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Garantie statt Gewährleistung?

30.04.2009 12:02 Uhr

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Garantie statt Gewährleistung?

Häufig verweisen Vertragshändler bei Schäden, die innerhalb der Gewährleistungszeit auftreten, auf die geringeren Leistungen der Garantie. Der Kunde bleibt so regelmäßig auf Kosten – etwa für die Fehlersuche durch die Werkstatt – sitzen, die eigentlich von der gesetzlichen Gewährleistung umfasst wären.

Hinter dieser Vorgehensweise der Vertragshändler ein System zu vermuten, wäre sicherlich in den meisten Fällen eine böse Unterstellung. Aber immerhin hat sich auch der BGH bereits mit der Frage beschäftigen müssen, ob eine Rückerstattung gezahlter Reparaturkosten bei nachträglicher Geltendmachung der Gewährleistung durch den Vertragshändler zu erfolgen hat. Anders ausgedrückt: Hat der Kunde, der innerhalb der Gewährleistungszeit für Mängelbeseitigungen an seinem Neu- oder Gebrauchtwagen durch die Werkstatt zur Kasse gebeten wurde und die Rechnung bezahlt hat, einen Anspruch auf Rückerstattung der gezahlten Beträge?

Dem BGH (Az. VIII ZR 265/07; DAR 2009, 90) lag folgender Fall vor: Der Kläger kaufte im April 2005 ein Gebrauchtfahrzeug. Im Oktober 2005 – also innerhalb der einjährigen gesetzlichen Gewährleistungsfrist – hatte es einen Schaden. Für die durchgeführte Reparatur stellte der Verkäufer dem Kunden nach Maßgabe einer bei Vertragsabschluss für das Fahrzeug abgegebenen Gebrauchtwagen-Garantie als „30-prozentigen Kundenanteil auf Material gemäß Garantiebestimmungen“ eine Rechnung über 1.000 Euro. Der Kunde bezahlte diese Rechnung. Nach späterer anwaltlicher Beratung verlangte der Kunde die Rückzahlung des Betrages zuzüglich seiner außergerichtlichen Anwaltskosten.

Gewährleistungsanspruch rechtens

Der BGH stellte zunächst fest, dass selbst die vorbehaltslose Bezahlung einer Rechnung für sich genommen weder die Annahme eines deklaratorischen noch eines „tatsächlichen“ Anerkenntnisses der beglichenen Forderung rechtfertigt.

Zu Unrecht hat der Händler die Gewährleistungsleistung verweigert und die Zahlung der Reparaturkosten verlangt. Der Kunde kann deren Rückzahlung verlangen, und zwar aus „ungerechtfertigter Bereicherung“ des Händlers gemäß § 812 BGB, weil dieser für den eingetretenen Schaden am Fahrzeug wegen eines hierin liegenden Sachmangels zur Gewährleistung verpflichtet gewesen ist und deshalb die Kosten der Mängelbeseitigung allein tragen muss. Dies ergibt sich aus § 437 Nr. 1 und § 439 Abs. 2 BGB.

Befremdend ist nur, dass immer wieder Verkäufer und damit Vertragspartner – gerade im Hinblick auf die Gewährleistungsrechte ihrer Kunden – offensichtlich diese gesetzlichen Regelungen nicht kennen wollen und allen Ernstes den Kunden einreden wollen, dass – bei eindeutigen Gewährleistungsfällen – zunächst der hinter der Garantie stehende Versicherer zur Leistungsübernahme befragt werden müsse. Die Kunden laufen so stets das Risiko, auf den vom Garantievertrag nicht umfassten Kosten selbst sitzen zu bleiben. Der Kunde, der dem Händler etwa die langwierigen Kosten für eine Fehlerdiagnose aus eigener Tasche erstattet, erspart seinem „Vertragspartner“ Kosten, die eigentlich dieser selbst tragen müsste.

Bedenklich an dieser Praxis ist insbesondere, dass der Kunde bei der Fahrzeug-annahme häufig auf die Garantieleistungen verwiesen wird, mit dem Hinweis, der Händler müsse zuerst eine Übernahmeerklärung der Garantieversicherung einholen. Erst dann, wenn der Kunde nicht locker lässt, meist durch Gespräche mit dem Kundenservice, wird nach dem gesetzlichen Gewährleistungsrecht verfahren. Ein unter Verbraucherschutzgesichtspunkten schlicht unakzeptables Geschäftsgebaren, das Kunden von Neuwagen mit zweijähriger Gewährleistungsfrist in der Praxis ebenso erleben.

Händler muss aber nicht in jedem Fall zahlen

Zum einen muss der Kunde berücksichtigen, dass die Gewährleistung nur von seinem Vertragspartner – also seinem Verkäufer – zu erbringen ist. Wer das Auto bei Händler „A“ gekauft hat, kann nicht ohne Weiteres Händler „B“ für die Gewährleistung in Anspruch nehmen. Es ist üblich und auch völlig legitim, wenn Händler „B“ vor der Instandsetzung bei Händler „A“, der das Fahrzeug verkauft hat, eine Reparaturfreigabe einholt. Grundsätzlich muss der Kunde sich auf seinen Verkäufer verweisen lassen und dort die Gewährleistung geltend machen. Dieses Prozedere betrifft jedoch nicht die oft behauptete Verpflichtung des Händlers, zunächst eine Reparaturfreigabe durch den Garantiegeber erwirken zu müssen. Letzteres kommt nur dann in Frage, wenn mangels gesetzlich bestehender Gewährleistungsrechte die Garantieversicherung eintrittspflichtig sein könnte.

Zum anderen ist vom Kunden stets § 476 BGB zu beachten. Diesem zufolge wird bei einem Verbrauchsgüterkauf im Sinne des § 474 Abs. 1 BGB (Autokauf) in Fällen, in denen sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel zeigt, vermutet, dass das Fahrzeug bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Diese nur auf den ersten Blick verbraucherfreundliche Regelung bedeutet, dass der Käufer zunächst einmal dafür beweispflichtig ist, dass es sich bei dem behaupteten Mangel überhaupt um einen Sachmangel handelt. An dieser Stelle beginnt bei vielen Verkäufern das Feilschen um die Frage „Verschleiß“, „Bedienfehler“ oder doch „Sachmangel“. Jedenfalls sieht sich der Kunde häufig in Beweisnot geraten, wenn der Verkäufer bereits das Vorliegen eines Sachmangels verneint. Erst dann, wenn ein Sachmangel vorliegt, kommen die Gewährleistungsansprüche zum Tragen.

Fazit und Ratschlag

Bei Schäden innerhalb der Gewährleistungsfrist sollte – unter wirklichen Vertragspartnern – zunächst die Frage geklärt werden, ob ein Sachmangel vorliegt. Erst wenn darüber Einverständnis besteht, sollte der Kunde sich auf seine gesetzlichen Gewährleistungsrechte berufen und diese einfordern. Er muss sich in diesem Fall nicht auf etwaige zusätzlich gegebene Garantieversprechen verweisen lassen. Seine Rechte aus Gewährleistung gehen weiter, bis hin zum Rücktritt vom Kaufvertrag. Die Rechte aus der Garantie geben dagegen zeitlich beschränkt nur das Recht auf wiederholte Behebungsversuche der bestehenden Mängel.

Der Kunde sollte, für den Fall, dass der Verkäufer den Sachmangel unterstellt, die Gewährleistung jedoch unter Hinweis auf den abgeschlossenen Garantievertrag ablehnt, die vorgelegte Rechnung unter Vorbehalt zu zahlen. Manche Händler sind derart uneinsichtig, dass sie anderenfalls sogar androhen, von ihrem Unternehmerpfandrecht Gebrauch zu machen und das Fahrzeug erst nach erfolgter Zahlung herausgeben.

Wie die Entscheidung des BGH gezeigt hat, steht dem so behandelten Kunden ein Anspruch auf Ersatz des geleisteten Rechnungsbetrags nebst der Kosten für die Inanspruchnahme anwaltlichen Rates zu.

Bedauerlich ist bei alledem nur, dass offensichtlich auch in der bestehenden wirtschaftlich angespannten Situation der Kfz-Branche der Begriff „kundenorientiert“ vielerorts grundlegend falsch verstanden und sehenden Auges entgegen der Rechtslage gehandelt wird.

Dr. Michael Ludovisy

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Keine Leistung für Schäden an nicht üblicherweise mitgeführten Sachen

Werden in einem Kfz von einem Mitfahrer Gegenstände mitgeführt, die gewöhnlich nicht in einem Fahrzeug mitgenommen werden, so trifft die Kfz-Haftpflichtversicherung keine Leistungspflicht, falls diese bei einem Unfall mit Eigenverschulden beschädigt oder zerstört werden. Im entschiedenen Fall hatte der Lebensgefährte der Versicherungsnehmerin ein Cello dabei. Das Gericht hat entschieden, dass die Kfz-Haftpflicht für in dem versicherten Auto mitgeführte Sachen regelmäßig nicht zahlen muss. Anders wäre der Fall zum einen, wenn Beifahrer Gegenstände dabei haben, die sie üblicherweise mit sich führen. Zum anderen muss die Haftpflicht dann eintreten, wenn die Fahrt „überwiegend der Personenbeförderung dient“ und es sich um einen Gegenstand des persönlichen Gebrauchs handelt.

LG Coburg vom 24.07.2008, 32 S 39/08; SP 2008, 445

Anspruch des Geschädigten auf Schadensersatz im Falle eines Vorschadens

Auch wenn ein Fahrzeugteil bereits einen Vorschaden hat, kann der Geschädigte für die Beschädigung des anderen – vorher intakten – Teils Schadensersatz verlangen. Wenn es möglich ist, nur die dem Schädiger zurechenbare schadhafte Stelle auszubessern und nachzulackieren, ohne gleichzeitig den anderen Vorschaden zu beseitigen, muss der Schädiger die daraus entstandenen Kosten ersetzen. Die Richter hatten den Einwand des Beklagten gegen den Schadensersatzanspruch nicht akzeptiert, dass die Stoßstange hinten rechts bereits einen Vorschaden hatte und somit nicht weiter hätte beschädigt werden können. Es ist durchaus möglich, hier nur die schadhafte Stelle auszubessern, ohne gleichzeitig den anderen Vorschaden zu beseitigen. Darüber hinaus musste der Kläger auch nicht hinnehmen, die bereits vorbeschädigte Stoßstange mit einem weiteren Schaden zu akzeptieren.

AG Kempten vom 28.03.2008, 2 C 841/07; DAR 2009, 211

Rücktrittsrecht bei „Montagsautos“

Als „Montagsauto“ oder „Zitronenauto“ werden Kfz bezeichnet, die an immer neuen abstellbaren Mängeln erkranken: Kaum ist ein Mangel beseitigt, tritt der nächste auf oder es macht sich ein bereits behoben geglaubter Fehler wieder bemerkbar. Dabei besteht der Mangel des Neufahrzeuges in seiner Mangelanfälligkeit. Zur Bewertung der Fehlerhaftigkeit ist deshalb sowohl die Fehlerhäufigkeit als auch der Zeitraum, in dem die Fehler auftreten, zu berücksichtigen. Im entschiedenen Fall waren allerdings die Darlegungen des Käufers zu den Mängeln an seinem Wagen nicht ausreichend, um die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung gemäß § 440 BGB vor dem Rücktritt zu begründen.

OLG Rostock vom 08.04.2008, 1 U 65/08; DAR 2009, 204

Voraussetzungen einer rechtmäßigen Fahrtenbuchauflage

Das Verwaltungsgericht Saarlouis hat zur Rechtmäßigkeit einer Fahrtenbuchauflage entschieden: Liegt ein Verkehrsverstoß vor, der bei seiner erstmaligen Begehung mit einem Punkt im Verkehrszentralregis-ter vermerkt wird, ist ein beachtlicher Verstoß nach § 31 a I S. 1 StVZO gegeben, der die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage rechtfertigt. Eine Ermittlung des Fahrers nach § 31 a I S. 1 StVZO ist nicht möglich, wenn die zuständige Behörde die Ermittlung des Täters aufgrund der vorliegenden Umstände trotz Inanspruchnahme aller angemessenen und zumutbaren Mittel nicht erreichen konnte. Verweigert der Fahrzeughalter die Mitwirkung an den Ermittlungen des Fahrers, muss die Behörde keine Ermittlungen anstellen, die nicht erfolgsversprechend sind und unnötig Zeit in Anspruch nehmen. Lediglich konkreten Verdachtsmomenten, die eine Aufklärung wahrscheinlich machen, ist ohne Mitwirkung des Halters nachzugehen.

VG Saarlouis vom 17.12.2008; 10 K 254/08; ADAJUR-ARCHIV

Abschleppkosten

Die Erhebung von Abschleppkosten ist auch dann zulässig, wenn zwischen dem Aufstellen der Halteverbotsschilder und dem Abschleppen drei volle Tage liegen. Nach der Einführung einer Gebühr für Amtshandlungen der Polizei im Zusammenhang mit der Sicherstellung oder Umsetzung verbotswidrig abgestellter oder liegen gebliebener Fahrzeuge oder Fahrzeugteile erfolgt die Erhebung der Abschleppkosten allein nach dem Gebührengesetz. Ein Verkehrsteilnehmer, der sein Fahrzeug im öffentlichen Verkehrsraum erlaubt zum Parken abgestellt hat, darf zu den Kosten einer Umsetzung oder Sicherstellung, die wegen einer nachträglich eingerichteten Halteverbotszone erforderlich wird, herangezogen werden, wenn zwischen dem Tag des Aufstellens der Verkehrsschilder und dem Tag des Abschleppens drei volle Tage liegen. Ein Sonn- oder Feiertag muss zu diesen Tagen nicht gehören. Sind Verkehrszeichen ordnungsgemäß aufgestellt, äußern sie ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob dieser das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht.

OVG Hamburg vom 07.10.2008, 3 BF 116/08; DAR 2009, 215

„Doppelte“ Geltendmachungvon Abschleppkosten zulässig

Der Halter eines nicht rechtmäßig geparkten Fahrzeugs muss auch dann für die Abschleppkosten aufkommen, wenn er es noch vor Eintreffen des von der Polizei angeforderten Abschleppwagens entfernt. Die anfallenden Kosten müssen selbst dann getragen werden, wenn stattdessen ein anderes Fahrzeug entfernt wird und für diesen Abschleppvorgang die Kosten ebenfalls in Rechnung gestellt werden.

VG Koblenz vom 10.11.2008, 3 K 416/08/KO VRUNDSCH 4/09, 33

Besitz von Fahrerlaubnissen verschiedener Mitgliedstaaten

Art. 7 V der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29.07.1991 über den Führerschein in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/ 2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.09.2003 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er dem nicht entgegensteht, dass ein Angehöriger eines Mitgliedstaats zwei gültige Führerscheine gleichzeitig besitzt, von denen einer ein EG-Führerschein und der andere ein von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellter Führerschein ist, wenn beide vor dem Beitritt des zuletzt genannten Staates zur EU erworben wurden. Die Art. 1 und 8 Abs. 2 und Abs. 4 der RL 91/439 in der durch die Verordnung Nr. 1882/2003 geänderten Fassung verwehren es einem Mitgliedstaat nicht, die Anerkennung des Rechts zum Führen von Kfz aufgrund einer solchen Fahrerlaubnis abzulehnen, wenn diese vor der Erteilung der Fahrerlaubnis des anderen Mitgliedstaates erteilt wurde, in dem die zweite wegen Nichteignung des Inhabers zum Führen von Kfz entzogen wurde.

EuGH vom 19.02.2009, RS C-321/07; DAR 2009, 191

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