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"Es wird uns nicht langweilig"

16.12.2016 06:00 Uhr
Ausgabe 12/2016 Seite 68

Geschäftsführer Marcus Schulz und Gesamtvertriebsleiter Christian Schüßler der "neuen" Arval über Umzugsvorbereitungen, den organisatorischen Zusammenschluss und neue Produkte.

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_ Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass Arval die Übernahme von GE Capital Fleet Services verkündet hat. Wie ist der aktuelle Stand - was gibt es Neues von der Fusion?

Marcus Schulz: Wir sind mitten in der Integration der beiden Gesellschaften. Wir haben in den letzten Monaten einige bedeutende Meilensteine abgeschlossen, unter anderem den Legal Merger, das heißt wir haben jetzt rückwirkend zum Januar dieses Jahres den rechtlichen Zusammenschluss vollzogen.

Dann gibt es neben dem rechtlichen Zusammenschluss etwas, was wir als physischen Merger bezeichnen würden. Wir haben uns für den Standort Oberhaching, also für den ehemaligen Standort der GE Auto Service Leasing entschieden, und dies aus vielen verschiedenen Gründen: Das Gebäude ist groß genug, es ist sehr modern und bietet die Infrastruktur, die wir brauchen. Und vor allen Dingen ist es dafür geeignet, dass wir die notwendigen Umbauten vornehmen können, um die Mitarbeiter dort alle zu platzieren.

Christian Schüßler: Die Account-Tische, an denen alle Kollegen sitzen, die für eine Kundengruppe arbeiten, werden dann auch in Oberhaching implementiert.

M. Schulz: Genau. Und das wird natürlich für uns nochmal einiges an organisatorischem Aufwand bedeuten. Wir werden mehr als 13 Account-Tische in dem Gebäude installieren. An jedem dieser Account-Tische sitzt ein Account-Team, das dann so in der Regel um die 4.000 bis 5.000 Fahrzeuge für einen klar definierten Kundenkreis betreut.

Und dann gibt es noch den organisatorischen Zusammenschluss. Und der ist eigentlich der wichtigste. Wir mussten eine Organisation bauen, in der es darum geht: Wer leitet jetzt Marketing? Wer ist zukünftig der Gesamtvertriebsleiter? Wer ist für Finanzen verantwortlich? Und bei manchen Funktionen haben Sie zwei oder mehr Kandidaten für eine Position - vielleicht weil es schon zwei Mitarbeiter gibt, die den Job machen. Manchmal haben Sie nur einen Kandidaten und haben aber möglicherweise andere geeignete Interessenten. Und der große Fortschritt, worauf wir sehr stolz sind, ist, dass es uns in Rekordzeit gelungen ist, mit den Betriebsräten an beiden Standorten eine Einigung zu erzielen. So ein Zusammenschluss funktioniert nur, wenn sie an allen Schlüsselpositionen erfahrene Kolleginnen und Kollegen haben. Wir haben eine sehr ausgewogene Mischung zwischen ehemaligen Mitarbeitern der GE Auto Service Leasing und ehemals alten Arval-Kollegen.

_ Also ungefähr fifty-fifty?

M. Schulz: Zwei Drittel GE Auto Service Leasing, ein Drittel Arval.

C. Schüßler: Ich glaube, dass auch eine ganz wichtige Botschaft dabei ist: Wir werden keine Notwendigkeiten haben, Personen zu entlassen. Ganz im Gegenteil. Wir sind so aufgestellt, dass wir mit dem Personal den Wachstumsauftrag stemmen können und vielleicht auf Sicht sogar weiter Personal einstellen dürfen.

_ Und wie wollen Sie mit den Doppelfunktionen verfahren, die Sie erwähnt haben?

M. Schulz: Wir haben 400 Mitarbeiter. Und wir haben weniger als eine Handvoll Kolleginnen und Kollegen, also ein Prozent unserer Mitarbeiter, bei denen es überhaupt solche Debatten gibt. Das heißt, wir reden von vier, fünf, sechs Positionen zunächst. Das heißt noch gar nicht, dass wir über den Menschen reden. Mein Kollege Christian hat vollkommen recht: Wir wollen unbedingt jeden im Unternehmen halten. Denn wir haben einen Wachstumsauftrag vom Gesellschafter. Und das Schlimmste, was uns passieren könnte, ist, dass wir Personal abbauen. In den wenigen Fällen, wo es Überschneidungen gab, haben wir zumeist einvernehmliche Lösungen gefunden. Das soll heißen: Wenn es eine Überschneidung gab, hat der andere Kollege vielleicht einen ganz anderen Job übernommen.

_ Sie hatten bei unserem letzten Gespräch vor einem Jahr gesagt, Sie wollen das Beste aus beiden Welten vereinen. Es gab da ja auch teilweise Unterschiede. Haben Sie schon eine gemeinsame Linie für den Kunden gefunden?

M. Schulz: Oh ja, nehmen Sie mal"Mid-Term Rental", unser Vermietgeschäft bis zu 24 Monaten, das zum Beispiel für Mitarbeiter in der Probezeit sehr attraktiv ist. Dort war das Produkt auf der Arval-Seite sehr präzise beschrieben, einheitlich und europaübergreifend. Die GE Auto Service Leasing war aber viel weiter, hatte schon eine viel größere Flotte. Und wir haben in sehr kurzer Zeit die beiden Welten zusammengebracht unter dem Produktnamen "Mid-Term Rental". Und nach der Produktbeschreibung, so wie sie Arval standardisiert hat, haben wir sofort die wesentlich größere Flotte aus Oberhaching integrieren können und haben jetzt beinahe 1.000 Fahrzeuge innerhalb sehr kurzer Zeit in der Flotte aufgebaut - und werden übrigens auch in dem Bereich weiter wachsen.

Das ist jetzt ein Beispiel. Ich gebe Ihnen ein anderes Beispiel: An unserem Standort in Oberhaching nennt sich unser Versicherungsmodell "Eigentragungsmodell", bei Arval in Kirchheim "Risk Retention", aber Arval hat auch schon aufgrund eines eigenen Versicherers, Greenval, in der BNP-Paribas-Gruppe für Haftpflicht wesentlich mehr Erfahrung, auch international, in der Gestaltung dieses Produktes. Wir bringen jetzt beides zusammen, wir harmonisieren das. Und dergleichen Beispiele gibt es viele.

C. Schüßler: Auch die Fahrzeuglogistik, die es in der Arval-Welt vorher nicht gab, wovon die Kunden natürlich ab sofort profitieren können, ist ein Beispiel. Oder in die andere Richtung die Lösung "Arval One Fleet", ein Produkt für KMUs, die auch im Ausland vertreten sind, um einen sehr einfachen, strukturierten, standardisierten Ansatz zu finden, diese auch international bedienen zu können. Oder auch die internationale Abdeckung: Wir können 28 Länder bedienen. Das ist jetzt vielleicht nicht nagelneu, aber es ist neu für die hinzugekommenen Kolleginnen und Kollegen, denn in der ehemaligen Welt der GE Auto Service Leasing konnten nur zwölf Länder bedient werden.

M. Schulz:"Arval One Fleet" ist ein tolles Beispiel. Bei Arval können sie aus dem Land heraus das Kreditrisiko in die Rahmenvertragsprüfung übernehmen. Das heißt, wenn jetzt ein deutsches Unternehmen sagt: Ich habe meine Vertriebsmitarbeiter aber auch in Frankreich. Dann ist es bei Wettbewerbern so, dass die französische Organisation auf die französische Einheit zugeht und sich dann das ganze Rad wieder von vorne losdreht. Hier ist es so: Aus Deutschland heraus übernehmen wir die Kreditprüfung. Wir haben hier den Rahmenvertrag und es gibt nur noch einen sehr vereinfachten Zusatz, der in einem Tag vereinbart ist. Und wir können am Tag plus eins eine Bestellung für drei, vier, sieben Fahrzeuge in Frankreich übernehmen. Das Produkt findet eine extrem große Beachtung und kommt gut an, weil es die Komplexität reduziert und den Kunden gleichzeitig gestattet, aus Deutschland heraus die Kontrolle darüber zu behalten, was denn in den anderen Ländern passiert.

_ Und das ist auch komplett neu?

C. Schüßler: Das gab es in der Vergangenheit nicht so standardisiert und strukturiert. Jetzt haben wir das wirklich in einen Prozess gegossen, der diese Vorteile, die Marcus Schulz gerade geschildert hat, aufzeigt und deswegen auch superschnell und einfach ausrollbar ist.

Sie müssen sich das mal vorstellen: Sie haben jetzt irgendwo in der Slowakei oder in Frankreich vielleicht nur ein Vertriebsbüro. Da ist ja dann auch niemand, der sich mit dem Fuhrpark überhaupt auseinandersetzen kann. Und wenn dann in dem Land der französische Kollege das französische Vertriebsbüro anruft und der soll Entscheidungen darüber treffen, ob das jetzt der richtige Leasingvertrag ist oder Fragen für Kreditanträge beantworten, Bilanzen vorlegen, dann ist der total überfordert. Ich meine, das Unternehmen, das dann vielleicht in Deutschland größer ist und hier operiert und nur punktuell eine Gesellschaft im Ausland hat, das freut sich, wenn es dann eine Position gibt, die sich darum kümmert und nicht monatelange Rahmenvertragsverhandlungen stattfinden müssen. Deswegen ist das eine echt gute Geschichte und sie wird sensationell angenommen.

_ Und haben Sie jetzt auch einen Weg gefunden, Ihre Leasingraten zu harmonisieren?

C. Schüßler: Also, ein positiver oder sehr glücklicher Umstand ist die Tatsache, dass wir eine sehr geringe Schnittmenge an gemeinsamen Kunden in diese Ehe einbringen. Mit einem relevanten Fuhrparkbestand sind das ungefähr zehn Kunden. Mit ihnen hatten wir auch relativ frühzeitig das Gespräch gesucht und eine Entscheidung getroffen, aus welchem Standort der Kunde zukünftig bedient werden soll, denn wir wollen uns ja auch nicht gegenseitig kannibalisieren und selbstverständlich sind wir auch tagtäglich damit beschäftigt, alle unsere Kalkulationsparameter, Restwertsetzungen etc., das heißt Basisgrundlagen unserer Kalkulation, zu harmonisieren. Es gibt immer noch kleinere Unterschiede, weil es natürlich zwei systemgetriebene, unterschiedliche Kalkulationsmethodiken gibt, aber das gleicht sich inzwischen doch sehr an. Es ist noch nicht zu hundert Prozent identisch, aber schon sehr, sehr nah beieinander.

_ Sind auch komplett neue Produkte in der Planung?

C. Schüßler: Um vielleicht ein Geheimnis zu lüften: Wir werden im ersten Quartal 2017 unseren Großkunden Privatleasing anbieten, ein Mitarbeiterleasingmodell für deren Mitarbeiter. Aber da wird der Vertrag wirklich mit den Mitarbeitern geschlossen und entsprechend ausgerollt - als Alternative zu den üblichen Gehaltsumwandlungsmodellen. Davon versprechen wir uns sehr viel Resonanz beziehungsweise wir wissen schon von den ersten Kunden, die mit uns ganz aktiv in dieses Geschäft einsteigen wollen.

_ Und wie sind die nächsten Schritte bei der Integration? Gibt es da einen weiteren Fahrplan, bis wann was erreicht werden soll?

M. Schulz: Der nächste große Meilenstein ist tatsächlich der Beginn des Umbaus an unserem künftigen gemeinsamen Standort in Oberhaching. Das wird ungefähr vier Monate in Anspruch nehmen und geschieht während des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs. Das ist eine Herausforderung: Wir wollen, dass die Mitarbeiter nicht gestört werden, gleichzeitig müssen wir natürlich bestimmte Umbauten vornehmen.

Dann werden wir uns in Kürze für unsere neue gemeinsame IT-Plattform entscheiden, denn noch haben wir zwei unterschiedliche IT-Systeme. Wir werden im nächsten Jahr das Projekt starten, sie zu harmonisieren. Arval hat sehr fortschrittliche Systeme, die uneingeschränkt für Deutschland tauglich wären. Wir stehen jetzt kurz vor der Entscheidung, was das beste System für uns ist, aus den Optionen, die wir aus dem Konzern haben. Also das zweite große Projekt.

Und mit Blick auf das Personal steht die Harmonisierung der Betriebsvereinbarungen an: Es gibt eine Dienstwagenrichtlinie in Oberhaching, es gibt eine in Kirchheim. Es sind jetzt Banalitäten, aber aus Sicht der Mitarbeiter wichtig, das zusammenzubringen.

Und der letzte große Schritt: Aufgrund der Bedeutung, die wir haben, aufgrund der Größe wird Arval Deutschland die Geschäftsbereiche sorgfältig segmentieren. Das heißt, wir werden unterscheiden nach Großkunden und internationalen Kunden und nach Kunden mit mittleren Flotten, weil die Anforderungen unterschiedlich sein können. Mit über 70.000 Fahrzeugen in unserer "managed fleet" ist das schon fast zwingend notwendig. Und das sind große Meilensteine für das nächste Jahr.

Also: Es wird uns nicht langweilig.

Interview: Mireille Pruvost

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