aufgrund der Aufgabenstellung der Stadtverwaltung aufs Stadtgebiet konzentriert, sind die Laufleistungen gering. "Wir stellen fest, dass es nach wie vor ganz häufig und überwiegend Kurzfahrten sind." Wenn ein Mitarbeiter einen Termin hat, der vier Stunden dauert, ist der Wagen fünf Stunden im Einsatz, hat aber nur fünf Kilometer Laufleistung. "Mit dieser Problematik müsse man derzeit noch leben", sagt Lüthen. Da innerhalb des gesamten betrieblichen Mobilitätskonzeptes ebenfalls Fahrräder, Pedelecs und ÖPNV-Tickets angeboten werden, bestehen hier noch Optimierungsmöglichkeiten in der weiteren Projektentwicklung.

Seit April dieses Jahres können die Corporate-Carsharing-Fahrzeuge auch für Privatfahrten in der Mittagspause, nach Dienstschluss oder am Wochenende gebucht werden. Das soll die Standzeiten verringern und die Auslastung erhöhen. Es habe laut Lüthen etwas länger gedauert, rechtssicher zu klären, wie diese steuerlich zu behandeln sind. Die Stadt Paderborn muss deshalb "marktübliche Preise" von den Mitarbeitern für die Privatnutzung verlangen, damit kein geldwerter Vorteil gewährt wird.

Auch wenn an manchen Stellen noch nachjustiert wird: Stadt und ASP sind mit dem bisherigen Projektverlauf zufrieden und haben die Pilotphase nach Ablauf des ersten Jahres um zwei weitere Jahre verlängert. Außerdem soll ein zweiter Corporate-Carsharing-Pool an einem weiteren Standort mit hohem Mobilitätsbedarf hinzukommen: Auch die Mitarbeiter des Jugendamtes und aus den Bereichen Schule, Soziales und Sport sollen zukünftig für ihre Termine auf Poolfahrzeuge zurückgreifen können.

Arbeiten an der Wirtschaftlichkeit

Mittelfristiges Ziel der Projektleitung ist, dass sich der Corporate-Carsharing-Pool zukünftig noch wirtschaftlicher gestaltet und der Nutzungsgrad noch höher ausfällt. "Ziel war und ist es, die Mitarbeiter für die neue Mobilitätsform zu gewinnen, deshalb haben wir gesagt, wir nehmen billigend in Kauf, dass die Auslastung im Moment noch nicht so hoch ist, wie sie sein könnte", sagt Lüthen.

An die Zukunft des Corporate Carsharing der städtischen Mitarbeiter in Paderborn glaubt er weiterhin fest: "Wir würden die Sache nicht machen, wenn wir nicht davon überzeugt wären."

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