Audi startet als erster deutscher Hersteller seine Elektro-Offensive! Obwohl die E-Tron-Markteinführung wegen Softwareproblemen von Ende des Jahres auf Anfang 2019 verschoben werden musste, geht das ab 67.143 Euro erhältliche SUV noch deutlich vor dem Mercedes EQC ins Rennen um die Kundschaft. BMW lässt sich ohnehin noch Zeit und auch auf die Volkswagen-E-Modelle müssen wir noch bis 2020 warten. Bleibt also vorerst nur der Jaguar I-Pace, gegen den sich der Bayer behaupten muss - und natürlich die Tesla-Modelle, denen der Audi mit gewohnt hoher Qualität in die Parade fahren will.
Kameras statt Spiegel
Auch wenn das 4,90 Meter lange SUV den Startschuss für die E-Tron-Reihe gibt, steckt unter dem Blech noch nicht die neue, mit Porsche zusammen entwickelte Elektro-Plattform, sondern ein modifizierter Q5-Unterbau. Die neue Basis kommt erst beim E-Tron GT zum Einsatz. Kein Wunder also, dass der aktuelle Stromer wie ein normales Auto aussieht und die Motorhaube immer noch recht viel Platz wegnimmt - ohne dass darunter ein großvolumiger Antrieb steckt. Eng geht's in dem SUV trotzdem nicht zu, weder für die bis zu fünf Passagiere, noch für das Gepäck, das sich im 660 Liter großen Kofferraum breitmachen darf.
Wer dem E-Tron ein wenig futuristischen Charme verleihen will, kann für knapp 1.300 Euro die Außenspiegel durch kleine Kameras an filigranen Ärmchen ersetzen. Das sieht cool aus und bringt dank besserer Aerodynamik pro Akkuladung bis zu 35 Kilometer Reichweite. Ist aber ungewohnt: Statt auf die Bildschirme in den Türen geht der erste Blick immer nach draußen und auch Abstände lassen sich auf dem zweidimensionalen Kamerabild nicht so leicht einschätzen. Davon abgesehen herrscht im E-Tron der klassische Audi-Charme mit digitalen Instrumenten und der neuen Touchscreen-Mittelkonsole aus der Oberklasse. Und sogar einen klassischen Gangwahlhebel gibt es, obwohl der Stromer gar kein herkömmliches Getriebe, sondern nur eine Fahrstufe hat.
Nur eine Antriebsoption
Zum Start des Elektro-Zeitalters bieten die Ingolstädter nur eine Motor-Batterie-Kombination an, die analog zu den Verbrennern 55 Quattro getauft wurde. Der Strom wird in einem 95-kWh-Akku gespeichert der per Haushaltssteckdose, 11-kW-Starkstrom-Anschluss (in 8,5 Stunden) oder 150-kW-Ladesäule (in nur 30 Minuten) betankt werden kann. Problem bei der Schnellladung: Es gibt aktuell kaum Zapfsäulen, schon 2020 aber soll in Europa ein mehr oder weniger flächendeckendes Netz entlang der Autobahnen installiert sein. Reichen soll der Stromvorrat für bis zu 400 Kilometer im WLTP-Zyklus; bei unserer Testfahrt lag der Verbrauch bei rund 28 kWh pro 100 Kilometer, was gut 300 Kilometern Reichweite in der Praxis entspricht.
Wie weit man wirklich kommt, hängt natürlich stark vom rechten Fuß des Fahrers ab - und den in Zaum zu halten, ist nicht leicht. Schließlich stellen die beiden Antriebe bis zu 300 kW und 664 Newtonmeter bereit, die den leer 2,5 Tonnen (!) schweren E-Tron in nur 5,7 Sekunden lautlos auf Tempo 100 katapultieren. Allerdings steht diese Maximalleistung nur für acht Sekunden im Boost-Modus bereit, normalerweise wuppt die Kombination aus beiden E-Motoren 265 kW und 561 Newtonmeter auf die Achsen. Hauptsächlich übernimmt die Maschine an der Hinterachse den Antrieb, der vordere E-Motor greift ein, wenn mehr Leistung abgefragt wird oder der Allradantrieb gefordert ist. Sei es, um etwas flotter um die Kurve zu stromern oder auch im leichten Gelände. Dank serienmäßiger Luftfederung lässt sich der E-Tron nämlich ein Stück höher legen und im Offroad-Modus mit permanentem Vierradantrieb macht er auch abseits des Asphalts eine gute Figur.
Kein Kurvenräuber
Trotz elektrischem Quattro wird der E-Tron aber nicht zum Kurvenräuber. Zwar sorgt die zwischen den Achsen verbaute, 700 Kilogramm wiegende Batterie für einen tiefen Schwerpunkt und damit für ordentlich Stabilität. Allerdings lässt sich die Masse nicht wegdiskutieren, wenn es ums Eck geht, und trotz hervorragender Beschleunigungswerte fühlt sich der E-Tron alles andere als leichtfüßig an. Schon allein deshalb ist es gut, dass der Topspeed auf 200 km/h begrenzt ist, das Schwergewicht muss schließlich auch sicher wieder zum Stehen gebracht werden. Und die Batterie dankt es obendrein.
Vertrauen in die Akku-Technik hat Audi aber ohnehin, die Ingolstädter gewähren auf den Stromspeicher acht Jahre - oder im Marketing-Sprech"ein Autoleben lang" - Garantie; vorausgesetzt, man fährt nicht mehr als 160.000 Kilometer. Den geringeren Wartungsaufwand eines E-Autos honoriert der Hersteller dagegen noch nicht durch kürzere Werkstatt-Intervalle. Obwohl die typischen Inspektionsarbeiten wie Öl- und Filterwechsel wegfallen, bittet Audi den E-Tron wie seine Verbrenner alle zwei Jahre beziehungsweise alle 30.000 Kilometer in die Werkstatt.
Günstiger im Unterhalt
Auf deutlich geringere Unterhaltskosten dürfen sich Kunden trotzdem freuen: Nicht nur, dass (zunächst) keine Kfz-Steuer anfällt und die Kraftstoffkosten je nach Stromtarif deutlich günstiger ausfallen. Auch die erwähnten Schmierstoffe und andere Verschleißartikel erscheinen kaum mehr auf der Rechnung. Das dürfte auch für neue Bremsen gelten: Einen Großteil der Verzögerung erzeugt der E-Tron nämlich über die Rekuperation, sprich die Energierückgewinnung. Und zwar nicht nur beim Rollen, sondern auch, wenn der Fahrer aufs Bremspedal tritt: Bis zu 0,3 g Verzögerungskraft kann der Audi allein über die dann als Generator arbeitenden E-Motoren realisieren, erst wenn man stärker Bremsen muss, greifen die mechanischen Stopper ein. Das allerdings ist laut Audi nur bei weniger als zehn Prozent aller Verzögerungen der Fall, so dass Scheiben und Klötze deutlich länger halten dürften.
Autoflotte-Tipp
Audi E-Tron (300 kW)Grundpreis: ab 67.143 Euro E-Motor vorne: 125 kW/247 Nm E-Motor hinten: 140 kW/314 Nm Einstufiges-Getriebe | 5,7 s | 200 km/h ca. 400 km Reichweite | 0 g/km 4.901 x 1.935 x 1.616 mm | 660 LiterWartung: 2 Jahre/30.000 KilometerEffizienzklasse: A+HK | TK | VK: 20 | 27 | 28Garantie: 2 Jahre/unbegrenzt, Batterie (8 Jahre/160.000 Kilometer)