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Flottenmanagement bei Siemens: "Wir brauchten einen permanenten, digitalen Begleiter"

24.02.2020 14:00 Uhr
Flottenmanagement bei Siemens: "Wir brauchten einen permanenten, digitalen Begleiter"
Autoflotte hat sich mit Jürgen Freitag, Senior Director Supply Chain Management bei Siemens (l.), und Christoph von Tschirschnitz, Chef von Sixt Mobility Consulting, zum Interview getroffen.
© Foto: Autoflotte

Siemens besitzt einen der größten Fuhrparks. Autoflotte sprach mit dem Flottenverantwortlichen, Jürgen Freitag, und mit Sixt Mobility Consulting-Chef, Christoph von Tschirschnitz, über die Digitalisierung der Firmenwagennutzer und darüber, worauf sich Fuhrparkbetreiber und deren Dienstleister einstellen sollten. In Teil eins des dreiteiligen Interviews geht es um die Historie zum gemeinsamen Weg von Siemens und SMC.

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"Ich habe die App bereits geöffnet", sagt Jürgen Freitag, als wir ihn in der Siemens-Konzernzentrale in München treffen. Gegründet wurde das Unternehmen vor gut 170 Jahren und ist einer der größten Mischkonzerne der Erde. 385.000 Menschen arbeiten für das Technologieunternehmen, knapp ein Drittel davon verteilen sich auf mehr als 80 Standorte in Deutschland – und einer von ihnen ist Jürgen Freitag. Freitag ist seines Zeichens Senior Director Supply Chain Management und verantwortet das Flottenmanagement von 48.000 Fahrzeugen weltweit; 14.000 davon in Deutschland, die wiederum von Reimund Neumärker, dem deutschen Flottenverantwortlichen gesteuert werden. Etwa 8.000 dieser Fahrzeuge fungieren als Vielfahrerautos, 3.000 als Service-Fahrzeuge und 2.000 werden von den Senior Managern bewegt. Um all jenen aus Fuhrparkbetreibersicht umfassenden Service bieten zu können, entwickelte Sixt Mobility Consulting (SMC) für Siemens und andere Fuhrparkkunden die Fahrzeugnutzer-App "The Companion", die auf Freitags Smartphone tatsächlich fast ständig im Einsatz ist.

Autoflotte: Herr Freitag, seit wann sind Sie für den Siemens-Fuhrpark zuständig?

Jürgen Freitag: Ich bin seit 22 Jahren bei Siemens und habe 2015 den Fuhrpark übernommen. Zuvor durfte ich im Business-Travel-Management-Bereich agieren und habe dort erlebt, wie schnell Digitalisierung voranschreitet. Im Flottenbereich fehlte ein globaler strategischer Einkaufsansatz. Zusammen mit unseren Kollegen in den Ländern haben wir demzufolge Roadmaps für Nachhaltigkeit, Produktivitätsoptimierung, Lieferstandards sowie Digitalisierung entwickelt und etabliert.

Autoflotte: Woran haben Sie die fehlende Digitalisierung festgemacht?

J. Freitag: 2015 wurden viele Fleet-Prozesse wie Fahrzeugbestellungen noch intern abgewickelt. Damals haben wir im Einkauf entschieden, dass die Fuhrparkadministrierung kein Core-Business für Siemens ist. Wir sind Experten im Einkauf und Produktivitäts- sowie Plattformmanagement. Es gibt andere, die dieses Thema von der Pike auf kennen. Unser Bestreben war, einen Partner zu finden und stärker einzusetzen, idealerweise in jedem Land. Das ist nicht überall geglückt, aber in Deutschland haben wir uns nach einem intensiven Ausschreibungsprozess Ende 2015 für Sixt Mobility Consulting entschieden. Zuvor haben wir bereits mit SMC seit 2013 zusammengearbeitet. Seit März 2016 betreut SMC alle Siemens-Fahrzeuge in Deutschland.

Autoflotte: Das bedeutet auch, dass SMC die Car Policy für Siemens erarbeitet hat?

J. Freitag: Unsere Car Policy wird von uns zusammen mit HR selbst erstellt. Aber selbstverständlich gibt es permanent Input von SMC bei der Weiterentwicklung. Und die Car Policy ist in der SMC-Web-Oberfläche für jeden Nutzer und jede Nutzergruppe selbstverständlich hinterlegt. Stammdaten des Fahrzeugs, Genehmigungsübersicht und Konfigurator sowie gegebenenfalls Car-Policy-Hinweise. Die Weboberfläche besteht aus mehreren Bausteinen. Das war für uns entscheidend, dass alles in einer Anwendung integriert ist.

Autoflotte: Wie sah der Alltag Ihrer Abteilung vor März 2016 aus?

J. Freitag: Wir kamen von einem internen Prozess mit viel Papier. Jegliche Art von Autobestellung wurde schriftlich definiert, mit der Hauspost von A nach B geschickt. Mit dem Ergebnis, dass Unterschriften teilweise nicht leserlich waren, die Prozesse lange dauerten und sehr fehleranfällig waren. Der Sollprozess lag für uns auf der Hand: Um die Sicherheitsanforderungen von Siemens zu gewährleisten, müssen alle Daten über PKI-Verschlüsselung (Public-Key-Infrastruktur) transportiert werden, d.h., der Zugang zum Bestelltool von SMC funktioniert nur über den Siemens-Ausweis. Die Bestellung mit interner Genehmigung sowie herstellerunabhängigem Fahrzeugkonfigurator inklusive "Live-Kalkulation" der Nutzergebühr, Marktplatzvergleiche und eine automatisierte Rechnungsstellung sowie die 24-Stunden-Betreuung mittels intelligenter App sollten den deutschen End2End-Prozess für das Commodity Fleet ergeben. In einem Konzern gibt es ständig Kostenstellenänderungen aufgrund interner Jobwechsel. Also war unser Ziel, zu jeder Bestellung und fahrzeugbezogenen Aktivität die jeweils aktuellen Kontierungsdaten des Fahrers automatisiert mitzuziehen. Bei 14.000 Fahrzeugen eine Aufgabe, die nur digital gelöst werden kann. Bei den bis dato oftmals manuellen Rechnungsstellungsprozessen ergaben sich unzählige Fehlermöglichkeiten und der Nachbearbeitungsaufwand war exorbitant. Die einzige Chance, einen Freigabe-Prozess wirklich automatisiert zu gestalten sowie die Kontierungselemente zeitnah mitzuziehen, war die Entwicklung einer Schnittstelle zwischen dem Siemens Corporate Directory – dort sind alle Siemensianer mit ihren Stammdaten hinterlegt – und der SMC-Datenbank zu schaffen.

Autoflotte: Was heißt das konkret?

J. Freitag: Wenn nun ein Vielfahrer eine Bestellung aufgibt, zieht sich SMC über die Online-Schnittstelle zum Siemens Corporate Directory die benötigten Stammdaten aller Beteiligten. Damit ist gewährleistet, dass auch der Vorgesetzte via E-Mail über die Bestellanfrage informiert wird und gegebenenfalls im System eine Freigabe erteilt. Danach geht die Bestellung im System an einen Kaufmann zum Check. Neben der Etablierung eines digitalen Bestellprozesses lag uns zusätzlich eine 24-Stunden-Betreuung der Kolleginnen und Kollegen am Herzen. Leider passiert auch am Sonntag einiges auf den Straßen. Wir brauchten daher einen permanenten, digitalen Begleiter. Und wir haben uns mit SMC überlegt, wie wir das Problem lösen und schnell sowie einfach die Mitarbeiter einbinden können. So mussten wir in der Vergangenheit hoffen, dass im Fahrzeug der richtige Zettel der Leasinggesellschaft mit den nötigen Infos liegt, damit im Falle eines Schadens der richtige Prozess angestoßen wird. Ansonsten hat der Dienstwagenberechtigte im schlimmsten Falle einen nicht autorisierten Dienstleister kontaktiert und im Nachgang war die Richtigstellung der Prozesse extrem komplex und aufwendig.

Christoph von Tschirschnitz: Die Digitalisierung hat bereits beim Start unserer Zusammenarbeit 2015 eingesetzt, damals auf Basis unserer leistungsstarken Sixt Software "SunPro", die den Fuhrpark mit allen Siemens-spezifischen Policies und Servicepartnern erfasste. Die Software war sowohl dem Kunden als auch unserer Kundenbetreuung per Desktop zugänglich. Bei unserer Implementierung hat Siemens drauf geachtet, alle manuellen Schnittstellen zu uns und Sixt SunPro so weit wie möglich zu digitalisieren. Handarbeit und Excel wären hier fahrlässig, weil zu viele Fehlerquellen entstünden. Bei Fuhrparks ab einigen hundert Fahrzeugen, und erst recht bei einem Fuhrpark wie Siemens mit 14.000, muss man als Dienstleister in einer voll digitalisierten Lösung inklusive der Schnittstellen zum Kunden und dessen Abteilungen wie Buchhaltung und HR arbeiten. Das Ziel von Siemens und uns war es, den Gesamtprozess so digital wie möglich zu gestalten.

Teil zwei des Interviews lesen Sie am Mittwoch auf Autoflotte.de!

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